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Zivilprozessrecht / Staatsrecht / Verwaltungsrecht

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Beurteilung öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten durch Zivilgerichte: Voraussetzungen?

Art. 5 Abs. 5 StromVV, Art. 1 lit. a ZPO, Art. 164 und Art. 182 Abs. 1 BV

Datum:
13.05.2024
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Staatsrecht, Verwaltungsrecht, Zivilprozessrecht
Thema:
Beurteilung öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten durch Zivilgerichte
Stichworte:
öffentlich-rechtlich, Streitigkeiten, Zivilgericht, Zivilweg
Erlass:
Art. 5 Abs. 5 StromVV, Art. 1 lit. a ZPO, Art. 164 und Art. 182 Abs. 1 BV
Entscheid:
BGer 4A_275/2021 / 4A_283/2021 vom 11.01.2022 = BGE 148 III 172
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Art. 5 Abs. 5 der Stromversorgungsverordnung (StromVV) verletzt Art. 164 und Art. 182 Abs. 1 BV,

  • sofern und soweit damit Streitigkeiten betreffend öffentlich-rechtliche Verhältnisse auf den Zivilweg verwiesen werden.

Nach Art. 1 lit. a ZPO regelt die Schweizerische Zivilprozessordnung (Zivilprozessordnung (ZPO); SR 272) das Verfahren für streitige Zivilsachen:

  • Ermächtigung unter Vorbehalt
    • Die Bestimmung von Art. 1 lit. a ZPO gilt aber nur unter Vorbehalt bundesrechtlicher Sondervorschriften,
      • bestimmte Streitigkeiten ohne Rücksicht auf ihre rechtliche Natur den Zivilgerichten zuweisen.
  • Eingriff ins Zivilprozessrecht
    • Die Anordnung einer solchen Abweichung von der Zuständigkeit der Zivilgerichte bildet einen Eingriff in die Bestimmung von Art. 1 lit. a ZPO.
  • Zuständigkeitsvorschrift von Art. 5 Abs. 5 StromVV
    • Die vom öffentlich-rechtlichen Rechtsweg abweichende und für die Durchsetzung von Pflichten aus Vereinbarungen des öffentlichen Rechts massgebende Zuständigkeitsvorschrift befindet sich in Art. 5 Abs. 5 der Stromversorgungsverordnung.
  • Formelles Gesetz erforderlich; Verordnung nicht ausreichend
    • Das Bundesgericht beanstandet, dass eine Regelung, welche die Beurteilung einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit der Zivilgerichtsbarkeit zuweist, in der Form eines formellen Gesetzes hätte erlassen werden müssen.
  • Verstoss gegen die Bundesverfassung
    • Die Verordnungsbestimmung verstösst daher gegen
      • Art. 164 BV,
        • wonach alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind und
      • Art. 182 Abs. 1 BV,
        • wonach der Bundesrat rechtsetzende Bestimmungen in der Form der Verordnung erlässt,
          • soweit er durch Verfassung oder Gesetz dazu ermächtigt ist.

BGer 4A_275/2021 / 4A_283/2021 vom 11.01.2022   =   BGE 148 III 172

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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