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Arbeitsrecht

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Tattoo-Verbot am Arbeitsplatz?

Datum:
17.08.2020
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht
Stichworte:
Weisungen
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

OR 321d + OR 328

Einleitung

Tattoos sind grundsätzlich eine persönliche Angelegenheit. Nachdem heute Tattoos keinen Seltenheitscharakter mehr haben, ist es seitens des Arbeitgebers wichtig, diesbezüglich klare Regeln aufzustellen.

Arbeitgeber können das Thema im Bewerbungsgespräch, im Arbeitsvertrag, in allgemeinen Arbeitsbedingungen und in einem Betriebsreglement oder durch Weisung zum Gegenstand machen.

Je später das Thema angegangen wird und je einseitiger die Anordnung ist, zB durch Weisung, desto mehr kann sich der betroffene zurückgesetzt fühlen und je eher kann unter Arbeitskollegen zu Diskussionen führen.

Agenda

  • Rechtliches
    • Weisungsrecht
    • Arbeitsvertrag, Allgemeine Arbeitsbedingungen (AAB) oder Betriebsreglement
  • Praxis-Regel
    • T-Shirt-Regel
    • Klärung im Vorstellungsgespräch
    • Vermeidung von Tattoo-Diskussionen
  • Fazit

Rechtliches

Viele Berufstätige mit Tattoos habe bereits schlechte Erfahrungen in der Arbeitswelt gemacht:

  • Arbeitskollegen, die sie ihrer Tattoos wegen diffamieren oder
  • Arbeitgeber, die sie verpflichteten. ihre Tattoos mit Kleidung zu bedecken
  • Kundenbemerkungen.

Die Einflussnahme des Arbeitgebers in der Tätowierungssache kann sich auf zwei Grundlagen stützen:

  • Weisungsrecht
  • Arbeitsvertrag, allgemeine Arbeitsbedingungen (AAB) oder Betriebsreglement

Weisungsrecht

Das Arbeitsrecht (OR 321d) erlaubt den Arbeitgebern ihren Arbeitnehmern Weisungen zu erteilen. Solche Weisungen können sich beziehen auf:

Kleidervorschriften und Tattoos fallen unter die Verhaltensweisungen. Der Arbeitgeber darf bestimmen:

Zum Weisungsrecht des Arbeitgebers im Einzelnen:

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit ist das Weisungsrecht des Arbeitgebers unter folgenden Blickwinkeln zu betrachten:

  • Weisungsverbindlichkeit
    • Weisungen sind verbindlich und es gilt eine Befolgungspflicht
    • Ebenso sind Sanktionen möglich:
    • Wer sich über eine Weisung hinwegsetzt, riskiert eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses
  • Keine Weisungsüberschreitung des Arbeitgebers
    • Arbeitgeberweisungen müssen einen Bezug zur Tätigkeit haben und dürfen nicht schikanös oder unsinnig sein
    • Es sollte stets ein Unternehmensinteresse an einer Kleider- oder Tattoo-Weisung bestehen
    • Arbeitnehmer müssen nur solche Anordnungen erfüllen. die sie zu erfüllen vermögen
  • Weisungsrecht vs. Persönlichkeitsrecht?
    • Dem Weisungsrecht des Arbeitgebers steht zudem das Persönlichkeitsrecht (OR 328) des Arbeitnehmers gegenüber
    • Weiter hat der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht gegenüber dem tätowierten Mitarbeiter (zB. Schutz vor Mobbing durch andere Arbeitnehmer)
  • Generelles Tattoo-Verbot?
    • Für ein generelles Tattoo-Verbot muss ein sachlicher Grund geltend gemacht werden
  • Branche
    • In Betrieben mit speziellen Aufgaben können sich Weisungen rechtfertigen
      • Gesundheitswesen
        • Kliniken
        • Heime
          • Der Körperschmuck kann ein Sicherheitsrisiko darstellen oder Hygienerichtlinien verletzen
        • Banken / Versicherer
          • Arbeitnehmer solcher Betriebe müssen sich strengere Vorschriften gefallen lassen,
  • Funktion des Arbeitnehmers
    • Front-Funktion mit persönlichem Kundenkontakt
      • Für Kunden können Tattoos abstossend wirken
      • Der Arbeitgeber muss sich im Unternehmensinteresse an den Kundenerwartungen und Kundenbefindlichkeiten orientieren
    • Anders kann dies sein, wenn der Arbeitnehmer keinen Kundenkontakt hat
  • Betriebsklima
    • Auch bei Arbeitskollegen können Tattoos Reaktionen auslösen und zu Sticheleien oder Streit unter Mitarbeitern führen
    • Wie oben erwähnt, hat der Arbeitgeber das Recht und die Pflicht, Streit unter den Arbeitnehmern zu vermeiden.

Arbeitsvertrag, Allgemeinen Arbeitsbedingungen (AAB) oder Betriebsreglement

Viele Arbeitgeber sind dazu übergegangen, die Tattoo-Frage arbeitsvertraglich oder betrieblich zu regeln:

  • Tattoo-Verbotsabrede in Arbeitsvertrag oder in unterzeichneten AAB
    • Vereinbarungen im Arbeitsvertrag oder als Vertragsbestandteil ausformulierte AAB sowie Betriebsordnung erlauben es dem Arbeitgeber, weitergehende Tattoo-Regeln zu postulieren, als es durch ein einseitiges Weisungsrecht möglich wäre
  • Zustimmung des Arbeitnehmers?
    • Hat der Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag, in AAB oder durch Mitunterzeichnung einer Betriebsordnung einschränkenden Tattoo-Vorschriften zugestimmt, darf der Arbeitgeber entsprechend stärker in seine Persönlichkeitsrechte eingreifen, als wenn sein Einverständnis dazu fehlt.

Praxis-Regel

T-Shirt-Regel

In der Arbeitspraxis gilt die sog. „T-Shirt-Grenze“, d.h. alles was sich nicht durch das T-Shirt verbergen lässt, sollte Tattoo-frei sein. Andernfalls sind Kleider zu tragen, die die Tattoos und Körperbemalungen verdecken.

Klärung im Vorstellungsgespräch

Es empfiehlt sich die Tattoo-Praxis des Betriebs bereits in den Anstellungsgesprächen bzw. in den Allgemeinen Arbeitsbedingungen zu klären.

Vermeidung von Tattoo-Diskussionen im Betriebsalltag

Arbeitgeber sollten in Sachen Tattoos eine klare Haltung einnehmen, damit nicht innerbetriebliche Diskussionen und Auslegungs- bzw. Statthalterfragen entstehen.

Jedenfalls sollte vermieden werden, dass Vorgesetzte mit betroffenen Mitarbeitern und Mitarbeiter unter sich über Motive, Stile und Trends (zB sog. „Arschgeweihe“, „Biomechanik-Tattoos“ u.ä.) diskutieren und solche Fragen zum Entscheidungsgegenstand von Abdeckung oder Nichtabdeckung machen müssen.

Fazit

Arbeitgeberweisungen sollten einen Bezug zur individuell konkreten Arbeitstätigkeit des betreffenden Arbeitnehmers haben und weder unsinnig, noch schikanös sein.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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