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Tierrecht / Erbrecht

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Urteilsunfähigkeit oder Tod des Hundehalters: Gestaltungsmöglichkeiten

Datum:
17.03.2023
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Tierrecht
Thema:
Urteilsunfähigkeit oder Tod des Hundehalters
Stichworte:
Hundehalter, Tod, Urteilsunfähigkeit, Vorsorgeauftrag
Autor:
RA Urs Bürgi und RA Marc Peyer
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

von

RA Urs Bürgi, Inhaber des Zürcher Notarpatentes, und

RA Marc Peyer, Fachanwalt SAV Erbrecht

Einleitung

Die Anzahl gehaltener Hunde nimmt zu.

Die Zahlen pro 2022 sind laut Statista (abgerufen am 21.02.2023) beachtlich:

  • Anzahl Hunde in der Schweiz: 544‘000
  • Anzahl Hundehalter in der Schweiz: rund 440‘000

Hunde sind mit dem Hundehalter und seiner Familie meist eng verbunden. Es besteht bei vielen Hundehaltern daher ein Bedürfnis, im Falle einer Urteilsunfähigkeit oder im Falle ihres Ablebens für den Hund vorzusorgen, zu schauen, dass er in die passende Obhut gelangt.

Rechtsstellung des Hundes

Hunde sind Tiere (vgl. TSchG 2 Abs. 1 i.V.m. TSchV 2 Abs. 1 lit. a).

In rechtlicher Hinsicht werden Tiere wie folgt behandelt:

  • Tiere sind keine Sachen (ZGB 641a)
  • Tiere sind zu behandeln wie Sachen,
    • sofern und soweit keine Sonder­bestimmungen bestehen
  • Tiere sind keine Rechtssubjekte
  • Tiere haben keine eigene Rechtsfähigkeit im Sinne von ZGB 11.

Tiere gelten als eigenständige, spezielle oder besondere Kategorie von Rechtsob­jekten:

  • Tiere haben kein Recht, Eigentum zu erwerben
  • Tiere sind nicht erbfähig, aber vererbbar.

Die Tierschutzgesetzgebung schränkt – anders als bei gewöhnlichen Rechtsobjekten – die Verfügungsbefugnisse des Tier­eigentümers ein und konkretisiert diese, um Würde und Wohlergehen des Tieres zu schützen.

Urteilsunfähigkeit des Hundehalters

Allgemeines

Seit dem 01.01.2013 ist es möglich, für den Fall der Urteilsunfähigkeit mittels Vorsorgeauftrag einen Vorsorgebeauftragten einzusetzen und mit folgenden Aufgaben zu betreuen:

  • Personensorge (und bei Vorliegen eines Haustieres auch die Tiersorge)
  • Vermögenssorge
  • Vertretung im Rechtsverkehr

Kein Vorsorgeauftrag, auch nicht bezüglich des Hundes

Besteht kein Vorsorgeauftrag, entsteht für den Ehegatten des Hundehalters folgende Situation:

  • Recht, aber keine Pflicht für den Hund zu sorgen (ZGB 374).
  • Wird das Recht nicht ausgeübt oder hat der Hundehalter keinen Ehegatten, wäre die Sorge um den Hund einem Beistand gemäss ZGB 395 anheimzustellen, mit folgendem Effekt:
    • Wenn nicht notwendig, keine Veräusserung des Hunds wegen des Affektionswerts (oder wegen einer allf. Genesung des Hundehalters).
    • Unterbringung des Hundes in einem Hundeheim.
    • Erlangt der Hundehalter seine Urteilsfähigkeit nicht wieder, bliebe nur die Veräusserung des Hundes.

Vorsorgeauftrag, mit sog. Hundenachsorge

Möchte der Hundehalter die Würde und das Wohlergehen seines Hundes sicherstellen, müsste er einen Vorsorgeauftrag nach ZGB 360 ff. abfassen und darin Anordnungen und Weisungen für seinen Hund erlassen (siehe Beispiele).

Im Hinblick auf den Fall, dass eine beauftragte Person für die Hundesorge nicht geeignet ist, diese nicht annehmen kann oder will oder ihn vorzeitig beendet, sollte eine sog. „Ersatzverfügung“ in den Vorsorgeauftrag aufgenommen werden (siehe Beispiele).

Im Vorsorgeauftrag sollte auch an die Kosten gedacht werden und im Hinblick auf die Hundeübernahme zur Sorge eine Entschädigungsklausel postuliert werden (siehe Beispiele).

Zweckmässig sind Hinweise für den Umgang mit dem Hund und seine (besonderen) Bedürfnisse bzw. seiner Pflege (siehe Beispiele), was bei starker Konkretisierung eine regelmässige Überprüfung und ggf. eine Aktualisierung bedarf.

Tritt der Vorsorgefall ein, d.h. wird der Vorsorgeauftraggeber urteilsunfähig, ist der Vorsorgeauftrag umzusetzen bzw. zu validieren:

Tod des Hundehalters

Keine Verfügung von Todes wegen

Für seinen Ablebensfall stellen sich dem Hundehalter folgende Fragen:

  • Wo wird der Hund platziert?
  • Wer sorgt für den Hund?

Zur Erbfolge ist zu bemerken:

  • Primär erben die gesetzlichen Erben den Hund und in letzter Linie das Gemeinwesen.
  • Im Falle der Ausschlagung des Nachlasses des Hundehalters durch die nächsten gesetzlichen Erben bzw. durch das Gemeinwesen, gelangt die Verlassenschaft zur konkursamtlichen Liquidation.

Testament oder Erbvertrag

Will der Hundehalter nach seinem Tode ein ungewisses Hunde-Schicksal seines Hundes vermeiden, so hat er letztwillig zu verfügen. Hiezu stehen ihm zwei Verfügungsformen offen:

  • Testament
    • =   einseitige, jederzeit frei widerrufbare Willenserklärung des Erblassers in der zutreffenden Form (Handschriftliches Testament oder öffentlich beurkundetes Testament)
  • Erbvertrag
    • =   Vertrag, womit eine Person bindende, (im Gegensatz zum Testament) nicht jederzeit frei widerrufbare Anordnungen über ihren Nachlass trifft (positiver Erbvertrag) oder von einem Erben einen Erbverzicht entgegennimmt (negativer Erbvertrag); für Anordnungen bezüglich des Hundes dient der positive Erbvertrag

Begünstigte Person

Als letztwillig begünstigte Personen kommen in Frage:

  • Lebenspartner des Hun­dehalters
  • Nachkommen und andere Familienmitglieder
  • befreundete Personen, die Hunde hielten oder halten

Für den Fall eines Vorablebens oder einer Ausschlagung durch die Begünstigten (Erbe oder Vermächtnisnehmer) können ergänzend bestimmt werden:

  • Ersatzerben
  • Ersatzvermächtnisnehmer

Begünstigungsarten, Weisungen und Bedingungen

Dem Hundehalter stehen als Testator folgende Anordnungsmöglichkeiten offen:

  • Vorausvermächtnis (Hund) an gesetzlichen Erben
  • Erbeinsetzung eines gesetzlichen oder eingesetzten Erben mit Teilungsbestimmung
  • Teilungsvorschriften
    • Teilungsbestimmung
    • Teilungspflicht
      • =   Anweisung des Erblassers, wer welchen Gegenstand in der Erbteilung zu übernehmen hat
    • Teilungsvorrecht
      • =   Der Erblasser räumt einem Erben oder mehreren Erben in Reihenfolge das Vorrecht ein, vor einem andern zu bestimmen, welchen Gegenstand er/sie sich im Nachlass in Anrechnung an den Nachlass zuweisen lassen will
  • Vermächtnis
    • Allgemein
      • Der Erblasser kann den Hund einem Dritten („Nichterben“) als sog. „Sachvermächtnis“ zuweisen.
    • Sachvermächtnis
      • Der Hundehalter vermacht als Erblasser beispielsweise den Hund als Sachvermächtnis einem Vermächtnisnehmer.
      • Verknüpfung des Sachvermächtnisses mit der Auflage, dass sich der Vermächtnisnehmer um den Hund bis dessen Ableben persönlich zu kümmern hat.
    • Barvermächtnis
      • Der Hundehalter vermacht als Erblasser beispielsweise einen bestimmten Betrag für Unterhalt und Pflege des Hundes an Vermächtnisnehmer, den Hund erhält.
      • Dieses Barvermächtnis kann der Erblasser/Hundehalter an die Auflage knüpfen, dass der ver­machte Geldbetrag bzw. ein bestimmter Teil davon zur Deckung der Hundekosten (zB für Futter-, Tierarzt-, Haftpflichtversicherungs-, und Hundeausbildungskosten) zu verwenden ist.
  • Auflagen
    • Allgemein
      • Der Hundehalter möchte in der Regel die Gewissheit haben, dass sich der Erbe oder Vermächtnisnehmer tatsächlich um den Hund kümmern und ihn nach dessen Erhalt nicht sogleich weggeben bzw. veräussern; er kann daher die Erbeneinsetzung oder das Vermächtnis mit Bedingungen und/oder Auflagen verknüpfen.
      • Mit der Auflage verpflichtet der Erblasser einen Erben oder Vermächtnisnehmer zu einem Tun oder Unterlassen
    • Pflegekosten-Auflage
      • Der Hundehalter kann als Erblasser seine letztwillige Zuwendung an die Auflage knüpfen, dass der ver­machte Geldbetrag oder ein bestimmter Teil davon zur Deckung der Hundekosten zu verwenden ist.
    • Hundekosten-Auflage
      • Der Erblasser kann auch seinen Erben die Auflage machen, dass sie für die Hundekosten des XY zugewiesenen Hundes aufzukommen haben.
  • Bedingungen
    • Allgemein
      • Die Begünstigung, sei es Erbeneinsetzung oder die Einräumung eines Vermächtnisses (Legat) kann von einem ungewissen zukünftigen Ereignis abhängig gemacht werden.
    • Weggaberecht bei Bedingungseintritt
      • Der Erblasser kann anordnen, dass der Sach-Vermächtnisnehmer den Hund weggeben darf, wenn er das Barvermächtnis nicht erhält oder die Erben ihre „Hundekosten-Auflage“ nicht beachten.

Vermeidung von zu komplizierten Anordnungen

Der Hund soll für den Empfänger (Erbe oder Vermächtnisnehmer) nicht auch noch zur rechtlichen Last werden. Daher ist geboten, möglichst einfache Anordnungen (einzig Hundezuweisung in der gewünschten Begünstigungsform + ggf. Barvermächtnis für die Kosten) zu treffen und Bedingungen oder sonstige Anweisungen wegzulassen.

Werden zu detaillierte Anweisungen in einer erbrechtlicher Verfügungsform angeordnet, müsste das Testament bei veränderten Verhältnissen immer mit allen seinen Formrisiken geändert oder ergänzt werden:

Es ist daher nicht sinnvoll, diese und jene Anordnungen in einer Verfügung von Todes wegen aufzunehmen.

Ungeachtet dessen sollte immer wieder ein Testaments-Check vorgenommen werden:

Passende Personenwahl beim Hundehalter-Nachfolger

Wichtiger ist die Auswahl der Person, die das Vertrauen für die Hundeplatzierung geniest. Handelt es sich um eine hundeerfahrene und auch sonst vertrauenswürdige Person, sollte alles Weitere den Geschicken dieser Person überlassen werden.

Vorinformation des Hundehalter-Nachfolgers

Die verschiedenen Formalitäten nach dem Hundehalter-Tod, die zur Klärung der rechtlichen „Hundenachfolge“ führen, sind:

  • Testamentseinlieferung
  • Testamentseröffnung
  • Erbscheinausstellung

Diese Abläufe mit der finalen Erbscheinausstellung führen dazu, dass die Klärung der Rechtslage um den Hund mehrere Wochen bis Monate dauern können.

Damit der Hund zeitnah zur richtigen Person gelangt, sollte darüber mit den Beteiligten, v.a. aber mit dem Hundehalter-Nachfolger, vorgängig gesprochen und mit diesem die beiderseitigen Bedürfnisse geklärt werden.

Erbteilung

Zuwendung des Hundes im Rahmen eines Vermächtnisses

Der Hunde-Empfänger hat als Vermächtnisnehmer einen obligatorischen Anspruch gegenüber der Erbengemeinschaft auf Herausgabe des Hundes; diesen Anspruch kann er nötigenfalls klageweise durchsetzen.

Zuwendung des Hundes an einen Erben aufgrund erblasserischer Teilungsanordnung

Hat der Hunde-Empfänger einen Anspruch als Erbe, aufgrund einer entsprechenden Teilungsanordnung des Erblassers, so kann er diesen Anspruch im Rahmen der Erbteilung geltend machen; nötigenfalls mit der Teilungsklage.

Vgl. https://law.ch/lawinfo/erbteilung-erbteilungsvertrag/

Für eine möglichst schnelle definitive Platzierung des Hundes kann eine objektiv-partielle Erbteilung angezeigt sein.

Allenfalls bedarf es einer einstweiligen Unterbringung des Hundes beim Hunde-Empfänger oder einer geeigneten Drittperson, bis die Vermächtnisausrichtung bzw. (objektiv-partielle) Erbteilung vollzogen ist.

Empfehlenswert ist die erblasserische Einsetzung eines Willensvollstreckers, welchem die Aufgabe zukommt, den Nachlass bis zur Erbteilung zu verwalten (mithin auch eine geeignete vorübergehende Situation für den Hund zu schaffen), das Vermächtnis auszurichten bzw. eine objektiv-partielle Erbteilung vorzuschlagen

Vgl. Beginn der Willensvollstreckung

Sobald das Testament beim Eröffnungsrichter bzw. bei der Eröffnungsbehörde eingereicht ist, wird dem Willensvollstrecker eine Bescheinigung ausgestellt, die ihn ermächtigt, sofort zu handeln, auch bezüglich des Hundes und unabhängig von anderen Nachlasspendenzen.

Fazit

Bei der Regelung der Hundehalter-Nachfolge sind nicht nur rechtliche Aspekte (Testament oder Erbvertrag) zu beachten, sondern v.a. auch die passende Personenwahl des künftigen Hundehalters und die Sicherstellung der zeitnahen und finalen Übernahme des Hundes zur Obhut und Pflege durch diese Person.

Anstelle der rücksprachelosen Errichtung einer letztwilligen Anordnung empfiehlt sich ein lebzeitiges Ausloten, ob die betreffende Person überhaupt gewillt ist und welche Bedürfnisse oder Bedingungen sie hat. Es ist nicht zielführend, letztwillige Anordnungen zu treffen, die von der Zielperson ausgeschlagen werden.

RA Urs Bürgi

Urs Bürgi berücksichtigt bei seiner Beratungstätigkeit die betriebswirtschaftlichen Aspekte und strebt pragmatische Lösungen an, um seiner Klientschaft einen Mehrwert zu generieren.

RA Marc Peyer

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