Im Falle einer Verletzung von Personen durch das Unfallereignis sind alle am Unfall Beteiligten zur Hilfeleistung gegenüber den Verletzten, zur Polzei-Benachrichtigung und zur Mitwirkung bei der Sachverhaltserhebung verpflichtet (SVG 51 Abs. 2 und VRV 55 Abs. 1 und 2):
- Pflicht zur Hilfeleistung
- Personell
- Zur Hilfeleistung sind verpflichtet die:
- Unfallbeteiligten
- am Unfall Nichtbeteiligte
- SVG 51 Abs. 2 i.V.m. SVG 55 Abs. 3.
- Zur Hilfeleistung sind verpflichtet die:
- Sachlich
- (Lebensrettende) Sofortmassnahmen haben Unfallbeteiligte und Nichtbeteiligte entsprechend ihrer Fähigkeiten und Zumutbarkeit zu treffen.
- Dazu zählen insbesondere
- die Bergung von Verletzten aus dem Gefahrenbereich
- das Leisten von Erster Hilfe
- die Sanitäts-Benachrichtigung.
- Keine Abhängigkeit vom Verletzungsgrad
- Für die Hilfeleistungspflicht kommt es nicht auf die Schwere der Verletzung an;
- sie kommt bereits bei kleinen Schürfungen und Prellungen zum Tragen.
- Die Hilfeleistungspflichtigen
- haben ihre Hilfe auch bei weniger gravierenden Verletzungen anzubieten;
- sind erst von ihren Hilfeleistungspflichten befreit,
- wenn ein Verletzter die Hilfe überlegt, ernsthaft und endgültig ablehnt.
- Für die Hilfeleistungspflicht kommt es nicht auf die Schwere der Verletzung an;
- Transport von Unfallopfern in den Spital
- Zur Hilfeleistungspflicht gehört auch der Transport von Unfallopfern
- ins Spital oder
- zu einem Arzt
- VRV 55 Abs. 3.
- Zur Hilfeleistungspflicht gehört auch der Transport von Unfallopfern
- Personell
- Pflicht zur Polizei-Benachrichtigung
- Zwingende Pflicht zur sofortigen Polizei-Benachrichtigung
- Bei Personenschäden sind die Beteiligten zwingend verpflichtet, zur Feststellung des Unfallhergangs sofort die Polizei zu benachrichtigen
- SVG 51 Abs. 2 Satz 2; VRV 55 Abs. 1.
- Abstandnahme von der Polizei-Benachrichtigung nur in Bagatellfällen
- Von einem Beizug der Polizei darf nur dann abgesehen werden, wenn
- nur kleine Verletzungen (zB Schürfungen, Prellungen o.ä.) bestehen und
- die geschädigte Person nicht auf eine Polizei-Benachrichtigung besteht.
- VRV 55 Abs. 2 Satz 1; VRV 56 Abs. 1bis und 2.
- Von einem Beizug der Polizei darf nur dann abgesehen werden, wenn
- Datenerfassung bei Abstandnahme von der Polizei-Benachrichtigung
- Im Falle einer Abstandnahme von der Polizei-Benachrichtigung hat die schädigende Person der verletzten Person anzugeben:
- Vorname / Name;
- Adresse
- und sich nachträglich bei der Polizei zu melden,
- sollten die Verletzungen des Opfers doch über Bagatellen wie Schürfungen oder Prellungen hinausgehen.
- VRV 55 Abs. 2 Satz 1; VRV 56 Abs. 4.
- Im Falle einer Abstandnahme von der Polizei-Benachrichtigung hat die schädigende Person der verletzten Person anzugeben:
- Abstandnahme von der Polizei-Benachrichtigung bei Selbstunfall?
- Ein Beizug der Polizei kann auch unterbleiben, wenn
- ausschliesslich der Fahrzeuglenker, seine Angehörigen oder Familiengenossen geringfügig verletzt wurden und
- keine Drittpersonen am Unfall beteiligt sind.
- VRV 55 Abs. 2 Satz 2.
- Ein Beizug der Polizei kann auch unterbleiben, wenn
- Zwingende Pflicht zur sofortigen Polizei-Benachrichtigung
- Verbot der Unfallplatz-Veränderung
- Bei Polizei-Beizug
- Soweit ein Beizug der Polizei erfolgt, gilt das Verbot der Veränderung der Unfallstelle und die Markierungspflicht.
- Keine Unfallplatz-Veränderung bis zum Polizei-Eintreffen
- Die Lage an der Unfallstelle darf bis zum Eintreffen der Polizei nicht verändert werden.
- Ausnahmen
- Sofern und soweit Veränderungen zum Schutz von verletzten Personen oder zur Sicherung des Verkehrs notwendige sind,
- muss die ursprüngliche Lage vorher auf der Strasse aufgezeichnet werden.
- VRV 56 Abs. 1.
- Sofern und soweit Veränderungen zum Schutz von verletzten Personen oder zur Sicherung des Verkehrs notwendige sind,
- Bei Polizei-Beizug
- Pflicht zum Verbleib auf dem Unfallplatz und zur Mitwirkung bei der Sachverhaltserhebung
- Unfallplatz-Verbleib
- Bei meldepflichtigen Verkehrsunfällen mit Personenschäden sind die Unfallbeteiligten überdies verpflichtet,
- bei der Erhebung des Tatbestandes durch die Polizei mitzuwirken.
- Ohne Zustimmung der Polizei dürfen sie die Unfallstelle nur verlassen,
- sofern und soweit sie selbst Hilfe benötigen, oder
- um Hilfe zu hole oder
- die Polizei herbeizurufen.
- SVG 51 Abs. 2.
- Bei meldepflichtigen Verkehrsunfällen mit Personenschäden sind die Unfallbeteiligten überdies verpflichtet,
- Kein Unfallplatz-Verbleib für Dritte
- Am Unfall nicht beteiligte, hilfeleistungspflichtige Dritte sind nicht zum Verbleib auf der Unfallstelle und zur Mitwirkung bei der Sachverhaltsfeststellung verpflichtet.
- Unfallplatz-Verbleib des Unfallverursachers
- Der Unfallverursacher,
- der in einem späteren Strafverfahren als Beschuldigter in Betracht kommt,
- ist zum Verbleib am Unfallplatz verpflichtet.
- der in einem späteren Strafverfahren als Beschuldigter in Betracht kommt,
- Der Unfallverursacher,
- Verbot des Selbstbelastungszwangs
- Der einer möglichen strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzte Unfallverursacher darf aufgrund des Verbotes des Selbstbelastungszwanges nicht zur Aussage gezwungen werden.
- Angaben zum Unfallhergang fakultativ
- Der Unfallverursacer kann von der Polizei einzig aufgefordert werden,
- Angaben zum Unfallhergang zu machen.
- Er darf aber im Falle der Aussageverweigerung nicht bestraft werden.
- Der Unfallverursacer kann von der Polizei einzig aufgefordert werden,
- Personalien-Bekanntgabe und Identifikation
- Auf Verlangen haben die Beteiligten
- ihre Personalien anzugeben und
- Ausweispapiere vorzulegen.
- StPO 215 Abs. 2 lit. a und b.
- Auf Verlangen haben die Beteiligten
- Unfallplatz-Verbleib
Literatur
- Zur Transportpflicht von Unfallopfern
- BSK SVG-UNSELD, Basel 2014, N 61 ff. zu Art. 51 SVG
- Zum Verzicht auf Polizei-Benachrichtigung bei Selbstunfall
- BSK SVG-UNSELD, Basel 2014, N 67 f. zu Art. 51 SVG
- Für nicht unfallbeteiligte Dritte kein Unfallplatzverbleib
- BSK SVG-UNSELD, Basel 2014, N 72 f. zu Art. 51 SVG
Judikatur
- Zur Hilfeleistungspflicht
- BGE 122 IV 356, Erw. 3b
- BGE 95 IV 150, Erw. 1
- Zum Verzicht auf Polizei-Benachrichtigung bei Selbstunfall
- —
- Zum Unfallplatzverbleib des Unfallverursachers
- BGE 131 IV 36 Erw. 3.2 ff.
- BGE 124 IV 175 Erw. 4a
Weiterführende Informationen
- Allgemeines
- Strafverteidigung