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Erbrecht

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Widerstand gegen Erbrechtsrevision wegen fehlender Übergangsbestimmungen

Datum:
06.03.2020
Rubrik:
Gesetzgebung
Rechtsgebiet:
Erbrecht
Stichworte:
Härtefallregelung, Nachkommen
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

ZGB 457 – ZGB 640

Einleitung

Erinnerlich hat der Bundesrat in seinem Bericht «Modernisierung des Familienrechts» vom 25.02.2015 aufgezeigt, dass das geltende Familienrecht die gesellschaftlichen Realitäten nicht mehr genügend widerspiegle. Auch das Erbrecht werde den heute vielfältigen Lebensformen nicht mehr gerecht. Der Bundesrat schlage deshalb vor, das Erbrecht flexibler auszugestalten:

  • Der Erblasser solle über einen grösseren Teil seines Vermögens frei verfügen können, nämlich durch Senkung der Pflichtteilsquoten
  • Der Erblasser solle beispielsweise auch stärker begünstigen können:
    • den faktischen Lebenspartner
    • die Stiefkinder
    • etc.

Gesetzgebungsstand

Der Ständerat hat die Revision in der Herbstsession 2019 gutgeheissen. Auch die zuständige Rechtskommission des Nationalrats (RK-NR) sprach sich im Oktober 2019 deutlich für die Vorlage des Bundesrats aus.

Vorgesehen war, dass sich der Nationalrat in der Wintersession 19/20 der Vorlage annehmen würde. Die Beratungen wurden nun mehrmals verschoben. Angesetzt ist neu eine Sondersession im Mai 2020.

Kritikpunkte

Die Praktiker, d.h. Anwälte und Nachlassplaner, kritisieren die Revisionsvorlage und machen geltend, der Gesetzesvorschlag enthalte erhebliche Schwachpunkte:

Die umstrittenen Punkte betreffen:

Übergang vom alten zum neuen Recht nicht geregelt

Anders als bei sonstigen Gesetzesrevisionen üblich, sind für den Übergang vom alten zum neuen Erbrecht keine Übergangsbestimmungen vorgesehen:

  • Der Bundesrat möchte, dass der Todes-Zeitpunkt entscheidet
  • Stirbt jemand unter altem Erbrecht, soll dieses Anwendung finden, andernfalls das neue Recht.

Keine Respektierung des unter altem Recht geäusserten Erblasserwillens

Die vorerwähnte Übergangsmethode missachtet den letzten Willen des Erblassers und sein Vertrauen ins geltende Recht, unter dem er seine Erbfolge geregelt hat.

Erbstreitigkeiten wären vorprogrammiert.

Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit

Der Verzicht auf Übergangsbestimmungen verletzt den Grundsatz der Rechtssicherheit.

Das Vertrauen des potentiellen Erblassers in den Bestand der von ihm, möglicherweise unter Einbezug seiner (Pflichtteils-)Erben, gewählten Nachlassplanung würde so aufs massivste enttäuscht.

Überprüfungsbedarf?

Die fehlende Übergangsregelung hätte zur Folge, dass jede bestehende Nachlassplanung überprüft und, wenn nötig, angepasst werden müsste.

Besonders stossend wären die Fälle, wo der potentielle Erblasser nicht mehr testierfähig ist oder keine Kenntnis vom Anpassungsbedarf hat. Bei Erbverträgen könnte es sein, dass entweder ein Vertragspartner bereits vorverstorben ist und das vertragliche Regelwerk daher schwebend ist, also gar nicht angepasst werden kann, oder die lebenden Erbvertragspartner nicht zu einer Anpassung bereit sind.

Wie weiter?

Erstaunlicherweise wurden die Übergangsbestimmungen im Parlament weggelassen, weil keine vernünftige Lösung gefunden werden konnte.

In der Rechtskommission des Ständerates (RK-SR) hatte man sich offenbar überlegt, ob das alte Recht in jenen Fällen, in denen über den Nachlass bereits verfügt worden sei, weiterhin angewandt werden könnte. Die dazu konsultierten Experten seien aber zum Schluss gelangt, dass eine solche Übergangsregelung mehr Nachteile als Vorteile bringe.

Die Praktiker hoffen nun auf den Zweitrat und darauf, dass die Rechtskommission des Nationalrats noch einmal über die Bücher will.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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