Ein ausländischer Schiedsspruch liegt vor, wenn der Sitz des Schiedsgerichts ausserhalb der Schweiz liegt.
New Yorker Übereinkommen
Die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Schiedsentscheiden richtet sich nach dem New Yorker Übereinkommen über Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.06.1958 (NYÜ).
Die Schweiz hat das Übereinkommen 1965 ratifiziert und keinen Vorbehalt angebracht resp. diesen aufgegeben (NYÜ Art. I Ziff. 3, IPRG 194). Schiedssprüche aus Drittstaaten (ausserhalb des Vertragsgebiets des NYÜ) werden in der Schweiz deshalb nach den Regeln des NYÜ anerkannt und vollstreckt.
Das NYÜ hält in Art. II Ziff. 1 fest, dass schriftlich abgeschlossene Schiedsvereinbarungen grundsätzlich anzuerkennen sind. Nach Ziff. 2 kann der Schiedsvertrag oder die Schiedsabrede als Klausel in einem Vertrag durch Unterschrift der Parteien, Brief oder Telegramm abgeschlossen werden. In Ziff. 3 regelt das NYÜ, dass ein staatliches Gericht die Parteien auf Antrag (Schiedseinrede) an das Schiedsgericht zu verweisen hat, es sei denn es stelle fest, dass die Vereinbarung hinfällig, unwirksam oder unerfüllbar ist.
Das NYÜ ist nur anwendbar auf Schiedssprüche von Schiedsgerichten, soweit es sich um End-, Teil- oder Kostenentscheide handelt. Vergleiche unterliegen der Anerkennung und Vollstreckung nach dem NYÜ nur, wenn sie im Schiedsspruch aufgenommen wurden. Schiedsgutachten stellen keine Schiedsentscheide i.S. des NYÜ dar.
Gemäss Art. I Ziff. 1 erstreckt sich die Anwendung des NYÜ auf Schiedsentscheide in Streitigkeiten zwischen natürlichen und juristischen Personen. Damit eingeschlossen sind Schiedsentscheide gegen einen Staat oder staatlich kontrollierte Unternehmen (sofern der Staat nicht hoheitlich gehandelt hat).
Anerkennung und Vollstreckung in der Schweiz
Anerkennungsvoraussetzungen
Die Partei, welche die Anerkennung und Vollstreckung verlangt, muss zusammen mit ihrem Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung folgende Dokumente vorlegen:
- die beglaubigte Urschrift des Schiedsspruchs oder eine beglaubige Kopie des Schiedsspruches;
- die Urschrift der Schiedsvereinbarung resp. der Schiedsklausel oder eine beglaubige Kopie davon.
Ist der Schiedsspruch oder die Schiedsvereinbarung nicht in einer Amtssprache der Schweiz abgefasst, muss die Partei, welche die Anerkennung und Vollstreckung verlangt, eine Übersetzung der vorerwähnten Urkunden in die Amtssprache vorlegen. Die Übersetzung muss beglaubigt sein.
Anerkennungsverweigerung
In Art. V NYÜ sind die Anerkennungsverweigerungsgründe geregelt. Die Verweigerungsgründe von Ziffer 1 werden nur berücksichtigt, wenn sie von einer Partei behauptet und bewiesen werden. Die Anerkennungsverweigerungsgründe von Ziffer 2 dagegen sind von Amtes wegen zu berücksichtigen.
Ziffer 1:
- Fehlende subjektive Schiedsfähigkeit (Handlungsfähigkeit, Parteifähigkeit, Prozessfähigkeit) oder Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung (formelle und/oder materielle Gültigkeit)
- Fehlende Kenntnis der beklagten Partei über die Bestellung des Schiedsrichters oder vom Schiedsverfahren oder fehlende Gelegenheit, Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu machen (Verletzung des rechtlichen Gehörs)
- Schiedsspruch betrifft Streitigkeiten, die von der Schiedsabrede nicht erfasst sind oder enthält Entscheidungen, die über die Schiedsabrede hinausgehen (Überschreitung
- Unrichtig gebildetes Schiedsgericht, nicht korrektes Verfahren
- Schiedsspruch noch nicht verbindlich bzw. aufschiebende Wirkung im Rechtsmittelverfahren oder Schiedsspruch aufgehoben
Ziffer 2:
- Der Gegenstand des Streites kann nach dem Recht des Anerkennungs- und Vollstreckungsstaates nicht auf schiedsrichterlichem Wege geregelt werden;
- Die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruches würde der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Anerkennungs- und Vollstreckungsstaates widersprechen.
Anerkennung und Vollstreckung
Auf Geldzahlung oder Sicherheitsleistung lautende Schiedsentscheide
Auf Geldzahlung oder Sicherheitsleistung lautende Schiedssprüche werden nach den Regeln des SchKG vollstreckt, auf andere Leistungen lautende Schiedssprüche werden nach den Vorschriften der ZPO vollstreckt.
Der Rechtsöffnungsrichter kann vorfrageweise über die Vollstreckbarkeit des ausländischen Schiedsspruches entscheiden. Der Gläubiger kann auch die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des Schiedsentscheids in einem separaten Exequaturverfahren ausdrücklich verlangen, doch kommt dies nur selten vor.
Ein Schiedsspruch gilt als definitiver Rechtsöffnungstitel i.S.v. SchKG 80 I. Sofern der Schuldner in einer Betreibung Rechtsvorschlag erhebt, kann der Gläubiger deshalb definitive Rechtsöffnung verlangen. Dem Schuldner stehen in der definitiven Rechtsöffnung nur die Einwendungen:
- Tilgung, Stundung, Verjährung
- Einreden gemäss NYÜ (siehe Anerkennungsverweigerung)
Der Rechtsöffnungsrichter entscheidet vorfrageweise über die Vollstreckbarkeit des ausländischen Schiedsspruches. Der Gläubiger kann die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des Schiedsentscheids in einem separaten Exequaturverfahren ausdrücklich verlangen.
Auf andere Leistungen lautende Schiedsentscheide
Die Anerkennung und Vollstreckung richten sich nach ZPO 335 ff., da weder das IPRG noch das NYÜ etwas anderes bestimmen (ZPO 335 III). Die Vollstreckung kann beim zuständigen Gericht verlangt werden (ZPO 338 I; ZPO 251a lit. g). Ein vorangehendes separates Verfahren auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ist nicht notwendig, sondern kann inzident vorfrageweise im Vollstreckungsverfahren erfolgen.
Der Schuldner der Leistung kann einwenden seit Eröffnung des Schiedsentscheids seien Tatsachen eingetreten, welche der Vollstreckung entgegenstehen, insbesondere:
- Tilgung, Stundung, Verjährung oder Verwirkung der geschuldeten Leistung (Tilgung und Stundung sind mit Urkunden zu beweisen)
- Einreden gemäss NYÜ (siehe Anerkennungsverweigerung)