Übersicht
Die Sorgfaltspflicht des Erstunternehmers enthält 3 Sorgfalts-Elemente:
Glaubhaftmachung der Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen
Regelung gemäss EntsV 8b
EntsV 8b sieht Selbstdeklarationen des Subunternehmers betr. Einhaltung der minimale Lohnbedingungen und der Arbeitsbedingungen vor.
Mitteilung SECO
Im erläuternden Bericht des SECO vom 15.05.2013 zum Entwurf über die Revision der EntsV (Flankierende Massnahmen | seco.admin.ch) wird folgendes festgehalten:
- Die in EntsV 8b aufgelisteten Dokumente stellen Beispiele dar
- im Einzelfall können auch Arbeitsverträge und Lohnabrechnungen vorgelegt werden
- dem Erstunternehmer muss aufgrund der vom Subunternehmer vorgelegten Dokumente und Belege die Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen glaubhaft erscheinen
- D.h. Nachweis der Glaubhaftigkeit reicht aus (kein strikter Beweis notwendig)
Musterdokumente des SECO
Flankierende Massnahmen | seco.admin.ch
Vertragliche Vorkehrungen
Problemstellung
Erstunternehmer trifft Verantwortung für alle Subunternehmer, d.h. für die ganze Subunternehmer-Kette.
Lösungsansatz
Massnahmen
- entsprechende Ausgestaltung der Subunternehmerverträge
- Weiterüberbindungsverpflichtungen in der Subunternehmer-Kette
- Allenfalls mittels echtem Vertrag zugunsten Dritter (OR 112)
Organisatorische Massnahmen
Regelung gemäss EntsV 8c
Der Erstunternehmer hat die organisatorischen Vorkehrungen vorzunehmen, die erforderlich sind, damit er sich von den Subunternehmern die Einhaltung der minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen darlegen lassen kann.
Problem
- unbestimmte Formulierung
- Auslegung dem Unternehmer bzw. den Gerichten überlassen
Mitteilung SECO
Notwendig ist gemäss Ansicht des SECOs eine Aufsichtspflicht vor Ort zur Sicherstellung, dass nur Mitarbeiter von Subunternehmern auf der Baustelle tätig sind, von denen die erforderlichen Dokumente vorliegen. Bei Grossbaustelle: Zutrittskontrollen mit Badges; bei kleinere Baustellen: Prüfung durch Bauleiter / Vorarbeiter.
Vgl. Erläuternder Bericht des SECO vom 15.05.2013 zum Entwurf über die Revision der EntsV.
Auswirkungen der verschärften Sorgfaltspflicht
Auswirkungen der verschärften Sorgfaltspflicht sind:
- finanzieller Mehraufwand für Erstunternehmer und Subunternehmer
- für Einholung und Prüfung der Dokumente
- für Vertragsredaktion (allenfalls Anwaltsbeizug)
- für Kontrollen vor Ort
- Erhöhtes Haftungsrisiko
- Risikobewältigung (vgl. Präventionsberatung
-
- Risikovermeidung (Subunternehmer-Ausschluss)
- Risikoübertragung
-
- auf Vertragspartner (direktes Garantieversprechen)
- auf Dritte (z.B. Versicherung; Garantie)
-
- Risikoverminderung (IKS, Zertifizierung, sur Place-Kontrollen, Badges)
- Risikoakzeptanz (branchenbedingte Unausweichlichkeit)
-
- Risikoüberwachung (zukunftsgerichtet; schwarze Liste für EntsG 5-kritische Subunternehmer)
Haftungsfreizeichnung unwirksam / nichtig
Die Bestimmung von EntsG 5 ist zwingend. Eine vertragliche Haftungs-Beschränkung ist nicht zulässig bzw. unwirksam (nichtig).