Haftungsvoraussetzungen
Zunächst gelten auch hier die allgemeinen Haftungsvoraussetzungen:
- Schaden
- Vertragsverletzung
- adäquater Kausalzusammenhang
- Verschulden
Schadenspezifisches
Nachfolgend soll auf die Besonderheiten des Schadenersatzes bei Fahrzeugen eingegangen werden, die Geschäftseigentum sind oder für den Arbeitgeber eingesetzt wurden.
Berufsrisiko
Beim Führen von Motorfahrzeugen (Motorrad, Personenwagen [Auto], Lieferwagen, Lastwagen, mit und ohne Anhänger, Traktor usw.) entsteht ein Berufsrisiko.
Ein erhöhtes Berufsrisiko besteht bei Sonderaufgaben:
- Transport gefährlicher Güter (SDR/ADR)
- Schwertransporte
- Holztransporte
- Fahrten und Arbeiten mit Kranfahrzeugen
- Keine Haftung bei leichter oder mittlerer Fahrlässigkeit
- Jedenfalls starke Haftungsreduktion
Berufsrisiko verneint (= Haftung)
Unterbliebene Fahrzeugsicherung auf dem Firmenareal (nicht angezogene Handbremse)
Berufsrisiko bejaht (= keine Haftung, da Unternehmensrisiko)
Manöverieren mit Fahrzeug in Werkstatt
Mitverschulden
Auf ein Mitverschulden des Arbeitgebers wird geschlossen bei Weisungen, die zu folgenden Regelverstössen führen können:
- Überladen des Fahrzeugs
- Geschwindigkeitsüberschreitung
- Missachtung der Arbeits- und Ruhezeit-Vorschriften
- Transport ohne genügende Ladungssicherung
- Missachtung der Regeln für den Tiertransport
- Ungenügende Fahrzeugausrüstung
- Fahrten im Schnee ohne Winterpneus
- Fahrten über Pässe ohne Schneeketten
- Unvollständige Ausrüstung für den Transport gefährlicher Güter
- Andere (Verkehrs-)Regelverletzungen.
Auch das Dulden solcher Missstände kann ein Mitverschulden bewirken; dies gilt ebenso für den Einsatz von:
- Chauffeuren ohne Gefahrentransport-Bewilligung und –ausbildung
- Chauffeuren auf Anhängerzügen ohne Anhängerausweis
- Chauffeuren, die bekanntermassen an den Wochenenden bei einem andern Arbeitgeber in Verletzung der Arbeits- und Ruhezeitvorschriften (Car-)Fahrten erledigen
- nicht fahrtüchtigen Chauffeuren.
Das Mitverschulden kann auch Mitarbeitern des Arbeitgebers, denen der Kauf, der Unterhalt und der Fahrzeugeinsatz obliegen, zugeordnet werden:
- Disponenten
- Werkstattchef
- Mechaniker.
Weiterführende Informationen
Haftungsreduktion
Grundsätzlich wird die Haftung je nach Qualifikation des Arbeitnehmers reduziert.
Der Arbeitgeber hat auf die Auswahl und die Instruktion des Arbeitnehmers zu achten:
Der Arbeitgeber hat sich bei der Auswahl des Arbeitnehmers des Vorhandenseins folgender Voraussetzungen zu vergewissern:
- Schweizer Führerausweis für die zu fahrende Fahrzeugkategorie
- Berufserfahrung
Ohne besondere Vorkehren hat der Arbeitgeber eine Haftungsreduktion zu gewärtigen bei:
- Neu- oder Junglenkern
- Unfall-Fahrer mit ernsthaften Unfällen in naher Vergangenheit
- Inhaber eines Schweizerischen Führerausweises mit Berufserfahrung genügt den Anforderungen an richtige Auswahl und Instruktion.
- Einsatz eines Chauffeurs ohne Führerausweis ist grobfahrlässiges Selbstverschulden des Arbeitgebers.
- Ausnahme laut Judikatur: Chauffeur hat Arbeitgeber angelogen, er besitze den Führerausweis der betreffenden Kategorie
- Autorenmeinung: Arbeitgeber hat sich bei Anstellung eines Chauffeurs immer Führerausweis vorlegen zu lassen und eine Kopie zuhanden der Personalakten zu erstellen.
Erstmaliger Schaden eines langjährigen Arbeitnehmers:
- Haftungsminderung für den Arbeitnehmer
- durch Anwendung eines milderen Massstabs
Wiederholte Unfälle eines Chauffeurs:
- Mitverschuldensgefahr für den Arbeitgeber, wenn er den Chauffeur „nicht aus dem Verkehr zieht“.
Temporärer Führerausweisentzug
Ist dem Arbeitnehmer zB aus reinem Eigenverschulden (zB Fahren in nicht fahrtüchtigem Zustand [Fahren in angetrunkenem Zustand]) der Führerausweis entzogen worden, haftet er für die Schäden des Arbeitgebers:
- Zusätzliche Transportkosten zB bei
- Servicemonteur im Aussendienst
- Handwerker mit Lieferwagen
- Lohnkosten eines Ersatzchauffeurs
Je nach Sachverhalt (zB beschränktes Eigenverschulden) bleiben Reduktionsgründe vorbehalten.
Weiterführende Informationen
- JAR 1990 137 f.
Selbstbehalt und Bonusverlust
Auch der Selbstbehalt und der Bonusverlust als Unfallfolge sind als Schadenersatzansprüche vom Arbeitnehmer zu tragen.
Die Schadenersatzhöhe wird durch die allgemein gültigen Reduktionsgründe beeinflusst.
Drittschäden
Die Arbeitnehmerhaftung bei Unfällen mit Geschäftsfahrzeugen erstreckt sich auch auf:
- Schäden an anderen Fahrzeugen
- Personen- bzw. Körperschäden.
Die Haftpflicht-Drittschäden sind meistens durch entsprechende Versicherungen gedeckt:
- Schäden aus Verkehrsunfällen
- Motorfahrzeughaftpflichtversicherung
- Personenschäden
- Unfallversicherung.
Je nach Verschulden des Arbeitnehmers (zB LKW-Fahren in angetrunkenem Zustand) kann der Versicherer regressieren auf
- den Arbeitgeber
- Überwälzung auf Arbeitnehmer nach den vorstehenden Prinzipien der Arbeitnehmerhaftung
- den Arbeitnehmer.
In Lehre und Rechtsprechung ist es umstritten, ob der Arbeitgeber eine Kaskoversicherung für Geschäftsfahrzeuge abschliessen sollte:
- Der Prämienaufwand, der zu Lasten des Arbeitgebers geht, ist nicht nur eine Risikoschutz für den Arbeitgeber, sondern vermeidet auch Streitigkeiten mit dem fehlbaren Mitarbeiter zur Arbeitnehmerhaftung
- Entscheidend ist der Fahrzeugeinsatz und die Qualitäten des Chauffeurs.
Vereitelung der Untersuchung
Der Arbeitnehmer haftet trotz unklarer Unfallverursachung, wenn er die Unfallermittlung vorsätzlich vereitelt, zB durch:
- Manipulation des Restwegschreibers
- Zerstörung oder „Verschlucken“ der Tachographenscheibe
- Vereitelung der Blutprobe
SVG-Strafverfahren
Unfälle auf öffentlichen Strassen ziehen für den Arbeitnehmer oft ein Strafverfahren nach sich.
Auch wenn der Zivilrichter nicht an die Feststellungen des Strafrichters gebunden ist, wird er ohne offensichtliche Falschbeurteilung des Strafrichters nicht von dessen Beurteilung abweichen.