Einleitung
Gelangt der Schuldner in die Situation, dass er sich um die Durchsetzung der ihm gewährten Stundung wehren muss, stellt sich die Frage, wie er sich zu wehren hat:
Stundungseinwendung
Der Schuldner kann die Einwendung der Stundung entgegenhalten, wenn der Gläubiger
- klagt;
- betreibt.
Die Stundung als „vorübergehender Rechtsverzicht“ ist technisch betrachtet nicht eine Einrede, sondern als rechtshindernde Tatsache eine materielle Einwendung, die der Richter unabhängig von den schuldnerischen Vorbringen zu beachten hat.
Weiterführende Informationen
- WEBER ROLF H., Berner Kommentar, N 106 zu Art. 75 OR
- GLARNER HANS, Die Stundung im schweiz. Obligationenrechte, Diss. Zürich 1925, § 5. Einwendung oder Einrede?, S. 39 ff.
Beweislast
Hinsichtlich der Beweislast und der Beweislosigkeits-Folgen gelten folgende Grundsätze:
Fälligkeitsnachweis
- Vermutung einer sofortigen Fälligkeit bei Fehlen einer Fälligkeitsregelung
- Es besteht die Vermutung für eine sofortige Fälligkeit (vgl. OR 75)
- Der Schuldner trägt den Nachweis, dass die Fälligkeit noch nicht eingetreten ist
- Rechtsnatur- oder Umstände-bedingter nicht sofortiger Fälligkeitseintritt
- Klassischer Anwendungsfall
- Werkvertrag
- Annahme einer „typischen Fälligkeit“ des jeweiligen Rechtsverhältnisses unter Berücksichtigung der individuellen Umstände
- Gläubiger hat den Fälligkeitseintritt nachzuweisen, wenn er die Leistung vor dem „typischen Fälligkeitseintritt“ fordert
- Schuldner hat den „typischen Fälligkeitszeitpunkt“ nachzuweisen, wenn er meint, dieser sei noch nicht eingetreten
- Klassischer Anwendungsfall
- Leistung vor Fälligkeit
- Der Gläubiger hat zu beweisen, dass er die Leistung vor Fälligkeit verlangen darf, v.a. für den Fall, dass es dem Schuldner gelungen ist, den Fälligkeitsaufschub nachzuweisen
Stundungsnachweis
- Die Stundungsvereinbarung ist vom Schuldner zu beweisen
Nachweis des Fälligkeitsaufschubs, falls der Schuldner die Verjährungseinrede erhebt
- Der Gläubiger trägt die Beweislast für den stundungsbedingt hinausgeschobenen Zeitpunkt des Verjährungseintritts, wenn er die Verjährungseinrede des Schuldners bestreitet
Kündigungsabhängiger Fälligkeitseintritt
- Der Gläubiger hat zu beweisen, dass die Kündigung erfolgt ist
Weiterführende Informationen
Judikatur
- ZR 1958 Nr. 51 S. 134
Literatur
- WEBER ROLF H., Berner Kommentar, N 112 f. zu Art. 75 OR
- LEU URS, Basler Kommentar, N 6 zu Art. 75 OR
- GLARNER HANS, Die Stundung im schweiz. Obligationenrechte, Diss. Zürich 1925, § 5. Einwendung oder Einrede?, VI. Die Beweislast, S. 49 ff.