Noch zwei Differenzen zu bereinigen
Einleitung
Das beinahe hundertjährige Erbrecht soll modernisiert werden.
Wir berichteten:
Das Ziel der Erbrechtsreform ist es, den neuen Beziehungs- und Familienformen besser Rechnung tragen zu können.
Im Lebensalltag gibt es heute viele Patchworkfamilien mit Kindern des Partners oder der Partnerin, rechtlich nicht definierte Partnerschaften oder Zweit- und Drittehen.
Die Revision des Erbrechts soll die Kluft zwischen Recht und Realität reduzieren.
Nach dem Ständerat lag es nun am Nationalrat, die Vorlage zu prüfen und zu beraten.
Revision bringt keine umwerfende Novität
Am Dienstag, den 22.09.2020, hat sich nun auch der Nationalrat mit deutlicher Mehrheit für die Modernisierung des Erbrechts ausgesprochen.
Lebenspartnerinnen und -partner sollen jedoch keinen Anspruch auf Unterstützung erhalten.
Erblasser erhält mehr Freiheiten
Grundkonzept
Weiterhin wird es zwar Pflichtteile geben:
- Pflichtteil ist jener Anteil am Erbe, auf den Kinder, Ehegatten oder Eltern Anspruch haben.
Am erbrechtlichen Konzept des Pflichtteilsrechts wird nicht gerüttelt:
- Wer ein Vermögen hinterlässt, kann auch in Zukunft nur mit Einschränkungen bestimmen, wer welchen Anteil daran hält.
Neu ist aber:
- Die Erblasser können inskünftig über einen grösseren Teil des Nachlasses frei verfügen:
Nachkommen
- Allgemein
- Der Pflichtteil für die Nachkommen wird verkleinert
- Bisher
- Heute stehen Kindern vom gesetzlichen Erbteil drei Viertel als Pflichtteil zu
- Mit einem überlebenden Ehegatten müssen sie diesen Anspruch teilen
- Neu
- Der Pflichtteil der Kinder wird auf die Hälfte reduziert.
Eltern
- Der Pflichtteilsanspruch der Eltern wird ersatzlos gestrichen.
Ehegatte / eingetragener Partner
- Der Pflichtteil des Ehepartners oder des eingetragenen Partners wird bei der Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs belassen.
Das Parlament stimmte diesen Änderungen ohne grosse Diskussion zu.
Pflichtteil wie auch Rente für Lebenspartner abgelehnt
Der Bundesrat wollte eine Regelung für Lebenspartnerinnen und –partner einführen, nämlich:
- Die Sicherung des Existenzminimums mit einem Unterstützungsanspruch, sofern das Paar mindestens fünf Jahre zusammengelebt hat.
Der Nationalrat strich nun mit 94 zu 90 Stimmen bei 2 Enthaltungen diese Regelung und folgte damit dem Ständerat.
Trifft der Erblasser keine Anordnungen wie Erbeinsetzung und / oder Vermächtnis zugunsten des Lebenspartners, geht dieser auch inskünftig leer aus.
Zwei Differenzen
Die Beratung und Beschlüsse im Nationalrat haben zwei Pendenzen ergeben, die mit dem Ständerat zu bereinigen sind:
- Ableben eines Ehegatten während der Ehescheidung
- Der überlebende Ehegatte soll keinen Pflichtteilsanspruch geltend machen können, wenn der andere Ehepartner während des Scheidungsverfahrens stirbt:
- In solchen Fällen sollen die Pflichtteile gelten, wie wenn der Erblasser nicht verheiratet wäre.
- Der überlebende Ehegatte soll keinen Pflichtteilsanspruch geltend machen können, wenn der andere Ehepartner während des Scheidungsverfahrens stirbt:
- Ehegüterrecht
- Der Nationalrat schlägt auch beim Ehevertrag Detailänderungen vor.
Abstimmungs-Ergebnis
In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat die Vorlage mit 140 zu 48 Stimmen bei einer Enthaltung an.
Differenz-Bereinigung
Die Revisions-Vorlage geht nun zurück an den Ständerat.
Der Ständerat wird voraussichtlich in der Wintersession über die verbleibenden zwei Differenzen beraten.
Quelle
LawMedia Redaktionsteam