Überstundenarbeit ist eine zu rechtfertigende Ausnahmeerscheinung.
Leistungsvoraussetzungen für den Arbeitnehmer sind:
Damit Ausnahmeerscheinungen nicht ausufern, sind Schranken zu beachten:
Gesetzesbestimmung
Notwendigkeit
- = betriebliches Bedürfnis
- Nicht voraussehbarer Ausnahmefall
- Personallücken (Unfall, Krankheit) in nicht zu erwartendem Ausmass
- durch Betriebsstörungen verursachte Arbeitsrückstände
- Betriebsumzug
- Vorübergehend erhöhte Betriebsintensität
- Nicht voraussehbarer Ausnahmefall
- Grundsätze:
- Anordnung der Überstundenleistung
- Arbeitspflicht des Arbeitnehmers bei objektiver Notwendigkeit
- Verweigerungsrecht (aber nicht -pflicht) des Arbeitnehmers bei fehlender objektiver Notwendigkeit
- Anordnung der Überstundenleistung
- Ausnahme: stillschweigende Billigung, zB wenn der Arbeitgeber von der Notwendigkeit der Überstunden wusste oder wissen musste, unabhängig einer vertraglich verabredeten Genehmigungspflicht (Zumutbarkeit der Arbeitgeber-Erkundigung)
Judikatur
- BJM 1974, S. 255
- BGE 4A_42/2011
Voraussehbare, aber vorübergehende Überstundenarbeit
- Abschlussarbeiten
- Inventur
- Rechnungsabschluss
- Saisonaler Geschäftsandrang
- Fasnacht
- Ausverkauf
- Weihnachtsgeschäft
Leistungsfähigkeit
- Überstunden-Leistungspflicht, soweit
- der Arbeitnehmer die Überstunden zu leisten vermag
- sie die Kräfte des Arbeitnehmers nicht übersteigt
- sie nicht zu gesundheitlichen Problemen des Arbeitnehmers führt.
- Nachweis der fehlenden Leistungsfähigkeit durch den Arbeitnehmer
- Arztzeugnis
Schranke
- Psychische und physische Leistungsfähigkeit des konkreten Arbeitnehmers
Gesetzesbestimmungen zur Vermeidung einer Überbeanspruchung
Zumutbarkeit
- Leistungspflicht nach Treu und Glauben
- Rücksichtnahme bei der Intensität der Notwendigkeit
- Je notwendiger für den Arbeitgeber, desto zumutbarer für den Arbeitnehmer
- Vermeidung krasser GAV-Beschränkungen
- Interessenabwägung
- Aussprache als Verständigungsmittel
- Persönliche und familiäre Hinderungsgründe
- Ablehnungsgrund bei Unzumutbarkeit bzw. Dauerverhinderung
- Lösungsansatz: Arbeitsbefreiung für konkrete Anlässe
- Frühzeitige Einwendung des Arbeitnehmers gegen seinen Überstunden-Einsatz
- Vorankündigung und frühzeitige Planung der Überstundenarbeit
- Teilzeitarbeit
- Vermutungsweise häufigere Ablehnungsgründe als beim Vollzeit-Arbeitsverhältnis
- Abhängig von Flexibilität und Engagement des Arbeitnehmers
Judikatur
- BJM 1976, 285 f.
- Wenige publizierte Gerichtsentscheide lassen darauf schliessen, dass nur selten über die Zumutbarkeit gestritten wird
Grenze
Die Überstundenarbeit findet ihre Grenze bei den öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitvorschriften:
- Keine Freizeitvereitelung (OR 329, OR 362)
- Keine Vereitelung des Ferienanspruchs (OR 329a)
- Beachtung des Arbeitsgesetzes (ArG).
Hinweis
- Der Arbeitgeber darf vom Arbeitnehmer nicht die Leistung verbotener oder bewilligungspflichtiger Überstundenarbeit verlangen.
Überschreitung der arbeitsgesetzlichen Höchstarbeitszeiten
- durch sorgfältige und qualitativ tadellose Arbeit
- berechtigt den Arbeitnehmer (kein Rechtsmissbrauch, keine Treuepflichtverletzung) trotzdem
- zur Anspruchserhebung
- zur Kompensation mit Freizeit gleicher Dauer
Judikatur
- BGer JAR 2003, 196
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
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