Fälligkeit als Abgrenzungskriterium?
Über das Vermögen des Privatschuldners A. wurde am 14.12.2015, während laufendem Lohnpfändungsverfahren, der Konkurs eröffnet. Am 15.12.2015 überwies der Arbeitgeber dem Betreibungsamt Thal-Gäu den über dem betreibungsrechtlichen Existenzminimum von CHF 2‘500 liegenden Dezemberlohn und den ganzen 13. Monatslohn. Darüber beschwerte sich A. bei der Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn.
Es stellte sich die Frage, ob der Geldbetrag dem Konkursamt oder dem Privatschuldner bzw. Beschwerdeführer A. zu überweisen sei. Vom 13. Monatslohn waren ca. 95,8 % vor Konkurseröffnung erarbeitet worden. Angesichts der unklaren Gesetzesterminologie („verdienen“, „zufallen“, „beziehen“, „erwerben“) rechtfertige es sich, so die Aufsichtsbehörde, auf das klare Kriterium der Fälligkeit abzustellen. Die Fälligkeit bedeute, dass der Gläubiger zu diesem Zeitpunkt die Leistung verlangen dürfe. Davon zu unterscheiden sei die Erfüllbarkeit. Oft dürfe der Schuldner die Leistung auch schon vorher erbringen. Deshalb, und weil der Entscheid über die Admassierung nicht dem Betreibungs-, sondern alleine dem Konkursamt zustehe, wurde die Beschwerde des A. gutgeheissen und das Betreibungsamt angewiesen, die mit Beschlag belegte pfändbare Quote des Lohns für den Monat Dezember 2015 und den 13. Monatslohn dem Beschwerdeführer A. auszubezahlen.
Anmerkung der Redaktion:
Aus den Erwägungen des Solothurner Entscheids ist nicht ersichtlich, wann, d.h. vor oder nach Konkurseröffnung, die Fälligkeit der Lohnforderungen in concreto eintrat. Die Fälligkeit dürfte aufgrund der engen Daten- bzw. Überweisungslage vor der Konkurseröffnung eingetreten sein, was eher für eine Admassierung der Konkursmasse sprechen würde, unabhängig davon, dass die „Fälligkeit“ als Abgrenzungskriterium Sinn machen könnte.
Hinweis der Redaktion:
Das Bezirksgericht Zürich hatte 2011 in einem ähnlich gelagerten Fall anders entschieden: Es gestand dem Schuldner nur die Anteile am Lohn und am 13. Monatslohn zu, die sich auf die Zeit nach Konkurseröffnung bezogen hatten (publiziert in: ZR 110 (2011) Nr. 63 S. 195 f.):
„Art. 93 und 191 SchKG
Wirkung des sog. Privatkonkurses auf den in einer laufenden Einkommenspfändung gepfändeten Lohn. Erfolgt der Privatkonkurs während einer bereits laufenden Einkommenspfändung, hat der Schuldner nur Anspruch auf Auszahlung desjenigen (proportionalen) Lohnanteils, welchen er nach Eröffnung des Privatkonkurses verdient hat. Auch der Anteil des 13. Monatslohns wird proportional berechnet, allerdings im Hinblick auf das gesamte Jahr.“
Quelle
Urteil der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn vom 04.02.2016 (SCBES.2016.1)
Art. 197 SchKG A. Konkursmasse / 1. Im allgemeinen
A. Konkursmasse
1. Im allgemeinen
1 Sämtliches pfändbare Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Konkurseröffnung gehört, bildet, gleichviel wo es sich befindet, eine einzige Masse (Konkursmasse), die zur gemeinsamen Befriedigung der Gläubiger dient.
2 Vermögen, das dem Schuldner vor Schluss des Konkursverfahrens anfällt, gehört gleichfalls zur Konkursmasse.
Art. 199 SchKG A. Konkursmasse / 3. Gepfändete und arrestierte Vermögenswerte
3. Gepfändete und arrestierte Vermögenswerte
1 Gepfändete Vermögensstücke, deren Verwertung im Zeitpunkte der Konkurseröffnung noch nicht stattgefunden hat, und Arrestgegenstände fallen in die Konkursmasse.
2 Gepfändete Barbeträge, abgelieferte Beträge bei Forderungs- und Einkommenspfändung sowie der Erlös bereits verwerteter Vermögensstücke werden jedoch nach den Artikeln 144-150 verteilt, sofern die Fristen für den Pfändungsanschluss (Art. 110 und 111) abgelaufen sind; ein Überschuss fällt in die Konkursmasse.