Einleitung
Bei der echten Stellvertretung sind folgende Themen zu erläutern:
- Gegenstand der echten Stellvertretung
- Handeln für sich und für andere
- Selbstkontrahierung / Doppelvertretung
- Handeln unter falschem Namen
- Wissensvertretung
Gegenstand der echten Stellvertretung
Bei der echten Stellvertretung (sog. direkte Stellvertretung) handelt der Vertreter in fremden Namen (des Vertretenen) und auf fremde Rechnung (des Vertretenen).
Handeln für sich und für andere
Denkbar ist, dass ein Vertreter zugleich für den Vertretenen und für sich selbst handelt:
Abschluss des Rechtsgeschäfts im eigenem Namen und im Namen des Vertretenen
übliches Anwendungsbeispiel
- einfache Gesellschaft
- Gebundenheit der einfachen Gesellschaft, wenn der vertretende Gesellschafter im Namen sämtlicher Gesellschafter ein Versprechen abgibt
- vgl. OR 543 Abs. 2
Weiterführende Informationen
Selbstkontrahierung / Doppelvertretung
Die Vertretung unter Interessenkollision ist in Lehre und Rechtsprechung seit jeher verpönt.
In der Praxis treten folgende beiden Fälle der Vertretung unter Interessenkollision auf:
- Selbstkontrahierung
- Beim Selbstkontrahieren (auch: Selbsteintritt) schliesst der Vertreter das Geschäft, welches er für den Vertretenen eingeht, mit sich selber ab
- Doppelvertretung
- Bei der Doppelvertretung wird ein Vertreter von zwei Personen bevollmächtigt, wobei er im Namen und auf Rechnung beider Vertretenen das Geschäft schliesst.
Sowohl das Selbstkontrahieren als auch die Doppelvertretung gelten als sog. „Insichgeschäfte“.
Beiden Geschäftstypen ist gemeinsam:
- Möglichkeit der Interessenkollision
- Gefahr der Benachteiligung einer Partei
- Grundsatz
- Ungültigkeit, der Benachteiligungsgefahr wegen
- Vgl. BGE 106 Ib 148, BGE 112 II 506, BGE 126 III 363, BGer 4C.148/2002, Erw. 3.1
- Ungültigkeit, der Benachteiligungsgefahr wegen
- Ausnahmen
- Selbstkontrahierung
- Selbstkontrahieren ist dort erlaubt, wo die Natur des Geschäfts die Gefahr einer Benachteiligung ausschliesst (zB Markt- oder Börsenpreis) oder wo der Vertretene den Vertreter zum Geschäftsabschluss besonders zum Geschäftsabschluss ermächtigt (vgl. BGE 89 II 326)
- Sofern und soweit eine besondere Natur des Geschäfts nicht vorliegt, besteht eine zur Ungültigkeit des Vertretungsgeschäfts führende Interessenkollision; es liegt der Tatbestand fehlender Vollmacht vor (vgl. BGE 89 II 325; 82 II 394; 63 II 175; 39 II 572)
- Doppelvertretung
- Obige Regeln sind analog anwendba
- Selbstkontrahierung
Handeln unter falschem Namen
Kontrahiert jemand – bei Verschleierung seiner wirklichen Identität – unter fremdem Namen, so unterliegt der in der Person des Handelnden entstandene Vertrag der Irrtumsanfechtung wegen error in persona. – Der Namensträger kann nicht genehmigen und das Geschäft nicht zu seinem eigenen machen, weil gar kein Vertretungstatbestand vorliegt.
Wissensvertretung
Wissen (Kenntnis), Unwissen (Unkenntnis) und Wissenmüssen des Vertreters wird grundsätzlich dem Vertretenen angerechnet (= „Wissensvertretung“):
- Vertragskonsens
- Beurteilung nach der Person des Vertreters (und nicht des Vertretenen)
- Simulationsabrede
- Eine Simulation, welche der Vertreter mit dem Dritten eingeht, wird dem Vertretenen zugerechnet
- Willensmängel
- Beurteilung nach der Person des Vertreters
- Auslegung der Willenserklärungen
- Auslegung der Willenserklärung zwischen Drittem und dem Vertreter wie sie der Vertreter verstehen musste und durfte
- Gutglaubensschutz
Vertretener darf sich auf den guten Glauben des Vertreters berufen, muss sich aber auch dessen bösen Glauben anrechnen lassen