Ausgangslage
- Geltendmachung der Verrechnung erst im Prozess
Verfahrensstadium / 1. Instanz
Novenregime
Prinzip
- Die prozessuale Novenregelung von ZPO 229 bestimmt, ob und bis wann die Verrechnungseinrede erhoben werden kann
Grundsatz
- Unbeschränktes Vorbringen im Vorbereitungsstadium
- Im Rahmen der Schriftenwechsel
- Anlässlich der Instruktionsverhandlung
Ausnahme
- Eintritt der Verrechnungsmöglichkeit erst nach Abschluss des Vorbereitungsstadiums
- = echtes Novum
- Zulassung der Verrechnungseinrede bei unverzüglicher Prozesseinbringung (vgl. ZPO 229 Abs. 1 lit. a)
- Späte oder verspätete Verrechnungseinrede?
- Bestand die Verrechnungsmöglichkeit bereits früher
- = unechtes Novum
- Zulassung der Verrechnungseinrede nur, wenn sie trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon früher hätte eingebracht werden können (vgl. ZPO 229 Abs. 1 lit. b)
- Bestand die Verrechnungsmöglichkeit bereits früher
Ausnahmen von diesen Grundsätzen
- Hauptverhandlung direkt nach einem einfachen Schriftenwechsel (ZPO 229 Abs. 2), zB im vereinfachten Verfahren nach ZPO 243 ff.
- Verfahren mit Untersuchungsmaxime (ZPO 229 Abs. 3)
Massgebender Zeitpunkt
- Die Beurteilung erfolgt anhand des Zeitpunktes der Verrechnungsmöglichkeit
Berufungsverfahren
- Analoge Regeln wie vor erster Instanz
- Vgl. ZPO 317 Abs. 1
Beschwerdeverfahren und Verfahren vor Bundesgericht
- Ausschluss aller Arten von Noven
- Vgl. ZPO 326
- Vgl. BBG + BGE 4A_290/2007, Erw. 8.3.1
Beurteilung im konkreten Einzelfall
- Ob die Verrechnungseinrede einer Partei im Prozess zulässig war, ist im konkreten Fall zu beurteilen
Art. 229 ZPO Neue Tatsachen und Beweismittel
1 In der Hauptverhandlung werden neue Tatsachen und Beweismittel nur noch berücksichtigt, wenn sie ohne Verzug vorgebracht werden und:
- erst nach Abschluss des Schriftenwechsels oder nach der letzten Instruktionsverhandlung entstanden oder gefunden worden sind (echte Noven); oder
- bereits vor Abschluss des Schriftenwechsels oder vor der letzten Instruktionsverhandlung vorhanden waren, aber trotz zumutbarer Sorgfalt nicht vorher vorgebracht werden konnten (unechte Noven).
2 Hat weder ein zweiter Schriftenwechsel noch eine Instruktionsverhandlung stattgefunden, so können neue Tatsachen und Beweismittel zu Beginn der Hauptverhandlung unbeschränkt vorgebracht werden.
3 Hat das Gericht den Sachverhalt von Amtes wegen abzuklären, so berücksichtigt es neue Tatsachen und Beweismittel bis zur Urteilsberatung.
Weiterführende Informationen
Literatur
- Allgemein
- ZELLWEGER GUTKNECHT, Berner Kommentar, N 2 Vorbemerkungen zu OR 120 – 126
- SCHMID PASCAL, Die Verrechnung vor staatlichen Gerichten, in: www.jusletter.ch
- Vollstreckungsverfahren
- ZELLWEGER GUTKNECHT, Berner Kommentar, N 138 ff. zu OR 120 – 126
Judikatur
- BGE 4C.50/2005
- BGE 95 II 235
- ZR 73 (1974) Nr. 98 273 ff.
Links
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