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Betreibung / Konkurs / Sanierung / Zwangsvollstreckung

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Der in Quarantäne befindliche oder viruserkrankte Betreibungsschuldner

Datum:
15.04.2020
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Betreibung / Konkurs / Sanierung / Zwangsvollstreckung
Stichworte:
Betreibungsferien, Rechtsstillstand
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

EpG 35 Abs. 1 lit. a und b / SchKG 33, SchKG 61 und SchKG 66

Einleitung

Der Bundesrat hatte am 18.03.2020 angeordnet, dass alle Schuldner in der Schweiz bis 04.04.2020, d.h. bis zum Beginn der Oster-Betreibungsferien, nicht mehr betrieben werden dürfen.

Für einen Rechtsstillstand nach SchKG 62 muss der Bundesrat – oder mit dessen Zustimmung die Kantonsregierung – diesen ausdrücklich anordnen.

Am 08.04.2020 hat der Bundesrat nun aber entschieden, dass die Betreibungsferien resp. der Betreibungsstillstand nicht verlängert und daher am 19.04.2020 enden würde.

Schuldner in Quarantäne oder Absonderung

Ein Betreibungsschuldner kann sich unabhängig von der allgemeinen oder seiner speziellen Situation in einem Betreibungsverfahren in folgender Handlungsunfähigkeit befinden:

  • Quarantäne
    • Der Schuldner ist gestützt auf Art. 35 Abs. l lit. a des Epidemiengesetzes (EpG) unter Quarantäne gestellt
  • Absonderung
    • Der Schuldner ist gestützt auf Art. 35 Abs. 1 lit. b des Epidemiengesetzes (EpG) wegen Krankheit oder Ansteckung abgesondert
  • (Schwere) Erkrankung
    • Der Schuldner kann schlechtestenfalls am Coronavirus erkrankt sein.

Zustellung von Betreibungsurkunden

Zunächst können sich hinsichtlich der Betreibungsurkunden Zustellungs- bzw. Abholungsprobleme ergeben, bei welchen folgendes zu berücksichtigen ist:

  • Partei im Ausland
    • SchKG 33 Abs. 2 SchKG sieht die Fristverlängerungs-Möglichkeit nur zu Gunsten einer Partei im Ausland vor; siehe Box „Auszug der Gesetzestexte“ unten
  • Partei in der Schweiz
    • Leider kann das Betreibungsamt einer Partei in der Schweiz, selbst wenn sie unter Quarantäne oder abgesondert ist, keine Fristverlängerung gewähren
  • Zustellung: Beamten in Schutzkleidung?
    • Die Zustellbeamten müssen ggf. durch die zuständige Stelle (zuständiges Gesundheitsamt, Kantonsarzt, Spital o.ä.) mit Schutzkleidung ausgerüstet werden
  • Keine Zustellung durch Veröffentlichung (Ediktalzustellung)
    • Krankheit oder Quarantäne bilden laut Gesetzeswortlaut von SchKG 66 Abs. 4 kein Grund für eine Ediktalzustellung; siehe Box „Auszug der Gesetzestexte“ unten.

Annahmeprobleme des Betreibungsschuldners

Dem Betreibungsschuldner in prekärer Situation können Urkunden möglicherweise nicht zugestellt werden. Befindet er sich gar ausserhalb seines Wohnsitzes in Quarantäne oder im Spital, würde eine rechtshilfeweise Zustellung (Requisitorial-Zustellung) erforderlich.

Grundsätzlich gilt dabei folgendes:

  • Schuldner in Quarantäne: Quarantäne ist nicht Krankheit
    • Die Quarantäne gilt nicht als Krankheit
  • Erkrankter Schuldner: Rechtsstillstandgewährung durch Betreibungsamt
    • Der Betreibungsbeamte kann einem schwer erkrankten Schuldner allenfalls gestützt auf SchKG 61 einen (befristeten!) Rechtsstillstand gewähren; siehe Box „Auszug der Gesetzestexte“ unten
  • Unbeholfener Schuldner: Betreibungsamt soll Gelegenheit zur Vertreterbezeichnen geben
    • Dem Schuldner, der sich nicht selbst helfen kann, ist Gelegenheit zur Benennung eines Vertreters zu geben.

Ob und inwieweit im konkreten Fall – mit oder ohne Zustimmung des Gläubigers – mit der Betreibungsurkunden-Zustellung zuzuwarten ist, muss der Betreibungsbeamte im konkreten Fall entscheiden.

Fristwahrungsproblematik

Konnte dem Betreibungsschuldner vor der Erkrankung bzw. der Quarantäne eine fristrelevante Betreibungsurkunde zugestellt werden, trifft ihn nach Ablauf des notrechtlichen Betreibungsstillstands bzw. der sich diesen angeschlossenen Betreibungsferien, d.h. ab dem 19.04.2020, möglicherweise eine Handlungsobliegenheit zur Wahrung seiner Interessen.

Dem Betreibungsschuldner kann es womöglich wegen seiner Quarantäne- oder Absonderungs-Situation bzw. seiner COVID-19-Erkrankung unter Umständen nicht gelingen, eine Frist in einem Betreibungsverfahren resp. Rechtsöffnungsverfahren zu wahren.

Fristwiederherstellung

Gelang es dem Betreibungsschuldner wegen Quarantäne, Absonderung oder gar Corona-Krankheit nicht, eine Frist zu wahren, stellt sich die Frage nach einer Fristwiederherstellung:

  • Unmöglichkeit der Fristwahrung
    • In der Regel dürfte eine solche Verhinderung zur Wahrung der eigenen Betreibungsrechte unverschuldet sein
    • Das zuständige Betreibungsamt sollte in einem der erwähnten Fälle auf die FristwiederherstelIungs-Möglichkeit gemäss SchKG 33 Abs. 4 hinweisen
  • Nicht nur Fristwiderherstellungsgesuch, sondern sofortige Nachholung des Rechtsmittels

Vgl. auch Prof. Hansjörg Peter Der Virus und das SchKG – ein paar Hinweise, in: BlSchK 84 (2020) S. 42

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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