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Auftrag / Auftragsrecht

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Crowdworking aus rechtlicher Sicht

Datum:
26.06.2015
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Auftrag / Auftragsrecht
Stichworte:
Arbeitskräfte, Cloud
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Onlineportale vermitteln Aufträge zur virtuellen Zusammenarbeit

Der Crowdworker (auch: Cloudworker) ist eine Person, die mit Hilfe IT-Technologien unabhängig von Ort und Zeit seiner Arbeit nachgeht und dabei auf die Arbeitswelt seines Auftraggebers bzw. Bestellers zurückgreifen kann. Dabei spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob ein Auftrag oder Werkvertrag vorliegt, oder der Crowdworker unbeauftragt an einer Arbeit partizipiert, wie dies beispielsweise bei Open-Source-Projekten der Fall ist – beide Möglichkeiten fallen unter den Begriff des Crowdworkings. Im folgenden Artikel soll jedoch davon ausgegangen werden, dass zwischen Prinzipal und Agent ein Auftrags- oder Werksvertrags-Verhältnis besteht, da sich dann besondere rechtliche Fragestellungen auftun, die im Folgenden diskutiert werden. Der Begriff des Crowdworkers wurde durch den Blogger Venkatesh Rao bekannt.

System

Das Zusammenbringen von Auftraggeber bzw. Besteller und Auftragnehmer bzw. Unternehmer über Online-Arbeitsplattformen ist erwartungsgemäss nichts Neues, scheint aber zunehmend, standortunabhängig, ein Bedürfnis zu sein.

Freiheit und Sicherheit

Das Crowdworking erlaubt es den hauptberuflich oder auf Teilzeitbasis tätigen Freelancern ihren Aktionsradius weit auszudehnen und örtlich wie zeitlich flexibel zu gestalten. Dieser Vorteil ist zugleich auch Handicap: Die ganze Welt gilt nicht nur als Chance, sondern auch als Konkurrenz! Der Crowdanbieter muss sich anderen Online-Anbietern der ganzen Welt messen, auch mit Vertretern anderer Nationen, Kulturen und Ausbildungen. Dies ist eine Herausforderung der besonderen Art.

Die geografisch schrankenlose Tätigkeit erlaubt es, lokale Nachfrageschwächen auszugleichen. Das Croudworking ist daher ein Geschäftsmodell bzw. eine gute Option für Startups oder Kleinstunternehmen. – Die freien Handlungsaspekte dürfen jedoch nicht die rechtliche Implikationen unbeantwortet lassen.

Rechtliche Einordnung

Die rechtliche Einordnung bestimmt sich einerseits nach den involvierten Parteien und andererseits nach der charakteristischen Leistung im ganzen Crowdworking-Ablauf. Anzutreffen sind vor allem die beiden nachgenannten grundsätzlichen Rechtsbeziehungen:

Verhältnis Crowdanbieter (Auftraggeber oder Besteller)   <> Plattform <> Crowdnachfrager (Freelancer)

Maklerrecht
  • Die Vermittlung der Geschäftsbeziehung zwischen Crowdanbieter und Crowdnachfrager stellt nach hiesigem Recht ein Maklerverhältnis bzw. ein besonderer Auftrag dar
  • Maklerrecht

Verhältnis Crowdanbieter (Auftraggeber oder Besteller)   <>   Crowdnachfrager (Freelancer)

Vertragsart
  • Die gefragte Leistung bestimmt das anwendbare Recht. Im Falle einer Dienstleistung ist Auftragsrecht und im Falle eines körperlicher oder unkörperlichen, intellektuellen Werkes das Werkvertragsrecht anwendbar.
Auftragsrecht?
Werkvertrag?

Prinzipien von Auftrag und Werkvertrag

Für Qualität, Termin und Preis gelten je nachdem, ob ein Auftrag oder ein Werkvertrag vorliegt, unterschiedliche Voraussetzungen, nämlich:

Auftrag vs. Werkvertrag

Gegenstand Auftrag Werkvertrag
Zustandekommen Übereinstimmende Abrede Übereinstimmende Abrede
Entgeltlichkeit? Nicht zwingend zwingend
Persönliche Erledigung Grundsatz: JaAusnahme: anderslautende Abrede (sog. Substitutionsmöglichkeit) Grundsatz: NeinAusnahme: Persönliche Erledigung verabredet oder sachbedingt (Künstler)
Qualität Sorgfalt / Verlässlichkeit Erfolg
Termin Termineinhaltung Termineinhaltung
Preis „Vergütung“, meistens durch Zeitaufwandabrechnung (u.U. mit Kostendach) oder Pauschale „Werklohn“, entweder Preisabrede oder Wert des Werkes, notfalls durch den Richter bestimmt

Internationalität

Im Auftrags- und Werkvertragsrecht gilt der Grundsatz der Anwendung des Rechts am Ort der sog. „charakteristischen Leistung“. In aller Regel ist dies das Recht am Sitz oder Arbeitsort des Beauftragten (Auftrag) bzw. Unternehmers (Werkvertrag). Sofern und soweit die Rechte der jeweiligen Parteianknüpfungspunkte keine entgegenstehenden Bestimmungen enthalten, kann im Rahmen der Parteiautonomie bzw. Vertragsfreiheit die Anwendung eines anderen Rechts oder Gerichtsstandes vereinbart werden. Viele Auftraggeber (Auftrag) bzw. Besteller (Werkvertrag) sehen daher in ihren Verträgen bzw. Allgemeinen Einkaufsbedingungen vor, dass das Recht an ihrem Sitze gelte. Ob und inwieweit solches wegen der dortigen Rechtsordnung und des diesbezüglichen Justizsystems akzeptabel ist, müssen Beauftragte oder Unternehmer entscheiden. Der Anbietter und/oder der Beauftragte sollte(n) im Vertrag festlegen, in welchem Land und an welchem Ort die Daten verarbeitet werden müssen und hiefür die anwendbaren Regeln für Datenschutz und Datensicherheit verabreden; ggf. muss diesbezüglich nachverhandelt werden. In der Praxis werden bestimmte Jurisdiktionen wegen ihrer Unberechenbarkeit gemieden.

Rechtswahl und Gerichtsstand?

Beseelt von einer neuen Auftragschance sollte der potentielle Beauftragte bzw. Unternehmer also prüfen, ob „unter dem Strich“ der Auftrag bzw. der Werkvertrag sich nicht nur kommerziell rechnet, sondern die Chancen höher als die Rechtsrisiken (anwendbares Recht am Auftraggeber- bzw. Besteller-Standort (zB Belehrungspflichten, Produktehaftung, Case law, Sammelklagen usw.) bzw. Gerichtsstand) ausfallen.

Qualität ist auch bei Online-Mandaten wesentlich

Wie beim physisch bzw. lokal akquirierten Auftrag ist beim „Crowdworking-Auftrag“ die Arbeit für den Auftraggeber nur von Interesse, wenn sie in gewünschter Qualität erbracht wird. Nach schweizerischem Recht schuldet der Beauftragte nicht – wie beim Werkvertrag – einen Erfolg, sondern nur – aber immerhin – eine sorgfältige Erledigung.

Steht hingegen eine Werkherstellung an, wird ein Erfolg des Unternehmens geschuldet und ein Besteller muss nur ein fertiggestelltes Werk annehmen, auch wenn es mangelhaft ist;

Steuern ebenso

Die Besteuerung grenzüberschreitender Lieferungen und Leistungen hängt von den jeweiligen Rechtsordnungen und vom Mass, in dem der Leistungserbringer am jeweiligen Ort (Bestellerort, Anbieterort oder Drittland etc.) tätig wird. Ausser dass sich nicht nur aus rechtlichen, sondern auch aus kommerziellen Gründen eine Befassung und Beurteilung vor Vertragsabschluss aufdrängt, kann hier wegen der Einzelfallbezogenheit nichts Weiteres geäussert werden.

Ergebnis

Die grenzenlose Kontaktanbahnung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die länderspezifischen Rechtsordnungen für den Abschluss herkömmlicher Rechtsgeschäfte anwendbar sind. Die digitale Geschäftsabwicklung lässt die Vertragsabwicklung meistens in Vergessenheit geraten. Trotz der von den Plattformen vorgegebenen Abläufe und Prozesse sollte an die rechtsrelevanten Aspekte gedacht werden. In internationaler Hinsicht ist es zudem eine Frage jedes Einzelnen, ob er mit Anbietern aus Ländern mit Jurisdiktionen, deren Regeln und Haftungsfolgen dem kontinental-europäischen Rechtsgedankengut fremd sind, meiden oder dann solche Rechtssicherheitsrisiken bewusst eingehen will.

Anbieter

Anbieter Link Vermittlungsprovision/Fee
Elance Elance | elance.com Vermittlungsprovision:
8,75 % der Auftragssumme
oDesk oDesk | upwork.com Vermittlungsprovision:
10 % der Auftragssumme
Twago Twago | twago.de Fee:
Festpreise je Produkt
99designs
(Textbroker) (Möglichkeit zur Ausschreibung eines Wettbewerbs mit Preisgeld)
99designs | 99designs.ch Fee:
Festpreise je Produkt
Freelancer.com
(Möglichkeit zur Ausschreibung eines Wettbewerbs)
Freelancer | freelancer.com Fee:
Festpreise je Projektart

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