Voraussetzung für eine Verrechnung ist, dass der Verrechnende Gläubiger des Verrechnungsgegners ist und, dass der Verrechnungsgegner Gläubigers des Verrechnenden ist:
Grundsatz
- Die Parteien müssen gegenseitig Forderungen haben, d.h.
- der Verrechnende gegenüber dem Verrechnungsgegner und
- der Verrechnungsgegner gegenüber dem Verrechnenden
Ausnahmen
- (ursprüngliche oder nachträgliche) Vereinbarung einer Verrechnungslage trotz fehlender Gegenseitigkeit
- zB Verrechnung einer Schuld mit einer nahestehenden Gesellschaft der Gegenpartei
- Abweichung von Gegenseitigkeit
Dreiecksverhältnisse
Bürgschaft
- Zahlungsweigerung des Bürgen soweit Hauptschuldner Verrechnungsrecht zusteht (vgl. OR 121)
- Analoge Anwendung
- auf Drittpfandgeber
- so AEPLI, Zürcher Kommentar, N 54 zu OR 121 und PETER, Basler Kommentar, N 5 zu OR 121
- auf alle Sicherungsverhältnisse mit subsidiärer Haftung
- so ZELLWEGER-GUTKNECHT, Berner Kommentar, N 24 zu OR 121
- auf Drittpfandgeber
Verträge zugunsten Dritter
- Verrechnungsverbot der Partei, die sich zugunsten eines Dritten verpflichtet hat, indem er diese Schuld nicht mit Forderungen, die ihm gegen den andern zustehen, verrechnen kann (vgl. OR 122)
Zession
- Verrechnungsmöglichkeit bezüglich einer früher fällig gewordenen, notifizierten Forderung (vgl. OR 169 Abs. 2)
- Vgl. hiezu Verrechnungsforderung OR 169 Abs. 2
Erbengemeinschaften
Grundsatz
- Solange der Nachlass (Gesamthandverhältnis) nicht geteilt ist, kann der Nachlassschuldner nicht mit einer Forderung verrechnen, die ihm gegen einen Erben persönlich zusteht (vgl. BGE 44 II 255)
Ausnahme
- Eine Verrechnung ist indessen dann zulässig, wenn ein Nachlassgläubiger eine Forderung gegen den Erblasser hatte und er eben diese nun von einem Erben einfordert, der gegenüber ihm eine Schuld hat (vgl. ZGB 560 und ZGB 603; vgl. BGE 4A_47/2009, Erw. 3.2)
Personengesellschaften
Grundsatz
- Kein Verrechnungsrecht des Gesellschaftsschuldners für seine Forderung gegen einen einzelnen Gesellschafter (vgl. OR 573 Abs. 1)
- Kein Verrechnungsrecht des Gesellschafters gegenüber seinem Gläubiger mit einer Gesellschaftsforderung (vgl. OR 573 Abs. 2)
Ausnahme
- „Ist dagegen ein Gesellschaftsgläubiger gleichzeitig Privatschuldner eines Gesellschafters, so wird die Verrechnung sowohl zugunsten des Gesellschaftsgläubigers als auch des Gesellschafters zugelassen, sobald der Gesellschafter für eine Gesellschaftsschuld persönlich belangt werden kann.“ (OR 573 Abs. 3)
- Vgl. ferner Haftung Kollektivgesellschaft
Weiterführende Informationen
Judikatur
- Gegenseitigkeits-Grundsatz
- BGE 6B_181/2013 , 1.5.1
- BGE 4A_47/2009, Erw. 3.1
- BGE 134 III 643 ff., Erw. 5.5.1 = Pra 2009 Nr. 55 S. 361 ff.
- BGE 132 III 342 ff., Erw. 4.3
- Ausnahmen
- LGVE 1996 I Nr. 7 S. 15 f. (Verrechnungsforderung gegenüber einer der beiden fusionierten Gesellschaften)
- Dreiecksverhältnisse
- Dreiecksverhältnisse allgemein
- LGVE 1993 I Nr. 47 S. 65
- Vertrag zugunsten Dritter
- Zession
- Dreiecksverhältnisse allgemein
- Personengesellschaften
- BGE 134 III 654 ff., Erw. 5.5.3 (Unverrechenbarkeit einer Gesellschafterforderung gegen die Konkursmasse mit einer Gläubigerforderung gegenüber dem Gesellschafter aus subsidiärer Haftung)