OR 716a Abs. 1 Ziffer 1
Einleitung
Im Rahmen einer Arbeitsstreitigkeit, bei der der Kläger fristlos entlassen wurde, weil er eigenmächtig das Logo der Beklagten geändert hatte, indem er ein in der Unternehmensgruppe bereits verwendetes Logo ebenfalls für die Beklagte benutzte, war zu entscheiden, in wessen Kompetenz eine Logoänderung fällt.
Prozess-History
Der Instanzenzug wurde zweimal durchlaufen:
- hiezu: lit. B.a., B.b., B.c., lit. C. und lit. D. von BGer 4A_349/2017.
Erwägungen des Bundesgerichts
Das Bundesgericht erwog dabei folgendes:
„… Eine Logoänderung zieht erhebliche Auswirkungen nach sich und ist mit beträchtlichen Kosten verbunden. Wie der Beschwerdegegner selbst eingesteht, ist das Logo einer Gesellschaft denn auch Teil ihrer Corporate Identity. Der Vorinstanz ist insoweit zu folgen, als sie ausführt, das Logo betreffe nicht alle Aspekte der Corporate Identity. Entgegen ihrer Ansicht beschlägt es indessen keinen untergeordneten, sondern einen wesentlichen Teil der Corporate Identity; tritt eine Gesellschaft doch unter diesem Zeichen im Verkehr gegen innen und aussen auf. Sie wird unter diesem Zeichen von den Personen, mit denen sie in Kontakt tritt, wahrgenommen und identifiziert. Die Gestaltung ihres identifizierenden Zeichens betrifft denn auch die Gesellschaft als Ganzes. Der Entscheid bezüglich Änderung des Logos stellt keine bloss operative Geschäftsführungsaufgabe dar, welche an den Beschwerdegegner hätte übertragen werden können (vgl. Art. 716b OR). Es handelt sich vielmehr um einen strategischen Unternehmensentscheid, der unter die Oberleitung der Gesellschaft im Sinne von Art. 716a Abs. 1 Ziff. 1 OR fällt und dem Gesamtverwaltungsrat nicht entzogen werden kann.“
„… Entgegen der Ansicht der Vorinstanz stand es dem gesamten Verwaltungsrat als zuständiges Organ zu, die Art des Auftretens der Gesellschaft zu bestimmen. Dieses Organ (und weder der Beschwerdegegner noch die Vorinstanz) ist kompetent darüber zu befinden, ob ein Wechsel des Logos wirtschaftlich begründet erscheint. Der Beschwerdegegner als ein Mitglied des Verwaltungsrats der Beschwerdeführerin – und sei es als deren Präsident – war nicht befugt, allein über die Logoänderung zu entscheiden. Es hätte an ihm gelegen, eine Sitzung einzuberufen (Art. 715 OR), sodass der Verwaltungsrat … darüber hätte abstimmen können. …“
Entscheid
- Die Beschwerde wird gutgeheissen, die Entscheide des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 3. März 2011, vom 25. Februar 2014 und vom 29. November 2016 werden aufgehoben und die Klage des Beschwerdegegners wird abgewiesen.
- Die Gerichtskosten von Fr. 6’000.– für das bundesgerichtliche Verfahren werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
- Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 7’000.– zu entschädigen.
- Die Sache wird zur Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen für das kantonale Verfahren an das Obergericht des Kantons Thurgau zurückgewiesen.
- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
Quelle
BGer 4A_349/2017 vom 23.01.2018