Ausgangslage
Das Konkurrenzverbot aus Prokura und Handlungsvollmacht ist ein von Gesetzes wegen bestehendes Konkurrenzverbot.
Art. 464 OR
D. Konkurrenzverbot
1 Der Prokurist, sowie der Handlungsbevollmächtigte, der zum Betrieb des ganzen Gewerbes bestellt ist oder in einem Arbeitsverhältnis zum Inhaber des Gewerbes steht, darf ohne Einwilligung des Geschäftsherrn weder für eigene Rechnung noch für Rechnung eines Dritten Geschäfte machen, die zu den Geschäftszweigen des Geschäftsherrn gehören.
2 Bei Übertretung dieser Vorschrift kann der Geschäftsherr Ersatz des verursachten Schadens fordern und die betreffenden Geschäfte auf eigene Rechnung übernehmen.
Normzweck
Prokurist und Handlungsbevollmächtigte für den „Betrieb des ganzen Gewerbes“ haben Einblick in die Kundendatei und in Geschäftsgeheimnisse des Prinzipals. Der Gesetzgeber geht mit OR 464 weiter als die Grundverhältnisse (Arbeitsvertrag, Auftrag etc.) des Prokuristen und der Handlungsbevollmächtigten für den „Betrieb des ganzen Gewerbes“; er verstärkte damit die den meisten Anlassgeschäften zugrundeliegende Treuepflicht.
Personenkreis
Der Gesetzgeber differenziert beim verbotsbelasteten Personenkreis:
- Alle Prokuristen
- Handlungsbevollmächtigte für den „Betrieb des ganzen Gewerbes“
- Handlungsbevollmächtigte im Arbeitsverhältnis zum Prinzipal
Das Konkurrenzverbot gilt auch für den Fall der Vollmachtsbeschränkung (zB Kollektivprokura).
Entstehung / Erlöschen
Das Konkurrenzverbot beginnt mit der Erteilung von Prokura oder Handlungsvollmacht und erlischt mit dem Widerruf dieser Vollmachten. Soll das Konkurrenzverbot über das Arbeitsverhältnis hinaus wirken, ist dies (zusätzlich) im Arbeitsvertrag entsprechend zu regeln (vgl. ARBEITSRECHTLICHES KONKURRENZVERBOT).
Verbotene Geschäfte
Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte für den „Betrieb des ganzen Gewerbes“ oder im Arbeitsverhältnis dürfen im Geschäftsbereich des Prinzipals nicht tätigen:
- Keine Eigengeschäfte
- Keine Drittgeschäfte, d.h. keine Geschäfte für einen Dritten
Ausgeschlossen ist demgemäss das Angebot der gleichen Produkte und Dienstleistungen wie der Prinzipal; das Konkurrenzverbot bezieht sich auch auf Substitutionsprodukte und Substitutionsdienstleistungen.
Vom Konkurrenzverbot erfasst werden nur Rechtsgeschäfte und nicht tatsächliche Handlungen für einen Dritten.
Sanktionen bei Konkurrenzverbotsverletzung
Der Prinzipal hat neben des Schadenersatzes (Anspruch auf das positive Vertragsinteresse) die Möglichkeit, das konkurrenzierende Geschäft an sich zu ziehen (vgl. OR 464 Abs. 2).
Dauer des Konkurrenzverbotes
Das Prokura- bzw. Handlungsvollmachts-Konkurrenzverbot besteht nur für die Dauer, während der der Vertreter des Prinzipals diese Funktion inne hat.
Verzichtsrecht des Prinzipals
Der Prinzipal kann formfrei, d.h. auch stillschweigend oder konkludent, auf das Konkurrenzverbot des Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten verzichten.
Prozessuales
Dem Prinzipal obliegt der Beweis der geschäftsführenden Tätigkeit des Prokuristen bzw. des Handlungsbevollmächtigten, des Umstandes, dass der Dritte das Geschäft mit ihm, dem Prinzipal, geschlossen hätte und des Schadens. Vgl. hiezu SG GVP 1986, 84.
Verjährung
Die Ansprüche des Prinzipals verjähren grundsätzlich nach 10 Jahren. Sofern und soweit der Bevollmächtigung ein Arbeitsverhältnis zugrunde liegt, dürfte die 5-jährige Verjährungsfrist von OR 128 anwendbar sein. Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) gemäss OR 423 verjähren nach einem Jahr (vgl. BGE 126 III 382 ff.)