StPO 168 Abs. 1 lit. a
Sachverhalt
Ein Mann, der sich als erfolgreicher Chirurg ausgab, war mit mehreren Frauen gleichzeitig liiert und motivierte diese, ihm grössere Beträge auszuhändigen oder auf sein Konto zu überweisen. Er baute zu diesen Frauen ein Vertrauensverhältnis auf und erwirkte so relativ regelmässige Einkünfte, die er für seinen persönlichen Unterhalt verwendete.
In einem der Strafverfahren machte der Mann geltend, die polizeiliche Befragung des Opfers B.________ vom 16.12.2015 sei nicht verwertbar, weil sie nicht auf ihr Aussageverweigerungsrecht als Zeugin gemäss StPO 168 Abs. 1 lit. a hingewiesen worden sei, obwohl sie im Zeitpunkt der Befragung in einer faktischen Lebensgemeinschaft mit ihm gelebt habe. Ihre Aussagen bei der Polizei seien gemäss StPO 177 Abs. 3 nicht verwertbar.
Erwägungen
Nach StPO 168 Abs. 1 lit. a kann eine Person, die mit einem Beschuldigten eine faktische Lebensgemeinschaft führt, das Zeugnis grundsätzlich verweigern:
- Um sich darauf berufen zu können, muss die Lebensgemeinschaft aber zum Zeitpunkt der Zeugeneinvernahme bestehen.
Da der Mann selber erklärte, sie seien ein Paar auf Wohnungssuche gewesen, war eine hinreichend lange dauernde Gemeinschaft nicht gegeben. Auch in Anbetracht der eingangs erwähnten gesamten Umstände war das Bestehen einer faktischen Lebensgemeinschaft zu verneinen:
- ________ konnte sich nicht auf das Zeugnisverweigerungsrecht gemäss StPO 168 Abs. 1 lit. a berufen, weshalb sie nicht darauf hingewiesen werden musste
Die Aussagen von B.________ anlässlich der polizeilichen Befragung vom 16.12.2015 waren folglich verwertbar.
Hinsichtlich weiterer Schutzbehauptungen und Beschwerdebegründungen des Mannes wird auf das Bundesgerichtsurteil verwiesen.
Entscheid
Die Beschwerde war abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden konnte.
Quelle
BGer 6B_967/2019 vom 07.05.2020