Bei der Ausübung des Verrechnungsrechts sind folgende Wirkungen zu beachten:
Untergang sowohl der Verrechnungsforderung als auch der Hauptforderung (Erlöschen)
- Untergang der Forderung nur bis zur Höhe des niedrigeren Forderungsbetrages
- Untergang soweit sich die Forderungen „ausgleichen“, so OR 124 Abs. 2
Quantitativ
Hauptforderung ist höher als die Gegenforderung
- Der Verrechnungsgegner (Kompensat) muss – ungeachtet von OR 69 Abs. 1 – eine Teilzahlung akzeptieren
Hauptforderung ist niedriger als die Gegenforderung
- Der Verrechnende (Kompensant) ist mit seiner nicht durch den Hauptforderungsbetrag gedeckten Teilforderung auf den ordentlichen Durchsetzungsweg, unter Beizug staatlicher Hilfe (Gerichtsbarkeit und Geldvollstreckungsbehörden), verwiesen
Prinzip der zeitlichen Priorität
Keine Rückgängigmachung durch Verrechnungsgegner
- Der Verrechnungsgegner kann die Verrechnung nicht dadurch rückgängig machen indem er nachträglich selber die Gegenforderung des Verrechnenden mit einer zweiten eigenen Forderung verrechnet
Zeitpunkt (Zurückbeziehung)
Eintritt der Verrechnungswirkung rückwirkend auf den Zeitpunkt als die Forderungen verrechnungsfähig gegenüberstanden
- Untergang nicht im Zeitpunkt des Zugangs der Verrechnungserklärung (OR 124 Abs. 1), sondern zurückbezogen auf den Zeitpunkt des Eintritts der Verrechnungslage (vgl. OR 124 Abs. 2)
Rückwirkung der Verrechnungserklärung bei Zahlungsrückstand des Mieters (OR 257d)
- BGE 119 II 241 ff., Erw. 6
- BGE 4A_585/2011, Erw. 3.2
- BGE 4A_549/2010, Erw. 3
- BGE 4A_642/2009, Erw. 4.1
Art. 124 OR
II. Wirkung der Verrechnung
1 Eine Verrechnung tritt nur insofern ein, als der Schuldner dem Gläubiger zu erkennen gibt, dass er von seinem Rechte der Verrechnung Gebrauch machen wolle.
2 Ist dies geschehen, so wird angenommen, Forderung und Gegenforderung seien, soweit sie sich ausgleichen, schon im Zeitpunkte getilgt worden, in dem sie zur Verrechnung geeignet einander gegenüberstanden.
3 Vorbehalten bleiben die besonderen Übungen des kaufmännischen Kontokorrentverkehres.
Weiterführende Informationen
Literatur
- WEBER, Berner Kommentar, N 13 zu OR 85
- ZELLWEGER-GUTKNECHT, Berner Kommentar, N 108 ff. zu OR 124
Judikatur
- ZR 85 (1986) Nr. 126 315 f.
- BGE 4A_17/2013, Erw. 3.1
- BGE 4A_285/2001, Erw. 3.1