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Bankenrecht

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Bankenumstrukturierung und Folgen für die Bankkunden

Datum:
14.08.2015
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Bankenrecht
Stichworte:
Bankenumstrukturierung, Parteiwechsel, too big to fail, Zivilprozess
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Teil 6 – Hängige Prozesse

Einleitung

Im Artikel „Teil 5“ wurde die Thematik der „Retrozession“ vor dem Hintergrund einer Bankenumstrukturierung beleuchtet. Nicht nur Retrozessionen führen zu Streitigkeiten mit Banken, sondern auch unsorgfältige Vermögensberatung und -verwaltung, Transaktionsfehler im Wertpapierhandel, Prospekthaftung bei Aktien- und Anleihens-Emissionen sowie Restitution als Folge deliktischer Bankmitarbeiter.

Hängige Prozesse

Gemäss Zivilprozessrecht tritt die Rechtshängigkeit eines Prozess mit Einleitung des Schlichtungsverfahrens ein (ZPO 62). Ab diesem Zeitpunkt sind Veränderungen in den Parteistellungen relevant, zu melden und zu berücksichtigen. Die Vermögensübertragung von Vermögenswerten von der übertragenden auf die übernehmende Bank bewirkt einen solchen Parteiwechsel.

Klärung eines allfälligen Parteiwechsels

Unterlässt es die vermögensübertragende Bank, Gericht und den Bankkunden als Gegenpartei über den Parteiwechsel zu informieren, sind Gericht und Gegenpartei gehalten, abzuklären, wer nun als Prozesspartei weiterprozessiert, die alte oder die neue Bank. Hiezu sind allfällige Ladungen abzunehmen und der Bank Gelegenheit zur Klärung zu geben.

Auswirkungen auf die Parteistellung der Bank

Aktivprozess (Bank als Klägerin)

War die übertragende Bank Klägerin und übertrug sie ihren Anspruch im Rahmen des Vermögensübertragungsvertrags an die übernehmende Bank, fand ausserprozessual ein Parteiwechsel statt; nach entsprechender Klärung tritt die übernehmende Bank in den Prozess ein und hat ihn weiterzuführen, mit allen Kosten- und Entschädigungsfolgen; die übertragende Bank scheidet als Prozesspartei aus.

Passivprozess (Bank als Beklagte – Solidarhaft und Sicherstellung)

Hat ein Parteiwechsel auf die übernehmende Bank stattgefunden, haftet die übertragende Bank drei Jahre solidarisch weiter und es kann, falls es sich um einen Arbeitsprozess handelt, Sicherstellung verlangt werden.

Für die übertragende Bank als Beklagte führt dies dazu, dass sie den Streitwert bilanziell zurückstellen muss, was auf die übertragende Gesamtbank betrachtet zu erheblichem Mehraufwand und zu Kapital- und Ertragseinschränkungen führen kann.

Aber auch die übernehmende Bank, die eine Kundenposition im Streit übernimmt, muss die bankenüblichen Rückstellungen treffen.

Im Falle der Beklagtenstellung der übertragenden Bank ergeben sich also Haftungs- und Bilanz-Doppelspurigkeiten. Zudem kann der klagende Bankkunde die als solidarisch mithaftende übertragende Bank als Prozesspartei im Prozess „behalten“, was zusätzliche administrative und prozessuale Doppelspurigkeiten auslöst.

In der Regel wird im Streitfall die Kundenbeziehung beendet oder die Beendigung steht bevor und es wurde die Vermögensposition aus geografischen Strukturierungsgründen im Vermögensübertragungsvertrag „weitergereicht“. Die übertragende Bank zieht in der Regel aus der Kundenbeziehung keinen Nutzen mehr und haftet noch solidarisch mit. Der übernehmenden Bank entsteht durch die übernommene Streitsache nur Aufwand. Dadurch steigt das Interesse der beiden Banken an einer baldigen Prozesserledigung. Das Streitbeilegungsinteresse steht und fällt natürlich mit der Höhe der in Frage stehenden Streitsumme. Dabei stellen sich folgende drei Fragen:

  • Wieviel müssen die beiden Banken als Beklagte bezahlen?
  • Wie sind die Prozesschancen?
  • Wie gestaltet sich das Kosten- / Nutzenverhältnis des Weiterprozessierens?

Vielleicht begünstigt die aus der Bankenumstrukturierung entstandene Parteikonstellation, die auch vom klagenden Bankkunden durch ein Entgegenkommen zu nutzen ist, eine Einigung der Streitparteien und damit einen Prozessvergleich. Die Bankenumstrukturierung hätte so den Vorteil einer beschleunigten Streitbeilegung.

Fortsetzung des Prozesses

Ist geklärt, ob die klagende oder eingeklagte Bank Prozesspartei bleibt oder die strittige Vermögensposition an die übernehmende Bank übergegangen ist, so kann der Prozess ordentlich fortgesetzt und Ladungen wieder angesetzt werden.

Zwischenfazit

Die (vermögensübertragende) Bankenumstrukturierung kann dazu führen, dass in einem bereits hängigen Prozess die Unklarheit eines Parteiwechsels entstand und daher zu klären ist, ob ein solcher auch wirklich eingetreten ist. Im Fall, dass die Bank im Prozess Beklagte ist und die Vermögensposition überging, tritt die übernehmende Bank als weitere Beklagte zum Prozess hinzu. Nach entsprechender Klärung kann der Prozess mit der zutreffenden Bankenpartei bzw. beiden Banken fortgesetzt werden.

Folgende Artikel werden in nächster Zeit zum Thema Bank auf law-news.ch publiziert:

  1. Allgemeines – Der Restrukturierung folgt die Umstrukturierung
  2. Parteiwechsel / zwei Bankenpartner bei internationaler Ausrichtung?
  3. Products and Services
  4. Strukturierte Produkte
  5. Retrozessionen
  6. Hängige Prozesse
  7. Bankpost und Genehmigung / Bankgeheimnis
  8. Aktenlage / Datenschutz / Information
  9. Schlussbemerkungen

Thumbnail-Photo: © Rupert Ganzer

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