Gewisse Normen des Schweizer Arbeitsrechts beanspruchen einheitliche Geltung für das Schweizerische Territorium bzw. für die schweizerischen Gerichte und Behörden unabhängig vom anwendbaren ausländischen Vertragsstatut nach IPRG (Art. 18 IPRG). Diese Normen werden als lois d’application immédiate bezeichnet; ihr Normzweck liegt in der Durchsetzung inländischer sozial- oder ordnungspolitischer Vorstellungen. Im Arbeitsrecht gelten folgende Normen als zwingend, unabhängig vom sonst anwendbaren Recht:
► Aus dem Arbeitsgesetz
- Gesundheitsschutz, Art. 6 Abs. 1 ArG
- Arbeits- und Ruhezeit, Art. 9 ArG
- Sonderschutzvorschriften zugunsten der jugendlichen und weiblichen Arbeitnehmer, Titel IV des ArG
► Gesetz über in die Schweiz entsandte Arbeitnehmer
» EntsV
= IPR-Sachnormen betreffend Arbeits- und Lohnbedingungen von entsendeten Arbeitnehmern
► Europäisches Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Strassenverkehr beschäftigten Fahrpersonals
» AETR
= IPR-Sachnormen betreffend Arbeitsbedingungen des Fahrpersonals
► Gleichheit von Mann und Frau
= Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ist ein Menschenrecht und kann im Einzelfall dazu führen, dass ausländische Urteile nicht wegen ordre public-Widrigkeit nicht anerkannt werden. Art. 3 bis 5 GlG stellen lois d’application immédiate dar.
► Normative Bestimmungen des GAV ausserhalb des Entsandtengesetzes
► Aus dem Obligationsrecht
- Minimale Feriendauer
- Betriebsübergang nach Art. 333 OR
- Kündigungsschutz
- Formvorschrift des Art. 335 Abs. 2 OR
- Kündigungsschutz im Zusammenhang mit Militär- und anderen Dienstleistungen (Art. 336c / 336d OR)
- Kündigungsschutz bei Krankheit, Schwangerschaft, Niederkunft (Art. 336c OR), soweit das Schutzniveau der schweizerischen Normen unterschritten wird
- Schutz vor Massenentlassung
- Nicht jedoch: Recht auf fristlose Kündigung (Korrektur nur über ordre public möglich); Schutz vor missbräuchlicher Kündigung (Schranken für Anwendung des ordre public sind hier niedrig)
- Lohnfortzahlung bei krankheitsbedingter Verhinderung und bei Schwangerschaft bzw. Geburt nur, soweit das Schutzniveau der schweizerischen Normen unterschritten wird. Es gilt zudem das Entsendegesetz.