Folgende Fälle sind in der Praxis anzutreffen:
Einzelzession
Definition
- Einzelzession einer ganz bestimmten Forderung des Gemeinschuldners an eine Bank oder einen anderen Gläubiger
Bestand
- Eine Abtretungsurkunde für eine gegenständlich und betraglich spezifizierte Forderung
- Die Einzelzession eines einzelnen (Debitoren-)Guthabens ergibt – abgesehen von der Frage einer paulianischen Anfechtung – in der Regel keine Probleme auf.
Behandlung im Konkurs
- Siehe unten: Globalzession
Globalzession
Definition
- Abtretung aller gegenwärtigen und künftigen Debitorenforderungen des Gemeinschuldners an die kreditierende Bank
Zweck
- Einsatz im Kreditgeschäft der Banken
Rechtsnatur
- Fiduziarisches Rechtsgeschäft mit Vollrechtsübertragung
Bestand (Entstehung)
- Sicherungsabrede
- Gläubiger, Schuldner und Abtretungsempfänger
- Abtretungsgegenstand (Bestimmbarkeit)
- zB „sämtliche gegenwärtigen und künftigen Kundenguthaben (Debitorenausstände) aus dem Geschäftsbetrieb des Schuldners“
- zB Globalzession mit Einschränkungen, zB Zession nur von Debitorenforderungen eines bestimmten Geschäftszweigs oder eines bestimmten Produkts (Gattungszession)
- Konkretisierung und Perfektionierung der Abtretung
- Debitorenliste
- Aushändigung von Rechnungsdoppeln
- Schranken der Globalzession
- Persönlichkeitsschutz
- Sachliche Beschränkung
- Zeitliche Beschränkung
- Unsittliche Globalzession
- Nichtigkeit nach OR 20 Abs. 1
- Vgl. BGE 106 II 379; BGE 112 II 437
- Persönlichkeitsschutz
- Vollzug des Sicherungsgeschäfts (Zession als Verfügungsgeschäft)
- Verfügungsmacht des Gemeinschuldners (Zedenten)
Weiterbestand
- Evidenzhaltung der Zession durch regelmässige Einforderung von Debitorenlisten und / oder Rechnungskopien als Obliegenheit der Bank
Zessionszweck
- Erfüllungsstatt
- Erfüllungshalber
- Sicherheitsleistung
- Inkasso
Wirkungen des Konkurses (Aktivenbereich / Konkursinventar)
- Prüfung des Bestandes und der Rechtmässigkeit der Globalzession
- Abtretung aller Forderungen des Gemeinschuldners (und nicht nur der Debitorenforderungen) führt zu einem persönlichkeitsverletzten, existenziell inakzeptablen Mittelentzug [vgl. ZGB 27]
- Ev. Nichtigkeit, Anfechtbarkeit
- Ev. paulianische Anfechtung
- Prüfung im individuell konkreten Einzelfall
Abtretung zukünftiger Forderungen
- Zulässigkeit
- Unwirksamkeit der Abtretung bezüglich im Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch nicht entstandener Forderungen
Strittige Zugehörigkeit einer Debitorenforderung
- Konkursamt und Zessionar berufen sich auf die Gläubigerstellung
- Behauptung der Zugehörigkeit zur Konkursmasse
- Vorgehen wie bei bestrittenen Ansprüchen
- Aufnahme ins Konkursinventar
- Geltendmachung im Namen und auf Rechnung der Masse
- Verfolgungsverzicht der Masse und Abtretung nach SchKG 260
- Aufnahme ins Konkursinventar
- Vorgehen wie bei bestrittenen Ansprüchen
Von Konkursmasse vereinnahmte zedierte Debitorenforderungen
- Konkursmasse hat die Zahlung eines Drittschuldners entgegengenommen, und zwar in Unkenntnis der vom Gemeinschuldner vorgenommenen Zession
- Herausgabe an den wahren Berechtigten
- Aussonderungsrecht des Zessionars [Anwendungsfall von SchKG 202]
- Ausnahmen vorbehalten (nachträglich entstandene / Einrede der paulianischen Anfechtung)
Behandlung im Konkurs
- Formell
- Hinweis auf die Abrechnungspflicht im Kollokationsplan (in der Spalte Forderungsgrund [in der betreffenden Konkursklasse] / Zessionssicherheit führt nicht zu einer Vormerkung der Basisforderung unter den „Pfandversicherten Forderungen“)
- Materiell
- Konkursgläubiger (Zessionar) muss diejenige Summe anrechnen lassen, die er vom Drittschuldner erhält oder bei gehöriger Sorgfalt hätte erhalten können [vgl. OR 172]
- Basisforderung des Konkursgläubigers ist als (aufschiebend) bedingte Forderung zum vollen Betrag [vgl. SchKG 210]
- Dividendenbezug
- Konkursgläubiger (Zessionar) ist, solange die Bedingung nicht nachgewiesen ist, nicht zum Bezug der auf seine Basisforderung entfallenden Konkursdividende berechtigt
- Abläufe
- Abrechnung der vereinnahmten
- Rückzession der nicht beanspruchten, ehemals zedierten Debitorenforderungen an die Konkursmasse
- Sofern die Bedingung (noch) nicht eingetreten ist (kein Zahlungseingang, keine Abrechnung oder kein nachträglicher Globalzessionsverzicht und ev. keine Rückzession im Verteilungszeitpunkt
- Hinterlegung der auf die Basisforderung entfallenden mutmasslichen Konkursdividende bei der Depositenanstalt
Anzahlungsstatt zedierte Forderungen
Definition
- Gläubiger (Zessionar) hat sich in Anrechnung an die ihm geschuldete Forderung eine Forderung abtreten lassen; der Basisanspruch gegenüber dem Gemeinschuldner (Zedenten) reduziert sich um den Wert der zedierten Forderung
Behandlung im Konkurs
- Die nach Abzug des Werts der zedierten Forderung reduzierte Basisforderung ist im Konkurs als „unbedingte“ Forderung zu kollozieren.
Zahlungshalber zedierte Forderungen
Definition
- Forderung des Gläubigers (Zessionar) hat anstelle der wirklich geschuldeten Leistung eine abgetretene Forderung angenommen, ohne auf seinen Basisanspruch gegenüber dem Gemeinschuldner (Zedenten) zu verzichten
Behandlung im Konkurs
- Basisanspruch ist im Konkurs des Zedenten als bedingte Forderung zuzulassen [vgl. OG ZH, in: SJZ 1957, 104 ff.]
- Bedingung = Gläubiger muss sich auf den Basisanspruch anrechnen lassen, was er vom Drittschuldner erhält oder bei gehöriger Sorgfalt hätte erzielen können [vgl. BGE 55 III 81]
- Ergebnis = Gläubiger ist nur mit dem nach Abzug der Drittzahlungen verbleibenden Ausfallbetrag dividendenberechtigt
- Siehe ferner oben Globalzession: Behandlung im Konkurs
Weiterführende Informationen
Literatur
- KLEYLING THOMAS F., Zession – unter besonderer Berücksichtigung der Globalzession – und Forderungsverpfändung als Mittel zur Sicherung von Krediten, Diss. Basel 1979, S. 48, mit Hinweisen
- ZOBL DIETER, Die Globalzession im Lichte der neueren Lehre und Rechtsprechung – eine Standortbestimmung, in: SJZ 1989 S. 349 ff.
- AMONN KURT, Die generelle Debitorenzession im Konkurs, in: BlSchK 1979 S. 129 ff.
Judikatur
- BGE 55 III 80 ff. Nr. 20 = Pra 18 Nr. 68
- BGE 59 III 87 ff. Nr. 20 = Pra 22 Nr. 80
- ZR 1979 Nr. 82