Für den Fall, dass zwischen den gleichen Parteien mehrere zur Verrechnung geeignete Forderungen bestehen, ist folgendes zu differenzieren:
Mehrere Forderungen
- Die Parteiverhältnisse können so sein, dass mehrere Verrechnungsforderungen und / oder mehrere Hauptforderungen bestehen
Entscheid
- Der Verrechnende muss sich entscheiden, welche der mehreren Forderungen zur Verrechnung zu bringen sind
Verrechnungsrecht
- Analog OR 86 Abs. 1 (siehe Box) ist der Verrechnende berechtigt, zu erklären, mit welcher Forderung er seine Schuld verrechnen will
- Der Verrechnungsgegner darf nicht – im Nachhinein – anstelle des Verrechnenden die Gegenforderung bestimmten, mit der verrechnet werden soll
- OR 86 Abs. 2 (siehe Box) darf nicht analog angewandt werden, weil die Verrechnungserklärung ohne Bezeichnung der Gegenforderung wirkungslos ist
Prioritätsprinzip
- Geben die Verrechnungsparteien bei mehreren gegenseitigen Forderungen und Schulden unterschiedliche Verrechnungserklärungen darüber ab, welche Forderung mit welcher Hauptschuld verrechnet werden soll, gilt das sog. „Prioritätsprinzip“
- Beim Prioritätsprinzip ist diejenige Erklärung massgebend, die zuerst dem Parteigegner zugekommen ist
Wahlobligation
- Verrechnet der Berechtigte eine Wahlobligation, so ist der Verrechnungserklärung eine Ausübung des Wahlrechts inhärent
- Die nicht zur Wahl berechtigte Gegenpartei (Wahlschuldner) ist nicht befugt, gegen den Willen des Wahlberechtigten zu verrechnen
Art. 86 OR
2. Bei mehreren Schulden
a. Nach Erklärung des Schuldners oder des Gläubigers
1 Hat der Schuldner mehrere Schulden an denselben Gläubiger zu bezahlen, so ist er berechtigt, bei der Zahlung zu erklären, welche Schuld er tilgen will.
2 Mangelt eine solche Erklärung, so wird die Zahlung auf diejenige Schuld angerechnet, die der Gläubiger in seiner Quittung bezeichnet, vorausgesetzt, dass der Schuldner nicht sofort Widerspruch erhebt.
Weiterführende Informationen
Judikatur
- Bestimmung der Hauptforderung für die Verrechnung
- BGE 4A_549/2010, Erw. 3.3
- BGE 4C.25/2005 Erw. 4.1
- BGE 58 III 21 ff.
- OGer ZH, HG 080288, Erw. 5.3.1
- Verrechnungserklärung ohne Angabe der Hauptforderung, mit der die Verrechnung gewollt ist
- Wirkungslosigkeit einer Verrechnungserklärung
- BGE 4C.25/2005, Erw. 4.1
- OGer ZH, HG 080288, Erw. 5.3.1
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Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
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