Das Akkusationsprinzip (auch: Anklagegrundsatz genannt) bedeutet, dass eine Straftat nur gerichtlich beurteilt werden kann, falls die Staatsanwaltschaft
- gegen eine bestimmte Person
- wegen eines genau umschriebenen Sachverhalts
- beim zuständigen Gericht
- Anklage erhoben hat.
Dieser in StPO 9 postulierte Grundsatz umfasst folgende Elemente:
- Inquisitionsprinzip
- Unvereinbarkeit bzw. Trennung von Ankläger und Richter in demselben Verfahren
- Umgrenzungsfunktion
- Das Gericht kann und darf nur den Sachverhalt beurteilen, der in der Anklage beschrieben ist.
- Fixierung des Prozessstoffes (auch: Immutabilitätsprinzip)
- Grundsatz (Unveränderbarkeit der Anklage)
- Die Anklage darf während des Gerichtsverfahrens nicht geändert werden.
- Ausnahmen
- Berichtigungen u/o Ergänzungen der Anklage gemäss StPO 329 Abs. 2
- Änderung und Erweiterung der Anklage gemäss StPO 333
- Grundsatz (Unveränderbarkeit der Anklage)
- Informationsfunktion der beschuldigten Partei
- Der Beschuldigte soll wissen, wofür er angeklagt ist.
- Der Beschuldigte soll wissen, gegen was er sich verteidigen kann.
- Unwiderruflichkeit der Anklage
- Grundsatz
- Nach erfolgter Anklage hat das zuständige Gericht nur drei Möglichkeiten:
- Verfahrenseinstellung
- Freispruch
- Schuldigerklärung.
- Ein Anklagerückzug durch die Staatanwaltschaft, unter Verfahrensabschreibung durch das Gericht, ist unzulässig.
- Nach erfolgter Anklage hat das zuständige Gericht nur drei Möglichkeiten:
- Ausnahme
- Keine Anwendung findet das Akkusationsprinzip auf folgende Verfahren:
- Strafbefehlsverfahren
- Übertretungsstrafrecht
- Keine richterliche Beurteilung
- Die Staatsanwaltschaft stellt den Strafbefehl – ohne Funktionstrennung (in Personalunion von Anklage- und Richterfunktion) – aus.
- Richterliche Beurteilung möglich
- Der Verurteilte kann durch eine Einsprache eine richterliche Beurteilung erwirken.
- Keine Anwendung findet das Akkusationsprinzip auf folgende Verfahren:
- Grundsatz
- Abweichende rechtliche Würdigung
- Aufgrund des sog. „Würdigungsvorbehalts“ ist für die Staatsanwaltschaft oder das Gericht eine andere rechtliche Beurteilung möglich (vgl. StPO 344), wobei vorher das rechtliche Gehör zu gewähren ist.
- Verletzung des Akkusationsprinzips
- Eine Verletzung des Akkusationsprinzips hat die Verfahrenseinstellung zur Folge (vgl. StPO 329).
Literatur
- SCHNELL BEAT / STEFFEN SIMONE / BÄEHLER JUERG, Schweizerisches Strafprozessrecht in der Praxis – Theorie, Rechtsprechung und Musterdokumente, Bern 2024, S. 15 ff.
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