Die Höhe des Lohns ergibt sich normalerweise aus dem Arbeitsvertrag.
Lohnänderung
Die Lohnänderung, Erhöhung oder Kürzung, stellt eine Vertragsänderung dar. Die Lohnänderung bedarf, wie der Abschluss des Arbeitsvertrages, des übereinstimmenden Parteiwillens von Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Formfreiheit
Die Willensäusserung zur Lohnänderung kann – wie der Arbeitsvertrag selbst – ausdrücklich oder auch nur stillschweigend erfolgen (OR 1).
Stillschweigen als Akzept
Ausgangslage
Meistens geschieht die Lohnkürzung durch
- begründete und um Verständnis bittende schriftliche Lohnkürzungsmitteilung;
- direkt reduzierte Lohnauszahlung, die auch aus der Lohnabrechnung ersichtlich wird.
Oft verzichten dann Arbeitgeber eine Einverständniserklärung des Arbeitnehmers einzuverlangen, um die Eskalation im Veranlassungszeitpunkt zu vermeiden und dem Arbeitnehmer Zeit für Überlegung und Verständnisbildung einzuräumen.
Grundlagen
Stillschweigen kann nur dann als Akzept zu einer Vertragsänderung verstanden werden, wenn
- nicht ausdrücklich eine Annahme zu erwarten ist
- aufgrund der besonderen Natur des Rechtsgeschäfts
- nach den Umständen
- nicht innert angemessener Frist abgelehnt wird (OR 6).
Zu Ziff. 1 lit. a:
Die Geschäftsnatur ist insofern eine besondere, als bei einem Antrag an den Arbeitnehmer damit nur Vorteile verbunden sein müssten:
- Lohnerhöhung ohne Pflichten- oder Aufgabenerweiterung
Zu Ziff. 1 lit. b:
Eine stillschweigende Zustimmung des Arbeitnehmers zu einer Lohnkürzung ist nur anzunehmen bei besonderen Umständen:
- Erkennbarkeit für den Arbeitnehmer, dass der Arbeitgeber bei nicht ausdrücklicher Ablehnung von einer Zustimmung ausgeht;
- Erkennbarkeit für den Arbeitnehmer, dass der Arbeitgeber bei nicht ausdrücklicher Ablehnung Massnahmen treffen oder den Arbeitsvertrag kündigen wird.
Zu Ziff. 2:
Bei Vorliegen von Ziffer 1 hat der Arbeitnehmer nach Treu und Glauben „seine Ablehnung der vorgeschlagenen Lohnkürzung innert angemessener Frist zum Ausdruck zu bringen“ (vgl. BGE 4A_443/2010).
Dauer des Stillschweigens
Ein Stillschweigen des Arbeitnehmers von mehr als drei aufeinander folgenden Monaten berechtigt den Arbeitgeber auf eine Lohnkürzungs-Zustimmung zu schliessen.
Vorbehalten bleibt der Nachweis besonderer Umstände durch den Arbeitnehmer, angesichts derer der Arbeitgeber sein Stillschweigen nicht als Lohnkürzungs-Zustimmung habe werten dürfen.
Annahme eines reduzierten Lohnes infolge stillschweigender Zustimmung | Exkulpation des Arbeitnehmers | Bundesgerichts-Entscheid |
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3 aufeinander folgende Monate | Besondere Umstände, aufgrund derer der Arbeitgeber ein Stillschweigen nicht als Zustimmung zur Lohnreduktion erkennen durfte |
BGE 4A_404/2014 |
6 aufeinander folgende Monate | BGE 4A_443/2010 | |
10 aufeinander folgende Monate | BGE 4C.242/2005 | |
Ohne Dauerangabe | — |
BGE 4A_131/2015 BGE 4A_552/2013 BGE 4A_477/2013 BGE 4A_216/2013 |
Schriftform als Gültigkeitserfordernis
Viele Arbeitsverträge werden mit der Standardklausel geschlossen, wonach Änderungen oder Ergänzungen des Vertrages zu ihrer Gültigkeit der Schriftform bedürften. – In solchen Fällen ist eine stillschweigende Lohnkürzung sachlich nicht möglich.