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Alkoholkranker Mitarbeiter verursacht betrunkenen Autounfall: Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers bejaht

Datum:
27.10.2025
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht
Thema:
Alkoholkranker Mitarbeiter verursacht betrunkenen Autounfall
Stichworte:
Alkohol, Arbeitgeber, Autounfall, Lohnfortzahlungspflicht, Mitarbeiter, Trunkenheit
Entscheid:
BGer 4A_221/2025 vom 11.09.2025
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Summary

Bei einem alkoholkranken Servicetechniker, welcher nach einem Autounfall in betrunkenem Zustande mit sofortigem Führerausweisentzug zur stationären medizinischen Suchtbehandlung eingewiesen wurde, war von einer unverschuldeten Arbeitsverhinderung auszugehen. Seinen Arbeitgeber trifft gemäss Urteil des Bundesgerichts vom 11.09.2025 eine Pflicht zur Lohnfortzahlung. Das Bundesgericht wies daher die Beschwerde des Arbeitgebers ab.

Sachverhalt

Ein Servicetechniker hatte 2022 in alkoholisiertem Zustand einen Verkehrsunfall verursacht.

Dies führte

  • zum sofortigen Entzug des Führerausweises und
  • zu seiner späteren Verurteilung.

Anschliessend an den Unfall wurde er

  • fürsorgerisch zur stationären Behandlung der diagnostizierten Alkoholabhängigkeit eingewiesen und
  • war demzufolge an der Arbeitsleistung verhindert.

Prozessgeschichte

  • Kantonsgericht des Kantons Luzern
    • Das KG LU  bestätigte 2024 einen Anspruch des Betroffenen auf Lohnfortzahlung während der Arbeitsverhinderung, da diese krankheitsbedingt war.
  • Schweizerisches Bundesgericht
    • Das Bundesgericht (BGer) wies die Beschwerde des Arbeitgebers nun ab.

Begründung

Der Anspruch auf Lohnfortzahlung setzt grundsätzlich voraus,

  • dass der Arbeitnehmer ohne Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert ist.

Die grundsätzliche Frage ist, ob eine Arbeitsverhinderung infolge von Alkohol- oder Drogensucht verschuldet oder unverschuldet ist,

  • muss nach den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls beurteilt werden.

Gleitet jemand über einen längeren Zeitraum gleichsam unmerklich in eine immer tiefere Abhängigkeit mit Krankheitswert,

  • ist grundsätzlich von Krankheit und nicht von einem Verschulden der betroffenen Person auszugehen.

Im konkreten Fall war unbestritten,

  • dass es sich bei der Alkoholsucht des Arbeitnehmers um eine Krankheit handelt.

Liegen mehrere Gründe für eine Arbeitsverhinderung vor – in concreto der Unfall mit Führerausweisentzug, die Krankheit und die stationäre Behandlung – ,

  • so ist für die jeweilige Zeitperiode zu beurteilen,
    • aus welchem Grund der Arbeitnehmer an der Arbeitsleistung verhindert war und,
    • ob der jeweilige Grund als verschuldet oder unverschuldet gilt.

Vorliegend wäre es ohne die fortgeschrittene Alkoholsucht nicht zur anschliessenden fürsorgerischen Unterbringung mit stationärer Behandlung gekommen.

Der Führerausweisentzug kann daher nicht als ein für sich bestehender unabhängiger Grund für die Arbeitsverhinderung betrachtet werden.

Dieser änderte grundsätzlich nichts an der

  • bereits bestehenden Arbeitsverhinderung infolge Krankheit samt Einweisung.

Bundesgerichtsentscheid

Demnach erkennt das Bundesgericht:  

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
  2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.– werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
  3. Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2’500.– zu entschädigen.
  4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

BGer 4A_221/2025 vom 11.09.2025

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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