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Betreibung / Konkurs / Sanierung / Zwangsvollstreckung / Gesellschaftsrecht

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Coronakrise: Folgen des Dahinfallens der Covid-19-Stundungs-Möglichkeit und des Überschuldungsanzeigen-Dispenses

Datum:
06.01.2021
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Betreibung / Konkurs / Sanierung / Zwangsvollstreckung, Gesellschaftsrecht
Stichworte:
Coronavirus (COVID-19), Überschuldung, Überschuldungsanzeige
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Geforderte Führungsorgane

Einleitung

Am 14.10.2020 hatte sich der Bundesrat (BR) entschieden, die vorübergehenden Massnahmen zur Verhinderung von corona-bedingten Konkursen nicht zu verlängern.

Wir berichteten: Coronavirus (COVID-19): BR will keine Verlängerung der Massnahmen gegen Konkurse

Massnahmen gegen Konkurse vom Frühjahr 2020

Mit der „Covid-19-Verordnung Insolvenzrecht“ vom 16.04.2020 hatte der BR die Pflicht der Unternehmensorgane zur Benachrichtigung des Richters mittels  Überschuldungsanzeige  ausgesetzt.

Hiezu wurde  für KMU die befristete, unbürokratische Covid-19-Stundung ins Leben gerufen. Der BR wollte  corona-bedingte Konkurse abwenden und den betroffenen Unternehmen Gelegenheit geben, sich auf die neue Pandemie-Situation einzustellen.

Für die der Stundung unterliegenden Forderungen (vgl. Art. 11 Abs. 1 und 2 Covid-19-Verordnung Insolvenzrecht) trat im Ergebnis ein Rechtsstillstand ein. Während der Dauer des Verfahrens wurde für solche Forderungen der Konkurs verhindert. Den Gläubigern blieb ggf. nur die Betreibung auf Pfändung oder Pfandverwertung (vgl. 12 Abs. 7 Covid-19-Verordnung Insolvenzrecht).

Dahingefallene Möglichkeit zu Covid-19-Stundungen

Die Massnahmen wurden – notrechtsbedingt – auf 6 Monate befristet; entsprechend galt der Erlass nur bis zum 19.10.2020. Das Institut der Covid-19-Stundung wurde nicht ins Covid-19-Gesetz übernommen und wie einleitend erwähnt vom BR auch nicht verlängert.

Nur noch fristverlängerte Covid-19-Stundungen am Laufen

Bei den vor Gericht anhängigen Covid-19-Stundungen wurde – wie üblich – die Stundungsdauer durch die Stundungsbewilligung befristet.

Unternehmen, die die Covid-19-Stundung auslaufen liessen, wurden wieder betreibungsfähig und letztlich der Konkurseröffnung ausgesetzt.

Andere Unternehmen verlängerten fristgerecht die Stundungsfrist, sodass das Covid-19-Regime in diesen Verfahren immer noch läuft.

Kein Gericht bewilligt beliebige Male die Stundungsfrist, sodass irgendwann das Ende der Covid-19-Stundung ansteht.

Wechsel zur ordentlichen Nachlassstundung?

Grundsätzlich erscheint es als zulässig, – rechtzeitig – ins ordentliche Nachlassverfahren nach SchKG zu wechseln.

Massgebend wird sein, ob die Voraussetzungen für eine provisorische oder definitive Nachlassstundung gegeben sind und inwieweit die Gesundung im Covid-19-Stundungsverfahren fortgeschritten war.

Sowohl die Covid-19-Stundung als auch die ordentliche SchKG-Nachlassstundung gelten als Surrogate der Organpflicht zur Benachrichtigung des Richters bei Überschuldung oder Illiquidität.

Wird das Stundungsvorhaben nicht unter dem SchKG-Nachlassverfahren fortgesetzt, haben die Organe zu prüfen, ob sie die Bilanzdeponierungspflicht trifft (siehe nachfolgendes Kapitel).

Ebenfalls dahingefallener Überschuldungsanzeigen-Dispens

Der Verzicht des BR, die gesellschafts- und insolvenzrechtlichen Notmassnahmen vom 16.04.2020 weiterzuführen, und die Absenz von Übergangsbestimmungen führen dazu, dass seit 20.10.2020 wieder die ordentlichen Regeln zu „Kapitalverlust und Überschuldung“ sowie der daraus resultierenden Anzeigepflichten nach OR 725 Abs. 2 gelten (Gesetzeswortlaut von OR 725, siehe Box unten).

Bekanntlich bestehen zwei Möglichkeiten für eine Richterbenachrichtigung:

Gefordert sind daher die Organe der Gesellschaften und bei Revisionspflicht die Wirtschaftsprüfer. Beide wollen eine Organhaftung vermeiden.

Es ist davon auszugehen, dass nun diese Situation die befürchtete Konkurswelle auslösen könnte.

Ob und inwieweit Gläubiger ihre Debitorenforderungen sofort durchsetzen werden und ebenfalls zu der zu befürchtenden Konkurswelle beitragen könnten, ist nicht abschätzbar.

Fünf Faktoren beeinflussen den Gläubiger bei der Frage, ob er seine Ansprüche gerichtlich durchsetzen soll oder nicht:

  1. Kostenaufwand (Anwalts- und Gerichtskosten)
  2. Faktor Zeit (sich verändernde Verhältnisse?)
  3. Zahlungsfähigkeit des Schuldners nach gewonnenem Prozess
  4. Liquiditätsbeschaffung
  5. Einfluss auf die eigene Bilanz des Gläubigers (Bewertung der Debitorenposition und Abschreibungsumfang) sowie Reflexwirkungen beim Bestehen von Bankkrediten

Zur Zeit ist ein Trend feststellbar, dass Gläubiger wegen Ziffer 4 gerne ein gerichtliches Inkasso anstossen möchten, aber der Ziffern 1 – 3 wegen zurückhaltend sind und Angst davor haben, sich durch eine erfolg- oder nutzlose Anspruchsverfolgung hinsichtlich Ziffer 5 in Schwierigkeiten zu begeben, auch wenn eine Bewertung des Debitorenausstandes für eine ordentliche Rechnungsführung unumgänglich ist.

Gleichzeitige Inanspruchnahme von Härtefallhilfe?

Zwischenzeitlich wurde vom Bundesrat und den Kantonen materielle Hilfe angeboten.

Wir berichteten: COVID-19-Härtefallhilfe für Unternehmen: Ein Überblick

Bei der vom Bund organisierten, hievor erwähnten Härtefallhilfe ist das Bestehen eines Konkurs- oder Nachlassverfahrens ein Hilfe-Ausschlussgrund!

Bei denjenigen Kantonen, die eine von der Bundesmassnahme unabhängige Härtefallhilfe anbieten, müsste geprüft werden, ob eine Hilfe trotz Nachlassverfahren in Anspruch genommen werden kann.

Fazit

Ob der Wechsel von der Covid-19-Stundung ins SchKG-Nachlassverfahren den Weg für eine Sanierung und Gesundung des Unternehmens ebnen wird, ist aufgrund der Umstände im konkreten Einzelfall zu entscheiden.

Für Unternehmen, welche im ordentlichen Nachlassverfahren versuchen sich für eine Sanierung zu organisieren, ist insofern eine Erleichterung eingetreten, als der BR die vom Parlament im Rahmen der Aktienrechtsrevision beschlossene Verlängerung der Nachlassstundung von 4 auf 8 Monate bereits auf den 20.10.2020 in Kraft setzte.

Wir berichteten: Coronavirus (COVID-19): BR will keine Verlängerung der Massnahmen gegen Konkurse

Überlebenswillige Unternehmen sollten abklären, welche materiellen Hilfen – nebst der formellen Verfahrenshilfe – in Anspruch genommen werden könnten und sich dort, sofern und soweit möglich, um Unterstützung bemühen.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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