Einleitung
Den nachfolgenden Ausführungen liegt die Annahme zu Grunde, dass eine ausländische juristische Person direkt eine schweizerische Immobilie erwerben kann und, dass diese aus Sicht der „Ausländererwerbs-Restriktionen“ eine erlaubte gewerbliche Nutzung vorsieht (vgl. das Bundesgesetz vom 16. Dezember 1983 über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland [BewG; SR 211.412.41]).
Rechtsgrundlage
Die Zulässigkeit einer ausländischen Gesellschaft als Rechtsträger für den Immobilienerwerb wird durch die Regeln des Internationalen Privatrechts bestimmt.
Voraussetzungen
Das Schweizerische Recht respektiert eine ausländische Gesellschaft und anerkennt sie als im Grundbuch eintragungsfähig, wenn sie nach dem Recht ihrer Inkorporation bzw. subsidiär nach dem Recht ihrer tatsächlichen Verwaltung errichtet ist, Träger von Rechten und Pflichten sein kann und die zur Vertretung befugten Personen bekannt sind. Die ausländische Gesellschaft darf in der Schweiz also Grundstücke kaufen, wenn sie es auch nach dem Recht ihres Inkorporationsstaates darf.
Beurteilungsgrundlagen
Die Beurteilung der Anerkennung einer ausländischen Gesellschaft geschieht in der Regel aufgrund von Dokumenten wie Gründungsakt, Statuten, Handelsregisterauszug usw.
Mit schweizerischen Gesellschaftsformen vergleichbare Rechtsformen
Stimmt die ausländische Gesellschaftsform mit einem schweizerischen Gesellschaftstypus überein, wird der Grundbuchverwalter die ausländische Gesellschaft als Erwerberin bzw. Eigentümerin zulassen müssen. Vgl. hiezu Tabelle 1 (Gesellschaftstypen der Nachbarstaaten der Schweiz). Aus Rechtssicherheitsgründen und zur Vermeidung von Vollzugsstörungen ist die Veranlassung einer Vorprüfung zu empfehlen. – Zur Schaffung klarer Rechtsverhältnisse wird bei identischer Gesellschaftsbezeichnung meistens noch ein Hinweis zum anwendbaren Recht ergänzt („Aktiengesellschaft nach deutschem Recht“).
Tabelle 1:
Auslandsgesellschaften / Anerkennungsfähige Rechtsträger | ||
---|---|---|
Schweiz | Aktiengesellschaft (AG) | Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) |
Deutschland | Aktiengesellschaft (AG) | Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) |
Österreich | Aktiengesellschaft (AG) | Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GesmbH) |
Italien | Società per azioni (S.p.A.) | Società a responsabilità limitata (S.r.l.) |
Frankreich | Société anonyme (SA) | Société à responsabilité limitée (SARL) |
Fürstentum Liechtenstein | Aktiengesellschaft (AG) | Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) |
WIRTSCHAFTLICHE HANDAENDERUNG
Bisherige Besteuerungssituation
Bei einer ausländischen Gesellschaft mit Immobilie in der Schweiz bestimmt sich die Besteuerungshoheit nach dem massgebenden Doppelbesteuerungsabkommen (DBA).
Viele der Doppelbesteuerungsabkommen, die dem OECD-Musterabkommen 1963 folgen, stellten bzw. stellen Aktien als bewegliches Vermögen dar. Entsprechend war der Ansässigkeitsstaat der Immobiliengesellschaft bzw. für share deals der Wohnsitzstaat des Anteilsinhabers und nicht der Liegenschaften-Kanton steuerlich zuständig (zB keine Besteuerung in der Schweiz); wie bei jedem Regelfall gab es natürlich auch Ausnahmen.
Neues OECD Musterabkommen 2010 (OECD-MA 2010)
Alle neueren Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) basieren auf dem OECD-Musterabkommen 2010, teils ergänzt um Art. 26 (substanzielle Erweiterung der Amtshilfe [= OECD-MA 2005]). Das Regelwerk des OECD-MA 2010 stellt bei Immobilien nicht mehr auf den Ansässigkeitsort des Anteilsinhabers, sondern auf den Belegenheitsort der (in casu schweizerischen) Immobilie ab, auch wenn nicht die Immobilie, sondern die Beteiligungspapiere an der Immobilien-Gesellschaft die Hand wechseln (share deal).
Diese neuere Entwicklung bei den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ist für die Wirtschaftlichkeitsbeurteilung des Immobilien-Investments entsprechend zu berücksichtigen.
Tabelle 2:
DBA / OECD-Musterabkommen (1963 oder 2010) | ||
---|---|---|
Gegenstand |
Ansässigkeits- oder Belegenheitsbesteuerung |
OECD-Musterabkommen |
Deutschland | Belegenheitsbesteuerung | 1963 (Art. 13 Abs. 4), in Revision, Zusatzprotokoll 2010 |
Österreich | Belegenheitsbesteuerung | 2010 (Art. 13 Abs. 4) |
Italien | Belegenheitsbesteuerung | 1963 (Art. 13 Abs. 4) |
Frankreich | Belegenheitsbesteuerung | 1963 (Art. 15 Abs. 2), in Revision |
Fürstentum Liechtenstein | Ansässigkeitsbesteuerung | Kein DBA |
Artikel 13. OECD-Musterabkommen 2010 Gewinne aus der Veräusserung von Vermögen1. Gewinne, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der Veräusserung unbeweglichen Vermögens im Sinne des Artikels 6 bezieht, das im anderen Vertragsstaat liegt, können im anderen Staat besteuert werden. 2. Gewinne aus der Veräusserung beweglichen Vermögens, das Betriebsvermögen einer Betriebstätte ist, die ein Unternehmen eines Vertragsstaats im anderen Vertragsstaat hat, einschliesslich derartiger Gewinne, die bei der Veräusserung einer solchen Betriebstätte (allein oder mit dem übrigen Unternehmen) erzielt werden, können im anderen Staat besteuert werden. 3. Gewinne aus der Veräusserung von Seeschiffen oder Luftfahrzeugen, die im internationalen Verkehr betrieben werden, von Schiffen, die der Binnenschifffahrt dienen, und von beweglichem Vermögen, das dem Betrieb dieser Schiffe oder Luftfahrzeuge dient, können nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet. 4. Gewinne, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der Veräusserung von Anteilen bezieht, deren Wert zu mehr als 50 vom Hundert unmittelbar oder mittelbar auf unbeweglichem Vermögen beruht, das im anderen Vertragsstaat liegt, können im anderen Staat besteuert werden. 5. Gewinne aus der Veräusserung des in den Absätzen 1, 2, 3 und 4 nicht genannten Vermögens können nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem der Veräusserer ansässig ist. |
TIPP
Der Entscheid, Immobilien in der Schweiz auf den Namen eines ausländischen Gesellschaft zu erwerben, bedarf einer zivil- und steuerrechtlich Abklärung im individuell konkreten Einzelfall.