Zahl der Betreibungen und Konkurse wieder angestiegen
Das Bundesamt für Statistik (BFS) hat die Betreibungs- und Konkursstatistik für 2021 veröffentlicht.
Erhebungsdaten + statistische Aussagen
Die Betreibungs- und Konkursstatistik stellt an Daten zur Verfügung:
- Anzahl Betreibungshandlungen
- Zahlungsbefehle
- Pfändungsvollzüge
- Verwertungen
- Eröffnung von Konkursverfahren
- Abschluss von Konkursverfahren
- Evolution der Verluste in Konkursverfahren.
Die Statistik bietet Daten auf Kantonsebene betreffend
- Unternehmen
- physische Personen.
Agenda
Überblick
Konkursverfahren
Die Gesamtzahl der eröffneten Unternehmens- und Privatkonkursverfahren nahm 2021 gegenüber dem Vorjahr um 9,1% zu.
Auf kantonaler Ebene war der stärkste relative Anstieg im Kanton Aargau zu verzeichnen (+24,6%).
Betreibungen
Die Anzahl der Betreibungsverfahren erhöhte sich leicht.
Insgesamt blieben die Betreibungen aber auf dem durchschnittlichen Niveau der letzten 5 Jahre.
Gesamtschweizerische Entwicklung
Im Jahr 2021 hat die Zahl der Eröffnungen von Unternehmens- und Privatkonkursverfahren gemäss Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) zugenommen:
- Anstieg der Konkurseröffnungen um 1169 auf 14 081 (+9,1%)
- Der Anstieg folgt auf einen Rückgang im Vorjahr, der mit den im Rahmen der Covid-19-Pandemie vom BR ergriffenen Massnahmen zur Abwendung einer Konkurswelle im Zusammenhang stehen dürfte.
- Im Vergleich zu den Zahlen von 2019, also vor Beginn der Covid-19-Pandemie, entspricht dies einem moderaten Anstieg von 1,7%.
- Keine Berücksichtigung von Konkurseröffnungen aufgrund von Organisationsmängeln (OR 731b)
- In obigem Statistikergebnis nicht enthalten sind Gesellschaftsauflösungen aufgrund von Mängeln in der Organisation (Art. 731b OR).
Anzahl Konkurseröffnungen in 22 Kantonen gestiegen
In allen Grossregionen war eine Zunahme der Konkurseröffnungen zu verzeichnen:
- Wirtschaftsregionen
- Genferseeregion
- +4,9%
- Ostschweiz
- +15,2%
- Kantonale Unterschiede
- Allgemein
- 22 Kantone registrierten eine höhere Anzahl Konkurseröffnungen als im Vorjahr
- Zunahmen v.a. in den Kantonen
- Aargau
- +24,6% (180 zusätzliche Fälle)
- Zürich
- +12,5% (238 zusätzliche Fälle)
- Abnahmen (-3 bis -40 Fälle) v.a. in den Kantonen
- Genf
- Jura
- Appenzell Innerrhoden
- Aargau
- Allgemein
- Genferseeregion
Einzelfälle führten zu einem starken Anstieg der Verlustsummen
Die finanziellen Verluste aus ordentlichen und summarischen Konkursverfahren (einschliesslich jene aufgrund von Auflösungen gemäss Art. 731b OR) beliefen sich 2021 auf CHF 4,2 Mrd.
Dieser hohe Wert ist hauptsächlich auf drei einzelne Konkursverfahren mit einer Verlustsumme von mehr als CHF 1,7 Mrd. zurückzuführen.
Ohne diese Einzelfälle würden sich die finanziellen Verluste im Jahr 2021 unter dem historischen Durchschnitt von CHF 3,3 Mrd. bewegen (betrifft Liquidationsverfahren zwischen 1994 und 2021).
Anzahl Betreibungen nahmen ebenfalls zu
Die Gesamtzahl der Betreibungsvorgänge in 2021 erhöhte sich:
- Zunahme um nahezu 5% (Rückgang zwischen 2019 und 2020: 12%).
Die Anzahl Pfändungsvollzüge lag 2021 auf dem Durchschnittsniveau der letzten 5 Jahre:
- Zunahme im Vorjahresvergleich um 7,8% auf über 1,6 Millionen Pfändungsvollzüge.
Die Anzahl Zahlungsbefehle weitete sich ebenfalls aus:
- Zunahme um 4%.
Die Anzahl Verwertungen blieb relativ stabil:
- Zunahme um 0,5%.
Analyse des BFS
„Eine Analyse der nach dem Erlass eines Zahlungsbefehls eröffneten Verfahren zeigt, dass die Anteile der Pfändungen und Verwertungen seit 1995 schrittweise gestiegen sind. Im Jahr 1995 wurden 783 000 Pfändungen vollzogen und 1,8 Millionen Zahlungsbefehle ausgestellt, d.h. der Anteil der Pfändungen an den Zahlungsbefehlen lag bei 44%. Demgegenüber wurden im Jahr 2021 mehr als 1,6 Millionen Pfändungen und 2,8 Millionen Zahlungsbefehle registriert. Der Anteil der Pfändungen betrug somit 59%. Parallel dazu erhöhte sich der Anteil der Verwertungen pro Zahlungsbefehl von 15% im Jahr 1995 auf 24% im Jahr 2021.“
Medienmitteilung des BFS vom 04.04.2022
Grafiken 2021
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Hinweis zu OR 731b und zu den statistischen Erhebungen
Art. 731b OR (Mängel in der Organisation) ist am 01.01.2008 in Kraft getreten.
Gemäss Wortlaut dieser Bestimmung kann ein Richter eine Gesellschaft auflösen und ihre Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs anordnen, wenn Mängel in der Organisation vorhanden sind, d.h. ihr
- eines der vorgeschriebenen Organe fehlt oder
- eines dieser Organe nicht rechtmässig zusammengesetzt ist,
- selbst wenn das Unternehmen nicht überschuldet ist.
Vgl. auch:
- Organisationsmängel Unternehmensliquidation
- Organisationsmängel Liquidation bei einer inaktiven Gesellschaft
- Organisationsmängel bei Konkurseröffnung
Aufgrund des „Eurostat“ werden die Fälle gemäss OR 731b nicht in der Zahl der Konkurseröffnungen enthalten.
Fazit
In Branchenkreisen wurde erwartet, dass sich die Insolvenzfolgen der schwierigen Pandemielage erst mit Verzögerung in den Jahren 2021 und 2022 auswirken könnten.
Quelle
LawMedia Redaktionsteam