Der Lebensalltag gestaltet sich nicht immer nach den klassischen Rechtsgeschäftsformen und nach der gesetzlichen Vertragsdefinition, so auch bei der Schenkung.
Definition: Gemischte Schenkung
Offene gemischte Schenkung
Die gemischte Schenkung enthält entgegen der „reinen Schenkung“, wo höchstens Auflagen und Bedingungen als Obliegenheit verbunden sind, eine teilweise Gegenleistung:
- Für die Hingabe des Schenkungsgegenstandes verlangt der Schenker vom Beschenkten eine teilweise Gegenleistung.
Verborgene gemischte Schenkung
Als alternative Definition der „gemischten Schenkung“ gelten die Tatbestände der von den Parteien verborgenen Begünstigung:
- Bei einem Austauschgeschäft liegt die von der Gegenpartei für die Leistung zu entrichtende Gegenleistung „gewollt erheblich unter Wert“
- Der Differenzbetrag wird in aller Regel steuerlich relevant.
Beispiele einer verborgenen gemischten Schenkung
- Ausrichtung eines übermässigen Lohns (BGE 71 II 77)
- Verkauf einer Immobilie zu bewusst tiefen Preis, einem sog. „Familienpreis“
Schenkungsabsicht muss nachgewiesen sein
- Keine gemischte Schenkung liegt vor, wenn die Liegenschaft zu einem günstigen Preis überlassen wird, ohne dass eine Schenkungsabsicht nachgewiesen ist (vgl. BGE 116 II 234 Erw. lit. e)
Form der gemischten Schenkung
Auch die gemischte Schenkung unterliegt den schenkungsrechtlichen Formerfordernissen, unabhängig vom Mass der entgeltlichen Gegenleistung. Es soll vermieden werden, dass zur Umgehung der schenkungs-rechtlichen Formerfordernisse ein „symbolischer Betrag“ als Gegenleistung verabredet wird.
Immobiliennachfolge
Mit einer sog. „gemischten Schenkung“, d.h. einer „Teilentgeltlichkeit“ von maximum 75 %“ und minimum 25 % „Unentgeltlichkeit“, kann der Abtreter einer Immobilie an „Nahestehende“ in den meisten Kantonen erzielen, dass auf Antrag hin bei den Grundsteuern ein Steueraufschubtatbestand angenommen wird und für die Transaktionsbeurteilung die allfällige Schenkungssteuergesetzgebung Anwendung findet; welche „Nahestehenden“ bei der betreffenden kantonalen Steuergesetzgebung von einer Schenkungssteuerpflicht befreit sind, ist im individuell konkreten Einzelfall zu prüfen (v.a. Ehepartner, Kinder).
Weiterführende Informationen
Haftung
Ebenfalls auf die gemischte Schenkung anwendbar ist die weniger strenge schenkungs-rechtliche Haftung von OR 248.
OR Art. 248
E. Verantwortlichkeit des Schenkers
1 Der Schenker ist dem Beschenkten für den Schaden, der diesem aus der Schenkung erwächst, nur im Falle der absichtlichen oder der grobfahrlässigen Schädigung verantwortlich.
2 Er hat ihm für die geschenkte Sache oder die abgetretene Forderung nur die Gewähr zu leisten, die er ihm versprochen hat.
Ausgleichung
Ausgleichungspflichtig ist, was der Empfänger unentgeltlich erhalten hat.
Gelegenheitsgeschenke sind nicht ausgleichungspflichtig.
Herabsetzung
Der Herabsetzung zugunsten in ihrem Pflichtteil verletzter Erben unterliegen:
- Schenkungen, die Erblasser während der letzten 5 Jahre vor seinem Tode ausrichtete;
- Schenkungen, die er frei widerrufen konnte
- Ausnahme: Gelegenheitsgeschenke.
Wertveränderungen des Objektes zwischen Erwerb und Erbgang
Für die Berechnung des Betrages, welcher der Herabsetzung oder der Ausgleichung unterliegt, hat sich das Bundesgericht in BGE 98 II 359 ff. gegen die Subtraktions- bzw. gegen die sog. Konstantenmethode und für die Quoten- bzw. Proportionalmethode entschieden:
- Wertveränderungshorizont:
- Vertragsschluss bis Tod (Erbgang)
- Wertberechnung
Bei einer Wertveränderung entfällt der Veränderungsbetrag proportional auf den entgeltlichen Teil und den Zuwendungs-Teil!
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
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