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Vertretungsrecht / Vollmachten

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Todesvollmachten

Rechtsgebiet:
Vertretungsrecht / Vollmachten
Stichworte:
Vertretungsrecht
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Beim Begriff der Todesvollmacht (auch: post mortale Vollmacht) handelt es sich um einen Oberbegriff für alle Vollmachten, die über den Tod hinaus wirken oder mit dem Tod zu wirken beginnen:

Arten

  • Vollmacht über den Todesfall hinaus (auch: vererbliche Vollmacht oder transmortale Vollmacht)
    • Zu Lebzeiten und nach dem Tod des Bankkunden weiterwirkende Vollmacht (= vorher-nachher-Vollmacht)
  • Vollmacht für den Todesfall (auch: Vollmacht auf den Tod hin, Vollmacht post mortem, ausschliesslich postmortale Vollmacht)
    • Mit dem Tod des Bankkunden beginnende Bankvollmacht (= nachher-Vollmacht)
  • Vollmacht mit Wirkung über den Tod des Bevollmächtigten hinaus
    • vererbliche Vollmacht (vgl. OR 35), selten, in speziellen Fällen

Abgrenzung

  • Gewöhnliche lebzeitige Vollmacht, die mit dem Tod des Vollmachtgebers erlischt (= prämortale Vollmacht)
  • Nicht anerkannt werden postmortale Vollmacht im Grundbuchverkehr (vgl. BGE 111 II 41 f. + SJZ 1983 S. 246)

Verbreitung

  • Starke praktische Verbreitung
  • Bankinteresse
    • Bank läuft durch die Vollmacht über den Tod hinaus nicht Gefahr, dass sie sich in Unkenntnis des Todes ihres Klienten mit einem bösgläubigen Vertreter Dispositionen trifft, die die Erben nachher anfechten könnten
    • Keine neue Legitimationsprüfung
  • Kundeninteresse
    • Herstellung der Verfügungsfähigkeit zwischen Tod des Bankkunden und Nachlassantritt (weil zB die Beibringung der amtlichen Ausweise viel Zeit beanspruchen können) bzw. während der Dauer der Erbengemeinschaft

Zulässigkeit

  • Vollmacht über den Todesfall hinaus
    • Zulässigkeit
  • Vollmacht für den Todesfall
    • Zulässigkeit
  • Vollmacht über den Tod des Bevollmächtigten hinaus
    • Zulässigkeit (in der Literatur kaum erwähnt)

Form

  • Vollmacht über den Todesfall hinaus
    • formfrei, wie die Vollmacht im Allgemeinen
  • Vollmacht für den Todesfall
    • Obwohl die Vollmachtserteilung keine Verfügung über die Sache oder eine Forderung darstellt, ist im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob nicht die Form von Todes wegen zu beachten ist (Testament oder Erbvertrag)
  • Vollmacht über den Tod des Bevollmächtigten hinaus
    • formfrei, wie die Vollmacht im Allgemeinen

Innenverhältnis (Vollmachtgeber bzw. Erben ./. Bevollmächtigter)

  • Befugnisse des Bevollmächtigten nach dem Tod des Vollmachtgebers
    • Der Bevollmächtigte darf auch nach dem Tode des Vollmachtgebers nicht ohne Grundverhältnis und ohne Instruktionen handeln
    • Der Bevollmächtigte hat aber neu die Instruktionen bei den Erben einzuholen
  • Todesvollmacht und Zuwendungen von Todes wegen
    • Die Todesvollmacht eignet sich weder als „Schenkung von Todes wegen“ (vgl. OR 245 Abs. 2) noch als letztwillige Verfügung bzw. Verfügung von Todes wegen
    • Einer Todesvollmacht fehlt zudem der Wille auf eine unmittelbare Eigentumsübertragung
    • Schliesslich müssten auch die Formvorschriften (Form der Verfügung von Todes wegen; vgl. OR 245 Abs. 2) beachtet werden
  • Todesvollmacht und Willensvollstreckung
    • Todesvollmacht erfasst nur die Vermögenswerte bei der betreffenden Bank, der gegenüber die Todesvollmacht mitgeteilt wurde, ganz im Gegensatz zur Willensvollstreckung, die alle Nachlasswerte erfasst
    • Zudem ist der Willensvollstrecker nicht ohne Weiteres abberufbar; demgegenüber kann die Todesvollmacht widerrufen werden (siehe nachfolgend „Erlöschen“)
  • Erlöschen
    • Allgemein
      • Es gelten die allgemeinen Erlöschensgründe
      • Auch die Vollmacht über den Tod hinaus wie auch die Vollmacht für den Todesfall können jederzeit widerrufen werden
    • Widerruf durch die Erben
      • Mit dem Tod des Vollmachtgebers mutieren der Erbe bzw. die Erben zu den Vertretenen
      • Alleinerbe
        • Über den Vollmachtswiderruf entscheidet der Universalerbe einzeln und alleine
      • Mehrere Erben
        • Begründung und Widerruf einer Vollmacht bedürfen der Einstimmigkeit aller Erben (Erbengemeinschaft)
        • Trägt eine Miterbe das Bestehen einer Vollmacht über den Tod hinaus nicht mehr mit, fehlt der Bevollmächtigungsgesamtwille und er kann durch eine Widerrufserklärung die Vollmacht zum Erlöschen bringen
    • Widerruf durch Willensvollstrecker / Erbschaftsverwalter
      • Die Anordnung einer Willensvollstreckung schliesst die Todesvollmacht nicht aus
      • Der Willensvollstrecker kann indessen die Todesvollmacht widerrufen

Aussenverhältnis

  • Grundsatz
    • Es gelten die allgemeinen Vollmachtsregeln
  • Selbstkontrahierung
    • Sofern der Bevollmächtigte zugleich (Mit-)Erbe ist, entsteht die Gefahr des Selbstkontrahierens
    • Enthält die Todesvollmacht das Recht des Bevollmächtigten zum Selbstkontrahieren, tragen die Erben die daraus entstehenden Folgen bis zum Vollmachtswiderruf

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