StPO 6 postuliert den sog. „Untersuchungsgrundsatz“ wie folgt:
- «Die Strafbehörden klären von Amtes wegen alle für die Beurteilung der Tat und der beschuldigten Person bedeutsamen Tatsachen ab» (StPO 6 Abs. 1).
- «Sie untersuchen die belastenden und entlastenden Umstände mit gleicher Sorgfalt.» (StPO 6 Abs. 2).
Die Strafuntersuchungsbehörden sind daher verpflichtet, von Amtes zu ermitteln:
- Untersuchung von Amtes wegen
- Die Ermittlung bezieht sich auf:
- Ermittlung des deliktsrelevanten Sachverhalts
- Ermittlung auch ohne Beweisanträge der Parteien
- Ermittlung der für die Urteilsfindung notwendigen Tatsachen
- Lebensumstände
- Vorleben
- Etc.
- Die Ermittlung bezieht sich auf:
- Untersuchung nach be- und entlastenden Umständen
- Die Strafuntersuchungsbehörden
- dürfen nicht einseitig ermitteln;
- müssen mit gleicher Sorgfalt untersuchen,
- nach belastenden und entlastenden Umständen.
- Die Strafuntersuchungsbehörden
- Instruktionsmaxime (Grundsatz der materiellen Wahrheit)
- Die Strafbehörden dürfen sich nicht einzig mit Parteierklärungen zufriedengeben.
- Eine Wahrheitsfindung hat nicht um jeden Preis erfolgen:
- Es ist das Verbot von Beweiserhebungen, welche die Menschenwürde verletzen (vgl. StPO 3 Abs. 2 lit. d) oder die verbotenen Beweiserhebungsmethoden (vgl. StPO 140) zu beachten.
- Antizipierte Beweiswürdigung
- Der Untersuchungsgrundsatz nach StPO 6 wird durch die sog. „antizipierte Beweiswürdigung“ beschränkt:
- Eine willkürfreie „antizipierte Beweiswürdigung“ ist laut Bundesgericht erlaubt, wenn weiter Beweiserhebungen das bereits erstellte Ergebnis nicht ändern können (vgl. BGE 115 Ia 97).
- Der Untersuchungsgrundsatz nach StPO 6 wird durch die sog. „antizipierte Beweiswürdigung“ beschränkt:
- Keine Beweisführung in bestimmten Fällen
- Beweis wird nicht geführt über folgende Tatsachen:
- Unerhebliche Tatsachen
- Offenkundige Tatsachen
- Der Strafbehörde bekannte oder rechtsgenügend erwiesene Tatsachen.
- Vgl. StPO 139 Abs. 2; StPO 318 Abs. 2.
- Beweis wird nicht geführt über folgende Tatsachen:
- Abgekürztes Verfahren
- Besondere Untersuchungsverhältnisse gelten in sog. „abgekürzten Verfahren“, bei denen das Eingestehen des wesentlichen Sachverhalts vom Beschuldigten verfahrensbedingt vorausgesetzt wird (vgl. StPO 358 ff.)
Art. 6 StPO Untersuchungsgrundsatz
1 Die Strafbehörden klären von Amtes wegen alle für die Beurteilung der Tat und der beschuldigten Person bedeutsamen Tatsachen ab.
2 Sie untersuchen die belastenden und entlastenden Umstände mit gleicher Sorgfalt.
Literatur
- SCHNELL BEAT / STEFFEN SIMONE / BÄEHLER JUERG, Schweizerisches Strafprozessrecht in der Praxis – Theorie, Rechtsprechung und Musterdokumente, Bern 2024, S. 15 ff.
Judikatur
- BGE 115 Ia 97
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