Beim Rückfall unterscheiden Lehre und Rechtsprechung in:
- Rückfall kraft Vertrag
- Rückfall kraft Gesetz
Rückfall kraft Vertrag
Kraft Vertragsfreiheit kann sich der Schenker generell die Widerruflichkeit vorbehalten.
Der Schenker darf mit dem Beschenkten den Schenkungsvertrag auch unter Bedingungen abschliessen, nämlich:
- Suspensivbedingung (aufschiebend bedingter Abschluss)
- Resolutivbedingung (auflösend bedingter Abschluss)
- Rückfall bei Vorversterben des Beschenkten (OR 247)
Bekanntlich können suspensive oder resolutive Bedingungen in den Willen eines Vertragspartners des Schenkungsvertrages gestellt sein; in diesem Fall wird von sog. „Potestativbedingungen“ gesprochen.
Suspensivbedingung
- Der Schenkungsvertrag wird aufschiebend bedingt abgeschlossen, d.h. der Schenkungsvertrag entfaltet erst nach Bedingungseintritt Wirkungen.
- Bedingungseintritt:
- zB Erwerb des Eigenheims
- zB Zuwendung des Bauernhofes, sobald Beschenkter landwirtschaftliche Grundausbildung mit Erfolg abgeschlossen hat
Resolutivbedingung
- Der Schenkungsvertrag wird auflösend bedingt abgeschlossen, d.h. der Schenkungsvertrag gilt bei Bedingungseintritt als aufgelöst.
- Bedingungseintritt:
- zB Vorversterben des Beschenkten (OR 247)
- zB Vorversterben des Beschenkten mit „Rückfall“ an die Erben des Schenkers oder an eine Drittperson
- zB rechtskräftige Scheidung des Beschenkten von der Tochter des Schenkers
- Noch nicht vollzogenes Schenkungsversprechen:
- Fällt ohne weiteres dahin.
- Vollzogene Schenkung:
- Individualisierte Gegenstände (keine Gattungsware / Grundstücke und Fahrnis)
- Rückabwicklung (obligatorischer Rückabwicklungsanspruch)
- Folgen einer Wertverminderung bzw. eines Verbrauchs bzw. des Untergangs sind nicht gesetzlich geregelt
- Geldzuwendung
- Rückgabe des Geldbetrages in gleicher Höhe
- Individualisierte Gegenstände (keine Gattungsware / Grundstücke und Fahrnis)
Sicherung des Rückfalls bei Grundstücken
Der Schenker kann bei einer Immobilien-Schenkung sein Rückfallsrecht durch entsprechende Vormerkung im Grundbuch sichern (OR 247 Abs. 2).
» Checkliste Immobilien-Schenkung
Resolutiv bedingtes Wohnrecht?
Die Eintragung eines resolutiv bedingten Wohnrechts im Grundbuch ist zulässig: BGE 115 II 216 Erw. 3 – 5
Bedingtes Rückrufsrecht des Schenkers
Ein zeitlich unbeschränktes, übertragbares und bedingtes Rückrufsrecht des Schenkers ist unzulässig: BGE 85 II 616 Erw. 5
Kein automatischer Rückfall bei Tod des Beschenkten
Die geschenkte Sache fällt beim Tod des Beschenkten nicht automatisch zurück: BGE 116 II 263 Erw. 4 lit. b
Vorversterben des Beschenkten (OR 247)
Schenker und Beschenkter können vereinbaren, dass beim Vorableben des Beschenkten der Zuwendungsgegenstand an den überlebenden Schenkgeber zurückfallen soll (vgl. OR 247 Abs. 1).
Bei Grundstücken kann das Rückfallsrecht im Grundbuch vorgemerkt werden (vgl. OR 247 Abs. 2).
Rückfall kraft Gesetz
Der Gesetzgeber sieht für bestimmte Fälle das Dahinfallen des Schenkungsversprechens bzw. die Widerrufsmöglichkeit erfolgter Schenkungen vor. Die anschliessenden Erläuterungen werden nach dem Erledigungsstand des Schenkungsvorhabens erläutert:
Noch nicht vollzogenes Schenkungsversprechen
- Allgemein:
- Verschlechterung der Vermögenslage des Schenkers (OR 250 Abs. 1)
- Zahlungsunfähigkeit des Schenkers:
- Automatische Aufhebung des Schenkungsversprechens bei Ausstellung eines Verlustscheines oder bei Konkurseröffnung (OR 250 Abs. 2).
Vollzogene Schenkung
- Widerruf:
- Widerrufsvoraussetzungen
- Schwere Verfehlungen gegenüber dem Schenker oder seinen Angehörigen (OR 251), analog der Enterbung gemäss ZGB 477
- Nichterfüllung von Auflagen
- Keine Verzeihung der Verfehlungen, analog der Verzeihung bei der Erbunwürdigkeit (ZGB 540 Abs. 2)
- Rückforderung ist eine ultima ratio (vgl. BGE 96 II 126)
- Widerrufserklärung
- Erklärender: Schenker oder seine Erben (OR 251)
- Formfreie empfangsbedürftige Erklärung
- Widerrufsfrist
- 1 Jahr seit Kenntnis des Widerrufsgrundes (vgl. OR 251 Abs. 1; Verwirkungsfrist)
- Widerrufswirkungen
- ex nunc, d.h. ab Widerruf und nicht rückwirkend
- obligatorischer Rückforderungsanspruch, sofern und soweit der Schenkungsgegenstand nicht mehr in natura vorhanden ist, bereicherungsrechtliche Rückforderung
- Widerrufsvoraussetzungen
- Schenkungsanfechtung (Schenkungspauliana):
- Eine Schenkung während der letzten 6 Monaten vor Konkurseröffnung oder Pfändung kann durch Klage gegen den Beschenkten angefochten werden (SchKG 286 iVm SchKG 290 und SchKG 292)
- Schenkungsherabsetzung:
- Erben des Schenkers können gegenüber dem Beschenkten geltend machen:
- die Rückforderung der frei widerrufbaren Schenkungen
- Herabsetzung der während der letzten 5 Jahre vor dem Tode des Schenkers vorgenommenen Zuwendungen, sofern und soweit diese Pflichtteile verletzen (ZGB 527 Ziff. 3)
- Erben des Schenkers können gegenüber dem Beschenkten geltend machen:
Rechtsprechung
- BGE 42 II 504
- BGE 96 II 126
- ZR 81 (1982), Nr. 10, S. 19 ff., Erw. 2