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Strafprozess / Strafverfahren

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Unschuldsvermutung (StPO 10 Abs. 1)

Rechtsgebiet:
Strafprozess / Strafverfahren
Stichworte:
StPO 10, strafbare Handlungen, Strafprozess, Strafprozessrecht, Strafverfahren, Unschuldsvermutung
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

«Jede Person gilt bis zu ihrer rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig» (StPO 10 Abs. 1):

  • Anwendungsbereiche
    • Die Unschuldsvermutung ist auch anzuwenden bei:
      • Prozessvoraussetzungen
      • Verfahrenshindernissen
  • Keine Geltung von dubio in reo bei Fragen zum Verfahren oder zur rechtlichen Würdigung
    • Die Unschuldsvermutung gilt nicht bei:
      • Verfahrensfragen
      • Rechtlicher Würdigung
    • Vgl. BGE 103 IV 129.
  • Ordnungsbussenverfahren im Strassenverkehr
    • Anwendung auch auf Fahrzeughalter
      • Gemäss OBG 6 mit Unschuldsvermutung vereinbar
    • Keine Anwendung auf Unternehmen als Fahrzeughalter
      • Mangels gesetzlicher Grundlage ist die Haltersanktion für Unternehmen unzulässig (vgl. BGer 6B_252/2017 vom 20.06.2018
  • Kostenauferlegung bei Verfahrenseinstellung oder Freispruch
    • Es ist unzulässig, in direkt über die Kosten die beschuldigte Person «schuldig zu sprechen».
  • Tod des Angeklagten
    • Keine nachträgliche Schuldfeststellung im strafrechtlichen Sinne.
        • Vgl.
          • EMGR-Entscheid i.S. Vulakh and Others vs. Russia vom 10.01.2012
          • EMGR-Entscheid i.S. Largadère vs. France vom 12.04.2012.
    • Der Tod schliesst aber die zivilrechtliche Schadenersatzhaftung – ggf. auch für Rechtsnachfolger – nicht aus, wobei keine Feststellungen zur Schuld im strafrechtlichen Sinne zulässig sind.
        • Vgl.
          • EMGR-Entscheid i.S. Diacenco vs. Romania vom 07.07.2012.

Die Elemente der Unschuldsvermutung betreffen:

  • Beweiswürdigungsregel
    • «Das Gericht würdigt die Beweise frei nach seiner aus dem gesamten Verfahren gewonnenen Überzeugung» (StPO 10 Abs. 2).
    • «Bestehen unüberwindliche Zweifel an der Erfüllung der tatsächlichen Voraussetzungen der angeklagten Tat, so geht das Gericht von der für die beschuldigte Person günstigeren Sachlage aus» (StPO 10 Abs. 3).
    • Bestehen erhebliche und unüberwindbare Zweifel an der Schuld, hat ein Freispruch zu erfolgen (vgl. BGE 120 Ia 31).
  • Beweislastregel
    • Grundsatz
      • Die Strafverfolgungsbehörde muss die Schuld des Anklagten beweisen (und nicht umgekehrt).
    • Ausnahme
      • «Bei Vermögenswerten einer Person, die sich an einer solchen Organisation beteiligt oder sie unterstützt hat (Art. 260ter), wird die Verfügungsmacht der Organisation bis zum Beweis des Gegenteils vermutet» (StGB 72 Satz 2).

Literatur

  • SCHNELL BEAT / STEFFEN SIMONE / BÄEHLER JUERG, Schweizerisches Strafprozessrecht in der Praxis – Theorie, Rechtsprechung und Musterdokumente, Bern 2024, S. 15 ff.
  • TOPHINKE, BSK StPO, N 11 zu Art. 10 StPO

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