Einleitung
Grössere international tätige Unternehmen sind dazu übergegangen, für ihre Entsendungskonstellationen einen Unternehmens- bzw. Gruppenstandard zu erarbeiten und diesen in sog. „Entsendungsrichtlinien“ (Assignment Policies) niederzulegen.
Im Einzelnen gilt es zu bemerken:
- Ziele
- Arten
- Übernahme in Vertragsmodell
- Ungewöhnliche Bestimmungen / Ungewöhnlichkeitsregel
- Einseitige Änderung durch Arbeitgeber
Abreden, die nur den Entsandten betreffen, werden geregelt in:
Ziele
Ziele sind eine einfachere Administrierung und die Gleichbehandlung der der entsandten Mitarbeiter, was bei einer grösseren Anzahl Entsandter eine Rolle spielt. In der Praxis werden bei einem Umfang von ca. einem Dutzend Entsendungen pro Jahr solche „Entsendungsrichtlinien“ zum Einsatz gebracht.
Arten
In der Entsendungspraxis sind folgende drei Arten von Entsendungsrichtlinien am Häufigsten anzutreffen:
- Long Term Assignment Policy
- = für längere Entsendungen, d.h. von einem bis fünf Jahre
- Short Term Assignment Policy
- = für kürzere Entsendungen, d.h. von 3 Monaten bis zu einem Jahr
- Extended Business Trip Policy
- = für die als Geschäftsreise bezeichneten Entsendungen, d.h. von bis zu maximal drei Monaten
Übernahme in Vertragsmodell
Verbindlichkeitsvoraussetzungen
Für eine verbindliche Übernahme von „Entsendungsrichtlinien“ im konkreten Einzelfall sollte folgendes beachtet werden:
- keine Übereilung
- Einräumung einer genügenden Kenntnisnahme- und Bedenkfrist
- Anhangbildung
- Bestandteilbildung der Entsenderichtlinien zur Entsendungsvereinbarung bzw. zur Vertragsergänzung zum vorbestandenen Arbeitsvertrag
- Paraphierung und Unterzeichnung
- Arbeitgeber und Mitarbeiter sollten jede Seite der Entsendungsrichtlinien visieren und am Ende unterzeichnen.
Stillschweigende bzw. konkludente Übernahme
Die Entsenderichtlinien können ihre Verbindlichkeit auch durch unwidersprochene Anwendung während längerer Zeit erlangen.
Individualisierung
Die Parteien können Bestimmungen der Entsenderichtlinien in der Entsendungsvereinbarung anders regeln oder ausschliessen.
Rangordnung
- Regelung
- Den Parteien ist zu empfehlen, die Rangfolge von Entsendungsvereinbarung und Entsendungsrichtlinie im Voraus vertraglich zu bestimmen
- Keine Regelung
- Fehlt es an einer solche Rangfolgeregelung, ist davon auszugehen, dass die individuelle Regelung (Entsendungsvereinbarung) der allgemeinen (Entsendungsrichtlinie) vorgeht.
Ungewöhnliche Bestimmungen / Ungewöhnlichkeitsregel
- Ungewöhnliche Bestimmungen
- Als ungewöhnlich gelten
- nicht branchenübliche Bestimmungen
- Bestimmungen, mit denen der Arbeitnehmer nicht rechnen musste oder durfte
- Als ungewöhnlich gelten
- Unverbindlichkeit ohne Mitarbeiterzustimmung
- Ohne ausdrücklichen Mitarbeiterakzept gelten solch ungewöhnliche Bestimmungen – analog der AGB-Regeln – als unverbindlich
Einseitige Änderung durch Arbeitgeber
Berücksichtigung der sich verändernden Verhältnisse
Da die Verhältnisse sich im internationalen Kontext oft ändern, streben die entsendenden Unternehmen Entsendungsrichtlinien an, die flexibel sind und sich jederzeit einseitig abändern lassen.
Dynamische Verweisung
In der Entsendungspraxis werden daher Klauseln in die Entsendungsrichtlinien eingefügt, wonach die Unternehmen die Entsendungsrichtlinie einseitig verbindlich anpassen können soll und nur die aktuelle Fassung der Entsendungsrichtlinie gelten soll.
Zulässigkeit?
- Dynamische Verweisungen sind grundsätzlich zulässig.
Zulässigkeitsvoraussetzungen
- Verbindlichkeitserfordernis
- Ausdrückliche Zustimmung des Mitarbeiters
- Schriftform
- Mitarbeiter-Unterschrift
- ggf. Zusatzunterschrift unmittelbar neben Dynamischer Verweisungsklausel
Arbeitnehmerschutz
Das schweizerische Recht kennt den Grundsatz, dass „wesentliche Arbeitsvertragselemente“ vom Arbeitgeber nicht ohne Arbeitnehmerzustimmung einseitig zu dessen Nachteil abgeändert werden dürfen.
Zu den „wesentlichen Arbeitsvertragselementen“ zählen:
- Aufgabenbereich / Funktion
- Arbeitszeit / Ferien
- Salär
- Lohnfortzahlungspflicht bei Arbeitsverhinderung
- Kündigungsfristen