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Börsencrash: Wer auf Kredit spekulierte, lernt nun die Margin Call kennen

Datum:
09.04.2020
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Bankenrecht
Stichworte:
Lombardkredit, Margin Call
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Einleitung

Im Internet und auf Social Media werden über das «Chart of Doom» beängstigende Parallelen zwischen dem Börsencrash von 1929 und heute kolportiert. Legt man nämlich die Blaupausen der damaligen und heutigen Kursentwicklung übereinander, würden wir uns heute genau an dem Punkt des damaligen grossen Absturzes befinden.

Die Markverwerfungen sollen den Bankern Ende März / anfangs April 2020 dramatische Tage verursacht haben.

„Margin Call“ soll derzeit der in der Bankenszene meist verwendete Begriff sein.

Ursachen

Weshalb kam es so weit? Deren Gründe gibt es viele?

  • Tiefe Zinsen
  • Anhaltende Börsenhausse
  • Lombardkredit-Angebote der Banken an reiche Schweizer Wealth-Management-Kunden
  • Gelegenheit zum Nulltarif geliehenes Geld in Aktien- und anderen Anlagemärkten zu investieren
  • Leverage-Chancen
  • Gier ohne Grenzen
  • „Sport“ der reichen Bankklientel
  • Bonusaussicht der Banker bei Ausweitung des Lombardkredit-Buches

Über Jahre wurden von den Banken die Wertpapierkredite forciert und dabei propagiert, man könne über wertpapiergesicherte Kredite die Gesamtrendite des Portfolios in die Höhe schrauben.

Margin call

Offenbar ist bei bestimmten Banken ein sprunghafter Anstieg der „Margin Calls“ festzustellen. Banker wie Anleger sind verunsichert.

Es geht darum, dass Bankkunden gegen Sicherheitsbestellung, meistens in Form von Wertpapieren oder Edelmetallen, einen Bankkredit gewährt erhalten.

Die Bank bestimmt:

  • Den Verwendungszweck
    • meistens Kauf von Wertpapieren
  • die Belehnungslimite
    • zB Kassenobligationen der kreditierenden Bank: 90 % – 100 % des Nominalwertes
    • zB Mündelsichere Papiere wie
      • Erstklassige schweiz. Anleihens-Obligationen qualifizierter Schuldner: 80 % – 100 % des Nominalwertes
      • Pfandbriefe: 80 % – 100 % des Nominalwertes
    • zB Börsenkotierte Wertpapiere: 10 % –   50 % des Börsenwertes
    • zB Wertpapiere ohne regelmässigen Markt    individuelle Belehnung
    • zB Edelmetall-Barren: 70 % des Marktwertes
    • zB Edelmetall-Münzen: 50 % des Marktwertes
  • die Kreditüberwachung und die massgebenden Kriterien
  • die Kontrolle der Wertverminderung des Wertpapierdepots

Tritt eine Wertverminderung des Depots ein, hat die Bank im Rahmen einer Nachschuss-Aufforderung grundsätzlich folgende beiden Möglichkeiten, die zumeist vertraglich bestimmt sind:

  • Sicherheiten-Einlieferung
    • Aufforderung zur Kreditnachdeckung (Margin call)
      • Folge: Der Kreditschuldner hat weitere Sicherheiten zur Verfügung zu stellen
  • Kredit-Teilrückzahlung
    • Aufforderung zur Krediteindeckung
      • Folge: Der Kreditschuldner hat einen Teil der Kreditschuld zurück zu zahlen

Kommt der Bankkunde der Aufforderung zur Kreditnachdeckung (margin call) oder einer Aufforderung zur Krediteindeckung (teilweise Kreditrückzahlung) nicht nach, ist die kreditgebende Bank zur Pfandverwertung berechtigt, und zwar unabhängig vom Fälligkeitstermin der gesicherten Kreditforderung.

Gelingt es dem Kapitalanleger bzw. dem Kreditschuldner nach einer Nachschussaufforderung nicht, die verlangten Zusatzsicherheiten innert Frist bereitzustellen, wird die verpfändete Sicherheit durch Pfandverwertung liquidiert.

Dabei wird unterschieden in:

Eine Parteiabrede von Bank und Bankkunde bzw. Pfandschuldner im Kreditvertrag und/oder Pfandvertrag kann vorsehen, dass die Bank berechtigt ist, anstelle der amtlichen Zwangsvollstreckung das Pfandobjekt auf dem Wege der privaten Verwertung zu realisieren.

Die Privatverwertung hat bei stark fallenden Wertpapierkursen für die Bank den Vorteil, dass die Wertpapier-Liquidation nach einem erfolglosen „Margin Call“ ohne Weiteres erfolgen kann.

Durch den so erfolgten  Notverkauf seines Wertschriftendepots oder Teilen davon wird der Anleger bzw. Kredit-/Pfandschuldner meist zum sog. „Nettoschuldner“. Insbesondere hat der Anleger bzw. Kredit-/Pfandschuldner keine Gelegenheit, von einer nachfolgenden Erholung der Kapitalmärkte zu profitieren.

Spekulationspolster erforderlich

Wer mit Lombardkrediten spekuliert, sollte entweder über genügend liquide Mittel verfügen, um einer Krediteindeckung nachkommen zu können oder weitere Sicherheiten besitzen und einliefern können, um einem „Margin call“ entsprechen zu können.

Linktipps

Vor Beginn der beinahe zehnjährigen Hausse hat unsere Redaktion einen Bericht verfasst, der immer noch seine Richtigkeit hat:

Wer sich für die Lombardkredit-Einzelheiten und die Abläufe nach einer Nachschussaufforderung interessiert, kann die Details nachlesen unter:

Fazit

Jeder Anleger muss davon ausgehen, dass die Wertpapierkurse nicht nur steigen, sondern auch fallen können.

Er sollte sich beim Spekulieren mit fremden Mitteln auf den Worst Case mit zusätzlicher Reserve einstellen.

Es gilt auch hier das sog. „Vorsichtsprinzip“.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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