Gesetzliche Grundlage
- OR 339a Abs. 3
- OR 349e / OR 350a Abs. 2
Berechtigte
- Arbeitgeber oder Arbeitnehmer
- Handelsreisender
Retentionsgegenstände
- Bewegliche Sachen
- Muster
- Geräte (Notebooks, Smartphones, Computer u.ä.)
- Fahrzeuge (Geschäftsfahrzeug)
- uam
- Wertpapiere
- Beim Handelsreisenden zusätzlich [vgl. OR 439e]:
- Aufgrund einer Inkassovollmacht entgegengenommene Kundenzahlungen
Besonderheiten
- Trotz Bekanntsein der allgemeinen Retentions-Voraussetzungen geben immer wieder folgende Themen Anlass zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
- Retentionsrecht nur an Gegenständen, die der Retinierende mit Zustimmung der Gegenpartei im Besitz hat [vgl. BGE 98 IV 19]
- Retentionsrecht nur an verwertbaren Gegenstände (keine Dokumente, Auseise, Zeugnisse, Beweismittel uam)
- Retentionsrecht nur bei Fälligkeit der Forderung
- Retentionsrecht nur bei Konnexität von Retentionsforderung (Lohn, Spesen u.ä.) und Retentionsgegenstand (Arbeitswerkzeug, Fahrzeug [vgl. AGer. Zürich, in: JAR 2004, S. 591] etc.)
- unerlaubte Vorenthaltung von Fahrzeugen (Lastwagen), wo der Arbeitnehmer nur Besitzdiener ist [vgl. OG ZH, in: JAR 1998, S. 256]
- Retentionsrecht an Geschäftsfahrzeugen, die auch zu Privatzwecken bzw. nach freiem Ermessen verwendet werden dürfen, wo der Arbeitnehmer Besitzer ist [vgl. JAR 2004, S. 591]
- Retinierender hat nur Zurückbehaltungs- und Verwertungsrecht, aber kein Nutzungsrecht!
- Es ist die Obliegenheit des Arbeitgebers darauf zu achten, dass der Arbeitnehmer potentielle Retentionsgegenstände bereits bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses zurückzunehmen.
- Ausnahme: Geschäftsfahrzeuge, die vom Arbeitnehmer zu privaten Zwecken verwendet werden dürfen
- Vorzeitige Rücknahmemöglichkeit bei Arbeitsvertragsklausel, wonach dem Arbeitnehmer im gekündigten Arbeitsverhältnis keine Privatnutzung des Geschäftsfahrzeugs zustehe
- Folgen
- Ausschluss von Retention und Verwertung
- Keine Negativkonsequenzen bei Leasingfahrzeugen [vgl. OG SO, in: JAR 1990, S. 297, AGer. Zürich, in: JAR 2004, S. 591; AGer. Zürich 1998 Nr. 81 = SAE 1997, S. 75]
- Arbeitnehmer läuft bei Rückgabeweigerung Gefahr, dass er sich der Antragsdelikte der strafbaren Sachentziehung gemäss StGB 141 und der widerrechtlichen Nutzung nach SVG 94 Abs. 3 strafbar macht
- Folgen
- Vorzeitige Rücknahmemöglichkeit bei Arbeitsvertragsklausel, wonach dem Arbeitnehmer im gekündigten Arbeitsverhältnis keine Privatnutzung des Geschäftsfahrzeugs zustehe
Art. 339a OR
1 Auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat jede
Vertragspartei der andern alles herauszugeben, was sie für dessen
Dauer von ihr oder von Dritten für deren Rechnung erhalten hat.
2 Der Arbeitnehmer hat insbesondere Fahrzeuge und Fahrausweise
zurückzugeben sowie Lohn- oder Auslagenvorschüsse soweit zurückzuerstatten,
als sie seine Forderungen übersteigen.
3 Vorbehalten bleiben die Retentionsrechte der Vertragsparteien.
Art. 141 StGB
Wer dem Berechtigten ohne Aneignungsabsicht eine bewegliche Sache entzieht und ihm dadurch einen erheblichen Nachteil zufügt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Art. 94 Abs. 3 SVG
Mit Busse wird auf Antrag bestraft, wer ein ihm anvertrautes Motorfahrzeug zu Fahrten verwendet, zu denen er offensichtlich nicht ermächtigt ist.
Literatur
- BRANDER OSKAR, Das Retentionsrecht nach schweizerischem Zivilrecht, Diss. Zürich 1933, S. 87
- MUELLER ROLAND / RIEDER STEFAN, Retentionsrecht des Arbeitnehmers – Konsequenzen für den Arbeitgeber, in: AJP 3/2009, S. 267 ff.
Judikatur
- AGer. Zürich, vom 28.02.2003, in: JAR 2004, 591 ff.
- AGer. Zürich, vom 27.01.1995, in: ZR 97 (1998) 193 ff.
- AGer. Zürich, 1998 Nr. 81 = SAE 1997 S. 75
- OGZH, vom 01.02.1996, in: JAR 1998, 256 ff.
- KGZG, vom 30.12.1988, in: JAR 1989, 239 ff.
- BGE 4P.83/2003
- BGE 67 II 20
- AGer. Zürich, AN061023 vom 17.12.2009, in: Entscheide des Arbeitsgerichts Zürich 2009, Nr. 20, S. 31 („Porsche Cayenne-Fall“)
Weiterführende Informationen
- Retentionsrecht des Handelsreisenden | handelsreisendenvertrag.ch
- Herausgabepflicht