OR 336, OR 336a + OR 336b
Einleitung
In Arbeitsrechtsstreitigkeiten stellt sich immer wieder die Frage nach der Gültigkeit einer missbräuchlichen Kündigung und eines interessewahrenden Vorgehens.
Agenda
- Einleitung
- Definition der missbräuchlichen Kündigung
- Voraussetzungen für die Geltendmachung
- Missbräuchlichkeit / Entschädigungsanspruch
- Arten von missbräuchlichen Kündigungen
- Entschädigungsanspruch
- Gültigkeit einer missbräuchlichen Kündigung?
- Einsprache
- Allgemeines
- Frist
- Nachweis
- Entschädigungsklage
- Allgemeines
- Frist
- Prozessführung
- Fazit
Definition der missbräuchlichen Kündigung
- Eine Kündigung ist missbräuchlich, wenn sie aus einem der Gründe ausgesprochen wird, die in OR 336 aufgeführt sind, wobei die Auflistung nicht abschliessend ist.
Voraussetzungen für die Geltendmachung
- Die Geltendmachung einer missbräuchlichen Kündigung setzt dreierlei voraus:
- Missbräuchlichkeit / Entschädigungsanspruch
- Einsprache
- Entschädigungsklage
Missbräuchlichkeit / Entschädigungsanspruch
- Arten von missbräuchlichen Kündigungen
- Subjektiv
- In der Regel wird von einer missbräuchlichen Kündigung des Arbeitgebers gesprochen.
- Es ist aber auch die missbräuchliche Kündigung des Arbeitnehmers denkbar (vgl. OR 336 Abs. 1, welcher für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gilt).
- Vgl. hiezu
- Bei den nachfolgenden Ausführungen wird vom Fall der missbräuchlichen Arbeitgeberkündigung ausgegangen.
- Objektiv
- Das Gesetz listet in OR 336 eine Reihe von missbräuchlichen Kündigungsgründen auf.
- Beispiele der Kündigungsgründe:
- Rachekündigung (zB wegen Betriebsmängel-Hinweisen des Arbeitnehmers)
- Vereitelung von Arbeitnehmeransprüchen (zB Vermeidung einer Bonuspflicht)
- Gewerkschaftliche Betätigung des Arbeitnehmers
- Vgl.
- die Aufzählung in
- die Box unten mit Wiedergabe von OR 336
- Subjektiv
- Entschädigungsanspruch
- Die Partei, welche das Arbeitsverhältnis missbräuchlich kündigt, hat der anderen Partei eine Entschädigung auszurichten (vgl. OR 336a)
- Gültigkeit einer missbräuchlichen Kündigung?
- Auch bei einer missbräuchlichen Kündigung bleibt die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gültig!
Einsprache
- Allgemeines
- Der missbräuchlich gekündigte Arbeitnehmer hat – zwingend – längstens bis zum Ablauf der Kündigungsfrist beim Kündigenden Einsprache zu erheben.
- Es besteht keine Begründungspflicht.
- Frist
- Die Einsprache hat bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, d.h. spätestens bis am letzten Tag des Arbeitsverhältnisses beim Arbeitgeber eingetroffen zu sein (empfangsbedürftige Erklärung).
- Nachweis
- Der Einsprache erhebende Arbeitnehmer ist hinsichtlich der Einsprache beweisbelastet.
- Am besten erfolgt daher die Einsprache schriftlich per Einschreibebrief.
Entschädigungsklage
- Allgemeines
- Der missbräuchlich gekündigte Arbeitnehmer hat innert 180 Tagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses beim zuständigen (Arbeits-)Gericht Klage gegen den kündigenden Arbeitgeber einzureichen.
- Der missbräuchlich Gekündigte hat Anspruch auf
- eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen und
- allenfalls (zusätzlich) Schadenersatz.
- Frist
- Innert 180 Tagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (= Verwirkungsfrist; die Frist kann nicht unterbrochen werden).
- Prozessführung
- Es gelten nicht nur die allgemeinen Prozessregeln, sondern auch die für arbeitsrechtliche Streitigkeiten anwendbaren speziellen Regeln:
- die allgemeinen Prozessregeln:
- die besonderen arbeitsrechtlichen Besonderheiten:
- Es gelten nicht nur die allgemeinen Prozessregeln, sondern auch die für arbeitsrechtliche Streitigkeiten anwendbaren speziellen Regeln:
Fazit
- Werden die Einsprache und / oder Klagefrist nicht gewahrt, so verwirkt der missbräuchlich gekündigte Arbeitnehmer seinen Entschädigungsanspruch.
Kündigungsschutz
Missbräuchliche Kündigung
Grundsatz
Art. 336 OR
1 Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist missbräuchlich, wenn eine Partei sie ausspricht:
a. wegen einer Eigenschaft, die der anderen Partei kraft ihrer Persönlichkeit zusteht, es sei denn, diese Eigenschaft stehe in einem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis oder beeinträchtige wesentlich die Zusammenarbeit im Betrieb;
b. weil die andere Partei ein verfassungsmässiges Recht ausübt, es sei denn, die Rechtsausübung verletze eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis oder beeinträchtige wesentlich die Zusammenarbeit im Betrieb;
c. ausschliesslich um die Entstehung von Ansprüchen der anderen Partei aus dem Arbeitsverhältnis zu vereiteln;
d. weil die andere Partei nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht;
e. weil die andere Partei schweizerischen obligatorischen Militär- oder Schutzdienst oder schweizerischen Zivildienst leistet oder eine nicht freiwillig übernommene gesetzliche Pflicht erfüllt.
2 Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ist im Weiteren missbräuchlich, wenn sie ausgesprochen wird:
a. weil der Arbeitnehmer einem Arbeitnehmerverband angehört oder nicht angehört oder weil er eine gewerkschaftliche Tätigkeit rechtmässig ausübt;
b. während der Arbeitnehmer gewählter Arbeitnehmervertreter in einer betrieblichen oder in einer dem Unternehmen angeschlossenen Einrichtung ist, und der Arbeitgeber nicht beweisen kann, dass er einen begründeten Anlass zur Kündigung hatte;
c. im Rahmen einer Massenentlassung, ohne dass die Arbeitnehmervertretung oder, falls es keine solche gibt, die Arbeitnehmer, konsultiert worden sind (Art. 335f).
3 Der Schutz eines Arbeitnehmervertreters nach Absatz 2 Buchstabe b, dessen Mandat infolge Übergangs des Arbeitsverhältnisses endet (Art. 333), besteht so lange weiter, als das Mandat gedauert hätte, falls das Arbeitsverhältnis nicht übertragen worden wäre.
Sanktionen
Art. 336a OR
1 Die Partei, die das Arbeitsverhältnis missbräuchlich kündigt, hat der anderen Partei eine Entschädigung auszurichten.
2 Die Entschädigung wird vom Richter unter Würdigung aller Umstände festgesetzt, darf aber den Betrag nicht übersteigen, der dem Lohn des Arbeitnehmers für sechs Monate entspricht. Schadenersatzansprüche aus einem anderen Rechtstitel sind vorbehalten.
3 Ist die Kündigung nach Artikel 336 Absatz 2 Buchstabe c missbräuchlich, so darf die Entschädigung nicht mehr als den Lohn des Arbeitnehmers für zwei Monate betragen.
Verfahren
Art. 336b OR
1 Wer gestützt auf Artikel 336 und 336a eine Entschädigung geltend machen will, muss gegen die Kündigung längstens bis zum Ende der Kündigungsfrist beim Kündigenden schriftlich Einsprache erheben.
2 Ist die Einsprache gültig erfolgt und einigen sich die Parteien nicht über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, so kann die Partei, der gekündigt worden ist, ihren Anspruch auf Entschädigung geltend machen. Wird nicht innert 180 Tagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Klage anhängig gemacht, ist der Anspruch verwirkt.
Weiterführende Informationen
- Arbeitgeberkündigung
- Missbräuchliche Kündigung
- Einsprache
- Entschädigungsklage
Quelle
LawMedia Redaktionsteam