LAWINFO

Stalking

QR Code

Verhalten Betroffener

Rechtsgebiet:
Stalking
Stichworte:
Stalking
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Opfer-Selbstinformation

  • Fachliteratur
    • In der Fachliteratur werden Betroffene darüber informiert, welche Möglichkeiten sie selber haben, wie
      • Bremsen der Stalking-Dynamik
      • Schutz gegen den Stalker
      • Information zu den rechtlichen Vorgehensmöglichkeiten
      • Ansprache von Hilfsstellen
    • Informationsbroschüren
      • In einer Vielzahl von Informationsbroschüren wie SKP 2014 finden sich Verhaltenshinweise.

Verhaltensstrategien

Die folgenden Verhaltensstrategien haben sich in Fachkreisen als erfolgsversprechende Vorgehensweise im Umgang mit Stalking etabliert, wobei sich die nachfolgenden Ausführungen primär auf Gallas et al. 2010, Mullen et al. 2009, Hoffmann 2006 und Dressing & Gass 2005) stützen:

  • Kontakt-Abbruch und Kontakt-Verweigerung
    • Der Kontaktabbruch gilt als die effektivste Massnahme, um mittel- und langfristig das Stalking zu beenden:
      • Betroffene sollten dem Stalker unmissverständlich erklären, dass mit ihm kein Kontakt mehr erwünscht sei
      • Nachher Kontaktversuche konsequent ignorieren und keine Reaktionen oder Emotionen zeigen
        • Telefonanrufe wortlos beenden
        • unbestellte Pakete oder Briefe nicht zurückschicken
      • Den Stalker im Unklaren lassen, ob und wie seine Verhaltensweisen ankommen
    • Keine Versuche, sich durch sog. «letzte Aussprachen» gegen den Stalker zu wehren
      • Diese sind in der Regel kontraproduktiv
      • Nach dem Prinzip der sog. «Operanten Konditionierung» wird das «Stalking-Verhalten» verstärkt, wenn das Opfer Kontaktaufnahmeversuche eingeht
        • zB wütende Opfer-Antwort (nach unzähligen unbeantworteten Anrufen), man möchte in Ruhe gelassen werden, führt leider zu einer Festigung des Stalking-Verhaltens und zu einer Ermutigung des Stalkers zum Weitermachen (vgl. Gallas et al. 2010: 30; 57–60).
    • Vollständiger Kontaktabbruch als effektive Variante
      • Obwohl effektiv, ist der vollständige Kontaktabbruch in der Umsetzung eine Herausforderung (vgl. Hoffmann 2006), weshalb des Opfer in bestimmten Fällen eine engere Begleitung und ein Coaching benötigt:
        • Anhaltende und v.a. provokative Kontaktversuche erfordern Durchhaltevermögen des Opfers
        • Schwerfallen des Kontaktabbruchs (Rückfälligkeit des Betroffenen, d.h. sog. «Ambivalenz»)
        • Bei gemeinsamen Kindern ist ein vollständiger Kontaktabbruch oft unrealistisch.
          • Aber: Reduktion der Kontakte auf ein Minimum
            • Kinderübergaben
            • Informationsaustausch über Drittpersonen
            • klare Regeln für Kontaktverhalten
          • ggf. Behörden und Gerichte informieren.
  • Herstellung von Transparenz gegenüber dem eigenen Umfeld
    • Vermeidung von Informationen durch Dritte an den Stalker
      • Es soll vermieden werden, dass Personen aus dem sozialen Umfeld des Betroffenen dem Stalker unbeabsichtigt Auskünfte über das Opfer erteilen und Kontaktaufnahmen ermöglichen
    • Rat
      • Es empfiehlt es sich daher, das Umfeld über die Stalking-Situation zu informieren und zu instruieren:
        • Freunde
        • Bekannte
        • Nachbarschaft
        • Mitarbeiter und Arbeitskollegen
    • Vermeidung der Streuung unwahrer Informationen durch den Stalker
      • Diese Informationen und Instruktionen helfen auch, dem Stalker die Glaubwürdigkeit zu entziehen, für seine
        • Anschwärzungen
        • falsche Anschuldigungen
        • u.ä.
    • Zeugenfunktion der Informierten
      • Die Drittpersonen können ggf. als Zeugen angerufen werden.
  • Dokumentieren und archivieren
    • Dokumentationsziele
      • Die Dokumentation aller Stalking-Handlungen dient
        • der allfälligen Strafverfolgung
        • den Fachpersonen für
          • den Einblick in den Fallverlauf;
          • die Bedrohungsanalyse.
        • Rat
          • Es wird daher empfohlen, für sämtliche Stalking-Handlungen systematisch Informationen zu sammeln und festzuhalten, wie
            • Datum und Uhrzeit
            • Ort
            • Vorfall
            • allfällige Zeugen
            • ausgelöste Gefühle
            • psychische und physische Folgen beim Opfer
          • Beweis-Dokumentation
            • Das Beweismaterial sollte gesammelt bzw. gesichert werden:
              • Archivieren von
                • SMS
                • E-Mails
                • Nachrichten auf dem Anrufbeantworter
                • etc.
              • Aufbewahren von
                • Briefen
                • Geschenken
              • Keine Retournierungen
                • Auch Retouren sind eigene Kontaktnahmen des Betroffenen
                • Daher sollten Betroffene davon Abstand nehmen
  • Ergreifung von Sicherheitsmassnahmen + Daten schützen
    • Stalking-Betroffenen wird empfohlen, Massnahmen zur adäquaten Sicherung zu ergreifen,
      • bei
        • Wohnung
        • Garage
        • Auto
        • Computer
        • etc.
      • Zum Schutz vor Cyberstalking sollte sichergestellt werden, dass nicht vorhanden ist:
        • Spyware auf eigenen elektronischen Geräten
        • Spyware auf den elektronischen Geräten der Kinder
      • Rat
        • Empfohlen werden ferner:
          • Passwort-Erneuerungen
          • zurückhaltender Umgang mit persönlichen Informationen im Internet
        • Für weitere Tipps zum Umgang mit Cyberstalking vgl.
          • Amt für Erwachsenen- und Kindesschutz der Stadt Bern 2017
          • Landeskommission Berlin gegen Gewalt 2018
        • Als generelle Sicherheitsmassnahmen gelten:
          • wichtige Telefonnummern auf dem Mobilphone präsent haben
          • Routinen durchbrechen
          • Notfallplan erstellen
          • Unterstützung durch eine Beratungsstelle suchen
  • Information der Polizei
    • Rat
      • Auch wenn es sich nicht um strafbare Verhaltensweisen handelt oder wenn man meint, die Verhaltensweisen seien nicht strafbar, wird empfohlen,
        • die Polizei frühzeitig zu informieren über
          • Annäherungs- und Verfolgungsversuche
          • belästigende Handlungen
          • etc.
    • Möglichkeiten der Polizei
      • Die Polizei-Organe haben die Möglichkeit, Sofortmassnahmen zu ergreifen.
    • Präventiv-polizeiliche Massnahmen
      • Eventuell können helfen, um das Stalking zu beenden
        • präventiv-polizeiliche Massnahmen;
        • eine Strafanzeige.
  • Beschaffung von Rat und Unterstützung
    • Je nach den Umständen und des Bedarfs wird empfohlen, nebst Vertrauenspersonen im eigenen Umfeld auch professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen:
      • bei einer Opferberatungsstelle
      • in einem Frauenhaus oder sonstigen Schutzunterkunft
      • Psychotherapie
      • Rechtsberatung bei spezialisierten Rechtsanwälten
    • Betroffenen können Informationen weiterhelfen:
      • grundlegendes Wissen über Stalking
      • Erkenntnis des Betroffenen, dass
        • kein Einzelfall vorliegt;
        • er nicht die Schuld an der Situation trägt.
    • Rat
      • Betroffenen wird empfohlen,
        • wohltuende Aktivitäten zu pflegen;
        • sich angstfreie Räume zu schaffen;
        • Entspannung suchen, um sich zu stärken.

Literatur

  • GALLAS CHRISTINE / KLEIN ULRIKE / DRESSING HARALD (2010): Beratung und Therapie von Stalking-Opfern. Ein Leitfaden für die Praxis. Bern 2010
  • MULLEN PAUL E. / PATHE MICHELE / PURCELL ROSEMARY, Stalkers and their Victims (2nd ed.), Cambridge 2009, Cambridge University Press. [Erstauflage 2000]
  • HOFFMANN JENS, Stalking. Heidelberg: Springer Medizin, 2006
  • DRESSING HARALD / GASS PETER, Stalking! Verfolgung, Bedrohung, Belästigung. Bern: Huber, 2004

    Kontakt

    Bürgi Nägeli Rechtsanwälte

    Kontakt / Help

    Bürgi Nägeli Rechtsanwälte

    Anrede

    Ihr Vorname*

    Ihr Nachname*

    Firma

    Telefonnummer*

    Betreff (Interessen- / Streitgegenstand)*

    * = Pflichtfelder

    Eine Kopie der Mitteilung geht an die im Feld "E-Mail" angegebene E-Mail-Adresse.

    Vorbehalt / Disclaimer

    Diese allgemeine Information erfolgt ohne jede Gewähr und ersetzt eine Individualberatung im konkreten Einzelfall nicht. Jede Handlung, die der Leser bzw. Nutzer aufgrund der vorstehenden allgemeinen Information vornimmt, geschieht von ihm ausschliesslich in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko.

    Urheber- und Verlagsrechte

    Alle in dieser Web-Information veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Das gilt auch für die veröffentlichten Gerichtsentscheide und Leitsätze, soweit sie von den Autoren oder den Redaktoren erarbeitet oder redigiert worden sind. Der Rechtschutz gilt auch gegenüber Datenbanken und ähnlichen Einrichtungen. Kein Teil dieser Web-Information darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – sämtliche technische und digitale Verfahren – reproduziert werden.