Einleitung
2005 wurde der Führerausweis auf Probe (3-jährige Probezeit) in der Schweiz eingeführt.
In der Bevölkerung und vor allem bei angehenden Fahrzeuglenkern sind die Zulassungsvoraussetzungen bestens bekannt.
Weniger bekannt sind hingegen die Folgen des noch jungen Systems bei Verkehrsregelverletzungen.
Jugendlicher Übermut
Junglenker sind erst nach den Regelverstössen überrascht, dass sie sich durch jugendlichen Fahrübermut wie Geschwindigkeitsüberschreitungen, Überschätzung ihrer Fahrkenntnisse usw., ihren fahrerischen Leumund für die Zukunft beschädigt haben, und zwar so stark, dass sie möglichweise länger nicht mehr oder nie mehr fahren dürfen. Es fehlt ihnen das rechtliche Wissen zu den Sanktionen.
Sie bedenken nicht, dass die Strasse keine Spielwiese ist und, dass aus lässigen Situationen bald einmal bitterer Ernst, auch mit Personenschaden, werden kann.
Dabei geht es oft um Gruppendynamik unter mehreren mitfahrenden Jugendlichen, um Selbstbestätigung und fehlende Fahrerfahrung, zB mit leistungsstarken Fahrzeugen.
Vom Führerausweis auf Probe zum unbefristeten Führerausweis
Gemäss SVG 15a (siehe Box unten) wird ein erstmals ausgestellter Führerausweis für ein Motorrad oder ein Motorfahrzeug auf Probe erteilt.
Die Probezeit dauert drei Jahre.
Erst nach erfolgreichem Abschluss der erforderlichen Zwei-Phasen-Ausbildung (seit 01.01.2020 ein Tag) wird ein Führerschein mit unbegrenzter Gültigkeitsdauer ausgestellt.
SVG-Verstösse
Der Entzug des Führerscheins auf Probe kann schneller und unerwarteter eintreten als der Junglenker dies erwartet!
Was geschieht bei einem Verstoss gegen die Strassenverkehrsregeln, wenn der Führerschein auf Probe entzogen wurde?
Eine Vielzahl von Ursachen bzw. Strassenverkehrsregel-Verletzungen können zu einem Führerausweisentzug führen:
- Fahren mit übersetzter Geschwindigkeit
- Überfahren des Rotlichts
- Fahren in fahrunfähigem Zustand
- Fahren unter Alkoholeinfluss
- Fahren unter Drogen (Betäubungsmittel)
- Unfall / Raserunfall
- Ablenkung am Steuer
- Gucklochfahren
- Rückwärtsfahren auf der Autobahn, Nichthupen bei Gefahr
- Wenden in Gegenverkehrsbereich einer Autobahnbaustelle
- Verkehrsregelverletzung im Ausland
- etc.
Sanktionssystem (Strafe + Administrativmassnahme)
Eine Verkehrsregelverletzung zieht grundsätzlich – auch für Fahrzeuglenker mit definitivem Fahrausweis – in beachtlichen Fällen meistens zwei Sanktionen nach sich:
- Strafrecht (Strafbefehl der Anklagebehörde oder bei Anklage Entscheid Strafrichters)
- Geringfügiges Delikt
- Ordnungsbussenverfahren
- Wesentlicheres Delikt
- Ordentliches Strafverfahren
- Geringfügiges Delikt
- Administrativverfahren (Verzeigung beim Amt für Administrativmassnahmen (AMA))
- Nach der Schwere der Verkehrsregelverletzung werden drei Unterscheidungsgruppen unterschieden:
- Leichte Widerhandlung
- Mittelschwere Widerhandlung
- Schwere Widerhandlung
- Nach der Schwere der Verkehrsregelverletzung werden drei Unterscheidungsgruppen unterschieden:
Vgl. hiezu:
Anwendungsbeispiel
Zur Veranschaulichung sei der Sachverhalt aus folgendem Beispiel wiedergegeben:
- Junglenker
- Führerschein auf Probe
- Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts
- Erlaubt: 50 km/h
- Geschwindigkeitsüberschreitung nach Toleranzabzug: 16 km/h
- Qualifikation: geringfügige Widerhandlung
- Administrativmassnahmenregister: Eintrag von früher
- Vormerkung eines Führerausweisentzugs wegen eines mittelschweren Vergehens
- Wiederum nicht eine schwere Widerhandlung (Geschwindigkeitsdelikt, begangen im jugendlichen Leichtsinn»)
- Gleichzeitig wurde, wie gesetzlich vorgeschrieben, die Probezeit um ein Jahr verlängert (SVG 15a Abs. 3; siehe auch Box unten)
- Behandlung durch die Behörden, in dem Zeitpunkt, als sich die Behörden mit dem zweiten Delikt befassen mussten
- Folgen des wiederholten Entzugs des Führerausweises auf Probe
- Gemäss SVG 16 Abs. 2 (siehe Box unten) wird einem Lenker, der in den vorhergehenden zwei Jahren nach einem leichten Vergehen den Führerausweis verlor oder von einer anderen administrativen Massnahme betroffen war (SVG 16 Abs. 2), der Lernfahrausweis definitiv entzogen
- Das neuerliche Vergehen führte angesichts des rechtlichen Kaskadensystems und des beeinträchtigten fahrerischen Leumunds (erster Ausweisentzug) zu einem erneuten Entzug des Führerscheins
- Der Junglenker wurde während der Probezeit (für ein mittelschweres /ergehen und ein darauffolgendes leichtes Vergehen) mit zwei Führerscheinentzügen konfrontiert
- Aufgrund von SVG 15a Abs. 4 (siehe Box unten) verfiel in diesem Fall der Führerschein auf Probe zwingend
- Erneute Erteilung einer Fahrerlaubnis?
- Der „Verfall des Führerscheins auf Probe“ hatte für den Junglenker schwerwiegende Folgen:
- Beantragung eines neuen Lernfahrausweise erst bei Erreichen folgender Voraussetzungen
- Ablauf eines Jahres
- Fahreignungsuntersuchung (psychologischen Gutachten) und Vorlage einer Bescheinigung über die Fahreignung (vgl. SVG 15d)
- Ablegen und Bestehen der Fahrprüfung
- Führerschein auf Probe, wiederum für drei Jahre.
- Beantragung eines neuen Lernfahrausweise erst bei Erreichen folgender Voraussetzungen
- Der „Verfall des Führerscheins auf Probe“ hatte für den Junglenker schwerwiegende Folgen:
Fazit
Angesichts dieser speziellen Regelung des Zwei-Phasen-Führerscheins sollten alle Junglenker sorgsam mit ihrem Probe-Führerschein umgehen.
Quelle
LawMedia Redaktionsteam
Art. 15a SVG Führerausweis auf Probe
Führerausweis auf Probe
1 Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
2 Er wird erteilt, wenn der Bewerber:
a. die vorgeschriebene Ausbildung besucht hat; und
b. die praktische Führerprüfung bestanden hat.
2bis Inhaber des Führerausweises auf Probe müssen Weiterbildungskurse besuchen. Die Kurse sollen die Erkennung und Vermeidung von Gefahren und umweltschonendes Fahren vermitteln und sind in erster Linie praktisch auszurichten. Der Bundesrat legt Inhalt und Form der Weiterbildungskurse fest.3
3 Wird dem Inhaber der Ausweis auf Probe wegen einer Widerhandlung entzogen, so wird die Probezeit um ein Jahr verlängert. Dauert der Entzug über die Probezeit hinaus, so beginnt die Verlängerung mit der Rückgabe des Führerausweises.
4 Der Führerausweis auf Probe verfällt mit der zweiten Widerhandlung, die zum Entzug des Ausweises führt.
5 Ein neuer Lernfahrausweis kann frühestens ein Jahr nach Begehung der Widerhandlung und nur auf Grund eines verkehrspsychologischen Gutachtens erteilt werden, das die Eignung bejaht. Diese Frist wird um ein Jahr verlängert, wenn die betroffene Person während dieser Zeit ein Motorrad oder einen Motorwagen geführt hat.
6 Nach erneutem Bestehen der Führerprüfung wird ein neuer Führerausweis auf Probe erteilt.
Art. 15b SVG Definitiver Führerausweis
Definitiver Führerausweis
1 Der definitive Führerausweis wird erteilt, wenn der Bewerber:
a. die vorgeschriebene Ausbildung besucht hat; und
b. die praktische Führerprüfung bestanden hat.
2 Für Inhaber des Führerausweises auf Probe wird der definitive Führerausweis erteilt, wenn die Probezeit abgelaufen ist und der Inhaber die vorgeschriebenen Weiterbildungskurse besucht hat.
Art. 15c Gültigkeitsdauer der Führerausweise
Gültigkeitsdauer der Führerausweise
1 Führerausweise sind grundsätzlich unbefristet gültig.
2 Der Bundesrat kann für Personen mit Wohnsitz im Ausland Ausnahmen vorsehen.
3 Die kantonale Behörde kann die Gültigkeitsdauer befristen, wenn die Fahreignung einer Person wegen bestehender Beeinträchtigungen häufiger kontrolliert werden muss.
Art. 15d SVG Abklärung der Fahreignung oder der Fahrkompetenz
Abklärung der Fahreignung oder der Fahrkompetenz
1 Bestehen Zweifel an der Fahreignung einer Person, so wird diese einer Fahreignungsuntersuchung unterzogen, namentlich bei:
a. Fahren in angetrunkenem Zustand mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Gewichtspromille oder mehr oder mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg Alkohol oder mehr pro Liter Atemluft;
b. Fahren unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln oder bei Mitführen von Betäubungsmitteln, die die Fahrfähigkeit stark beeinträchtigen oder ein hohes Abhängigkeitspotenzial aufweisen;
c. Verkehrsregelverletzungen, die auf Rücksichtslosigkeit schliessen lassen;
d. Meldung einer kantonalen IV-Stelle nach Artikel 66c des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung;
e. Meldung eines Arztes, dass eine Person wegen einer körperlichen oder psychischen Krankheit, wegen eines Gebrechens oder wegen einer Sucht Motorfahrzeuge nicht sicher führen kann.
2 Die kantonale Behörde bietet Personen ab dem vollendeten 75. Altersjahr alle zwei Jahre zu einer vertrauensärztlichen Untersuchung auf. Sie kann das Intervall für die Untersuchung verkürzen, wenn die Fahreignung einer Person wegen bestehender Beeinträchtigungen häufiger kontrolliert werden muss.
3 Ärzte sind in Bezug auf Meldungen nach Absatz 1 Buchstabe e vom Berufsgeheimnis entbunden. Sie können die Meldung direkt an die zuständige kantonale Strassenverkehrsbehörde oder an die Aufsichtsbehörde für Ärzte erstatten.
4 Auf Ersuchen der IV-Stelle teilt die kantonale Behörde dieser mit, ob eine bestimmte Person einen Führerausweis besitzt.
5 Bestehen Zweifel an der Fahrkompetenz einer Person, so kann diese einer Kontrollfahrt, einer Theorieprüfung, einer praktischen Führerprüfung oder einer andern geeigneten Massnahme wie einer Aus- oder Weiterbildung oder einer Nachschulung unterzogen werden.
Art. 15e SVG Sperrfrist nach Fahren ohne Ausweis
Sperrfrist nach Fahren ohne Ausweis
1 Wer ein Motorfahrzeug geführt hat, ohne einen Führerausweis zu besitzen, erhält während mindestens sechs Monaten nach der Widerhandlung weder Lernfahr- noch Führerausweis. Erreicht die Person das Mindestalter erst nach der Widerhandlung, so beginnt die Sperrfrist ab diesem Zeitpunkt.
2 Wurde auf der Fahrt zusätzlich der Tatbestand des Artikels 16c Absatz 2 Buchstabe abis erfüllt, beträgt die Sperrfrist zwei Jahre, im Wiederholungsfall zehn Jahre.
Art. 16 SVG Entzug der Ausweise
Entzug der Ausweise
1 Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden.
2 Nach Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften, bei denen das Verfahren nach dem Ordnungsbussengesetz vom 24. Juni 1970 ausgeschlossen ist, wird der Lernfahr- oder Führerausweis entzogen oder eine Verwarnung ausgesprochen.
3 Bei der Festsetzung der Dauer des Lernfahr- oder Führerausweisentzugs sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, namentlich die Gefährdung der Verkehrssicherheit, das Verschulden, der Leumund als Motorfahrzeugführer sowie die berufliche Notwendigkeit, ein Motorfahrzeug zu führen. Die Mindestentzugsdauer darf jedoch nicht unterschritten werden, ausser wenn die Strafe nach Artikel 100 Ziffer 4 dritter Satz gemildert wurde.34
4 Der Fahrzeugausweis kann auf angemessene Dauer entzogen werden:
a. wenn Ausweis oder Kontrollschilder missbräuchlich verwendet wurden;
b. solange die Verkehrssteuern oder -gebühren für Fahrzeuge desselben Halters nicht entrichtet sind.
5 Der Fahrzeugausweis wird entzogen, wenn:
a. die gegebenenfalls nach dem Schwerverkehrsabgabegesetz vom 19. Dezember 1997 für das Fahrzeug geschuldete Abgabe oder die geschuldeten Sicherheitsleistungen nicht bezahlt und der Halter erfolglos gemahnt worden ist; oder
b. das Fahrzeug nicht mit dem vorgeschriebenen Erfassungsgerät zur Abgabeerhebung ausgerüstet ist.