Für die Kollokation öffentlich-rechtlicher Forderungen gelten wegen der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden und der Verwaltungsjustiz sowie aus prozessoekonomischen Gründen
- Besondere Regeln
- Besondere Abläufe
- Besondere Klagezuständigkeiten
Nachfolgend werden die besonderen Regeln und Abläufe kurz dargestellt:
Forderungsanmeldung
- Fehlen besonderer Vorschriften
- Behandlung wie privat-rechtliche Forderungen
- Anmeldungsobliegenheit, ausser Aufnahme von Amtes wegen, wenn die öffentlich-rechtlichen Ansprüche aus den Büchern ersichtlich sind
- Dividendenpartizipation nur bei Aufnahme in den Kollokationsplan
Rechtswahrung bei Mitteilung Veranlagungsentscheid
- Mitteilung des Veranlagungsentscheids zwischen Konkurseröffnung und Kollokation
- Die Periodizität von Steuern bringt es mit sich, dass sich die Steuerveranlagung der verschiedenen Steuern (Staats- und Gemeindesteuern, MWST, Zölle uam) bei Konkurseröffnung in unterschiedlichen Stadien befinden kann (nicht abgegebene Steuererklärung (ordentliche Steuern) bzw. unterbliebene Selbstdeklaration [MWST, Quellensteuer] keine Veranlagung, Einspracheverfahren, Rechtsmittelverfahren etc.
- Verwaltungsverfahren werden wegen Kollokationplan-relevanz oft von den Steuerbehörden fortgesetzt
- Verwaltungsjustizverfahren werden in der Regel sistiert
- Veranlagungsverfahren
- Konkursverwaltung erhebt –Opportunität vorbehalten – Einsprache Veranlagungsentwurf und beantragt Sistierung bis zum Gläubigerentscheid
- Verwaltungsjustizprozesse
- Konkursverwaltung beantragt Sistierung bis zum Gläubigerentscheid
- Vgl. „keine Rechtskraft des Verwaltungsentscheids“ unten
Kollokation
Bestand und Höhe
- Grundlagen
- Keine besondere Handhabung
- Vorfrageweise materielle Prüfung
- Analoge Anwendung von KOV 63 (bei Konkurseröffnung hängiges Verfahren)
- Ausgangslage
- Relevanz des Veranlagungsstadium und Art der Forderungsanmeldung durch die Verwaltungsbehörde
- (blosse) Rechnung
- Entwurf Einschätzungsentscheid
- vor Konkurseröffnung
- während Konkursverfahren
- Veranlagungsjustizverfahren
- hängig
- rechtskräftig
- Relevanz des Veranlagungsstadium und Art der Forderungsanmeldung durch die Verwaltungsbehörde
- Handhabung
- Rechtskräftiger Verwaltungs(justiz)entscheid
- Zulassung ohne weiteres
- Vgl. BGE 48 III 228 ff., BGE 120 III 35
- Möglichkeit der Abweisung durch Konkursverwaltung nur bei nach Eintritt der Rechtskraft eingetretenen rechtshindernden Tatsachen (zB Zahlung vor KE, Zahlung als Massaschuld) (umstritten)
- Keine Rechtskraft des Veranlagungsentscheids
- nur Rechnung (Schätzung aus Vorjahreszahlen)
- erst provisorische Veranlagung
- Erwahrung nach KOV 59
- Verwaltungsrechtlicher Entscheid getroffen, aber noch nicht rechtskräftig
- Einsprache vor Konkurseröffnung erhoben
- Entscheid, je nach Fortführungslast Gemeinschuldner oder Verwaltungsbehörde
- Rechtsmittel gegen Verwaltungsentscheid
- vor Konkurseröffnung / Liq.
- Verfahrenssistierung
- Behandlung analog KOV 63 > pro memoria-Vormerkung im Kollokationsplan
- Entscheid 10 Tage nach 2. Gläubigerversammlung über Prozessfortsetzung oder Nichtfortsetzung > siehe oben, „Bei Konkurseröffnung im Prozess liegende Forderungen“
- Eröffnung des Veranlagungsentscheids während des Konkursverfahrens bzw. Liquidationsverfahrens
- Einsprache durch Konkursverwaltung oder Liquidator, mit Sistierungsantrag (Nutzung des Rechtsbehelfs im Administrativverfahren)
- Selbstverfolgung durch Masse angesichts einer Passiven-Position nur in seltenen Fällen (zB sehr hohe Konkursdividende in der 3. Konkursklasse, Steuerkaution etc.)
- Abtretung des Anfechtungsrechts an die Gläubiger [vgl. SchKG 250 i.V.m. SchKG 260], mit Auflage des Kollokationsplans
- vor Konkurseröffnung / Liq.
- Hinweis auf Veranlagungsstand
- Nachholung der Deklaration anstelle blosser Schätzung
- Fälle, wo die Konkursmasse selber ein Interesse hat, das zur Feststellung der Forderung führende Verfahren bei der zuständigen Behörde in Gang zu bringen
- ev. Veranlassung einer Revision (zB MWST-Revision)
- Rechtskräftiger Verwaltungs(justiz)entscheid
Rang
- Rangordnung nach SchKG 219
Anfechtung
Weiterführende Informationen
- BUERGI URS, Kollokation öffentlich-rechtlicher Forderungen im Konkurs nach der Praxis-Änderung des Schweizerischen Bundesgerichts (BGE 120 III 32 ff.), anlässlich der Fachgruppenveranstaltung des Vereins Zürcher Rechtsanwälte (VZR) vom 15.05.1995
- MEIER ALFRED, Zur Kollokation von Steuerforderungen, in: Der Schweizer Treuhänder 6/95, S. 535 ff.
- LORANDI FRANCO, Kollokation öffentlicher-rechtlicher Forderungen (Kommentierung von BGE B.26/1994 vom 24.03.1994), in: AJP 10/94, S. 1326 ff.
- LORANDI FRANCO, Verfahren zur Feststellung von Bestand und Höhe öffentlich-rechtlicher Forderungen im Konkurs im Rahmen der Kollokation (Kommentierung von BGE 2A.306/1993 vom 23.06.1994), in: AJP 2/95, S. 231 ff.