Allgemeines
Grundsatz
Die Konkursmasse stellt das Vermögen des privaten Gemeinschuldners per Konkurseröffnung dar. Die Masse umfasst die eigenen Gegenstände sowie jene, die in der Verfügungsgewalt des Gemeinschuldners bei Konkurseröffnung stehen.
Vermögenswerte, die nicht pfändbar wären
In die Konkursmasse fallen nur Vermögenswerte des Schuldners, die gemäss den allgemeinen Kriterien von Art. 91–93 SchKG pfändbar sind:
- Analog der Betreibung auf Pfändung können die Vermögenswerte des Schuldners im Konkurs nur mit Beschlag belegt werden, soweit sie verwertbar sind.
- Die Vermögenswerte, welche nach Art. 93 SchKG (aus sozialen Gründen) nicht gepfändet werden dürfen, können auch nicht in die Konkursmasse fallen.
Daher werden dem Gemeinschuldner, ausser der in Art. 92 SchKG aufgeführten Vermögenswerte, die dem Schuldner zur freien Verfügung überlassen, aber dennoch im Konkursinventar aufgeführt werden mit der Anmerkung, dass sie dem Schuldner als Kompetenzstücke überlassen werden (vgl. Art. 224 SchKG), die Einkünfte überlassen, die für ihn und seine Familie unentbehrlich sind.
Anfallende Vermögenswerte
Nach Ansicht des BGer ist unter dem Ausdruck «anfallen» ein Vermögenserwerb zu verstehen, der nicht auf die persönliche Tätigkeit des Erwerbers zurückzuführen ist, sodass das gesamte Nettovermögen, das auf anderem Wege (zum Beispiel Erbgang, Schenkung, Lotterietreffer) in seinen Besitz gelangt ist, in die Masse fällt (vgl. BGE 72 III 83, Erw. 3 = Pra 35 Nr. 184).
Konkursmasse im Allgemeinen (SchKG 197)
Sämtliches pfändbare Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Konkurseröffnung gehört, bildet, gleichviel wo es sich befindet, eine einzige Masse (Konkursmasse), die zur gemeinsamen Befriedigung der Gläubiger dient.
Vermögen, das dem Schuldner vor Schluss des Konkursverfahrens anfällt, gehört gleichfalls zur Konkursmasse.
Literatur
- GILLIÉRON, N. 46 ff. zu Art. 197 SchKG
- CR LP-ROMY, N. 6 zu Art. 197 SchKG
- CR LP-VOUILLOZ, N. 2 und 4 zu Art. 224 SchKG
Judikatur
- Analoge Anwendung der Pfändungsregeln von SchKG 92 + 93
- BGE 118 III 43, Erw. 2
- BGE 117 III 20, Erw. 4
- BGE 71 III 140
- BGer 5C.180/1996 vom 15.05.1997, Erw. 2b
- BGer C.349/1987 vom 26. November 1987 Erw. 2a
- «Anfallende» Vermögenswerte
- BGE 72 III 83, Erw. 3 = Pra 35 Nr. 184
Weiterführende Informationen
Lohn und andere berufliche Einkünfte
Nach konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGer) fällt dem Gemeinschuldner der Arbeitslohn und sonstiges Erwerbseinkommen nicht im Sinne von Art. 197 Abs. 2 SchKG an und ist daher dem Konkursbeschlag entzogen:
- Über seinen Lohn kann der Gemeinschuldner somit trotz des Konkurses grundsätzlich weiterhin frei verfügen, und die Gläubiger, deren Forderungen aus der Zeit vor der Konkurseröffnung stammen, haben kein Recht, auf dieses Aktivum zuzugreifen (vgl. BGE 121 III 382, Erw. 2 und weitere Entscheide, siehe unten).
- Diese Regelung ermöglicht es dem Schuldner, sich schon während des Konkursverfahrens eine neue Existenz aufzubauen (vgl. BGE 72 III 83, Erw. 4 = Pra 35 Nr. 184).
- Gleiches gilt auch für vor der Konkurseröffnung ausbezahltes Kapital aus dem Vorsorgekonto 3a (vgl. BGer 5A_385/2022 vom 01.9.2022 = BGE 149 III 28 ff.)
Literatur
- Gilliéron, N. 25 ff. zu Art. 197 SchKG
- CR LP-Romy, N. 28 zu Art. 197 SchKG
- Schober, in: SK Kommentar, 4. Aufl. 2017, N. 8 zu Art. 197 SchKG
- BSK SchKG I-Hunkeler, N. 87 zu Art. 197 SchKG
- Kren Kostkiewicz, in: Kurzkommentar SchKG, 2. Aufl. 2014, N. 21 zu Art. 197 SchKG
Judikatur
- Lohn
- BGE 121 III 382, Erw. 2
- BGE 114 III 26, Erw. 1a = Pra 78 Nr. 179
- BGE 114 III 40, Erw. 2 = Pra 78 Nr. 180
- BGE 111 III 73, Erw. 3b = Pra 75 Nr. 41
- BGE 109 III 80, Erw. 2a
- BGer 5P.426/2002 vom 17.01.2003, Erw. 2.2 = Pra 2003 Nr. 170
- Motiv des Gesetzgebers (neuer Existenzaufbau des Gemeinschuldners)
- BGE 72 III 83, Erw. 4 = Pra 35 Nr. 184
- Ausbezahltes Kapital aus dem Vorsorgekonto 3a
- BGer 5A_385/2022 vom 01.9.2022 = BGE 149 III 28 ff. (keine Admassierung)
Weiterführende Informationen
Lebensversicherungen
Admassierung von Lebensversicherungsansprüchen des Schuldners, wenn die Konkursverwaltung die Begünstigung von Dritten bestreiten will: VVG 79 f. (BGE 105 III 133).
Verlustschein und Versicherungsnehmer-Eintritt
Es treten an die Stelle des Schuldners und Versicherungsnehmers die Ehefrau oder die Nachkommen,
- die aus einem Lebensversicherungsvertrag begünstigt sind,
- sofern sie dies nicht ausdrücklich ablehnen.
Vgl. VVG 81.
Anteil an einem unverteilten Gemeinschaftsvermögen
Die vermögenswerten Ansprüche des Gemeinschuldners kann sich auch auf Anteile an einem Gemeinschaftsvermögen erstrecken. Denkbar sind
- Anteil an einer unverteilten Erbschaft (BGE 96 III 10, 105 III 56)
- Anteil an einer
- Einfachen Gesellschaft
- Kollektivgesellschaft
- Kommanditgesellschaft
- Gesamteigentum, Miteigentum (BGE 96 III 24).
Die Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen hat nach der VVAG des Schweiz. Bundesgerichts zu erfolgen. Admassierungsfähig ist nur das Liquidationsergebnis!
Weiterführende Informationen
Während des Konkursverfahrens anfallendes Vermögen
Vermögen, welches dem Schuldner während des Konkursverfahrens anfällt, gehört zur Konkursmasse (vgl. SchKG 197 Abs. 2).
Zur Masse werden gezogen, Vermögenswerte, die vor dem Schluss des Konkursverfahrens anfalle, wie:
- Der Erbanteil am Nachlass eines Elternteils
- eine Schenkung, die der Pate vornimmt, weil er die schlechte finanzielle Verfassung seines Patenkindes bzw. des Schuldners erfahren hat
- eine Integritätsentschädigung aus einem Autounfall
- ein Lotteriegewinn.