Der Bundesrat hat am 16.04.2020 als notrechtliche Massnahme zur Verhinderung corona-bedingter Konkurse und damit verbundener Arbeitsplatzverlusten – nebst der vorübergehenden Entlastung von der Überschuldungsanzeige-Pflicht nach OR 725a – die Möglichkeit einer befristeten, unbürokratischen COVID-19-Stundung, insbesondere für KMU, geschaffen und per 20.04.2020 in Kraft gesetzt:
- Begriff
- COVID-19-Stundung = notrechtlich temporär geltendes, vereinfachtes Stundungsverfahren für Coronavirus- bzw. pandemie-betroffene Klein- und Mittelunternehmen (KMU)
- Grundlagen
- Verordnungs-Grundlagen
- Notrechts-Verordnungen des Bundesrates vom 16.04.2020, in Kraft seit 20.04.2020, unter dem Titel
- Verordnungen
- COVID-19-Verordnung Insolvenzrecht | ejpd.admin.ch
- COVID-19-Verordnung Insolvenzrecht: Erläuterungen | ejpd.admin.ch
- COVID-19-Verordnung Justiz und Verfahrensrecht | ejpd.admin.ch
- COVID-19-Verordnung Justiz und Verfahrensrecht: Erläuterungen | ejpd.admin.ch
- Vgl. auch Coronavirus (COVID-19): Massnahmen gegen Konkurse
- Verordnungs-Grundlagen
- Abgrenzungen
- (klassisches) Nachlassverfahren
- = ein die Zwangsvollstreckung vermeidendes, die wirtschaftliche Existenz der Schuldnerin erhaltendes und / oder die Sanierung des Schuldners ermöglichendes Verfahren, welches einen Teilverzicht der Gläubiger auf ihre Forderungen erfordert
- Nachlassverfahren
- Notstundung
- = ein erst nach Beschluss der Kantonsregierung einer krise-betroffenen Region, nur mit Bundesratszustimmung, in Kraft setzungsfähiges Verfahren für gewisse Schuldner auf bestimmte Dauer
- Exkurs: Notstundung
- Stundung
- = Verschiebung einer Forderungsfälligkeit
- Stundung
- (klassisches) Nachlassverfahren
- Ziele
- Vermeidung einer domino-artigen Konkurswelle
- Verhinderung von Arbeitsplatzverlusten
- funktionierende Volkswirtschaft trotz Pandemiefolgen
- Motive
- Wahrung der Unternehmensexistenzen
- Erhaltung einer funktionsfähigen Wirtschaft
- Rechtsnatur
- Befristetes, unbürokratisches und für Pandemie-betroffene Unternehmen generell wirkendes Stundungsverfahren
- Bedeutung / Verbreitung / History
- Hoffentlich einmalig
- Schweizweit
- Notrechtliche, pandemie-bedingte Massnahme
- Anwendung
- in Kraft seit 20.04.2020
- bis 19.10.2020
- Berechtigte Personen
- Inhaber einer Einzelfirma
- Personengesellschaften
- Juristische Personen
- Nicht berechtigte Personen
- Privatpersonen
- Publikumsgesellschaften und grosse Unternehmen
- Diesen steht ausschliesslich die Nachlassstundung zur Verfügung
- Voraussetzungen
- Keine Überschuldung per Ende 2019 oder
- Vorliegen von Rangrücktritten im Sinne von OR 725 Abs. 2 in vollem Umfang der Überschuldung
- Gesuch / Eingabe
- Der Schuldner hat folgendes glaubhaft zu machen und so gut wie möglich zu belegen bzw. einzureichen:
- Keine Überschuldung per 31.12.2019
- Bilanz und Erfolgsrechnung für 2019
- Ausreichend: provisorisch, nicht revidiert
- Anspruch auf COVID-19-Stundungs-Anspruch, auch wenn diese Unterlagen noch nicht vorliegen
- Anderweitige Darlegung der Vermögenslage
- Gesuchs-Beilagen
- Bilanz per 31.12.2019
- Erfolgsrechnung per 31.12.2019
- Ausweise über sämtliche Vermögenswerte per 31.12.2019
- Informationen zum Umlaufvermögen
- Bankauszüge / Auszug Postkonto
- Depotauszüge
- Wertschriftenverzeichnis
- Informationen zum Anlagevermögen
- Immobilien
- Mobiliar
- Maschinen
- Schuldenverzeichnis per 31.12.2019
- Informationen zum Umlaufvermögen
- Der Schuldner hat folgendes glaubhaft zu machen und so gut wie möglich zu belegen bzw. einzureichen:
- Zuständiges Nachlassgericht
- Einzelunternehmen
- Nachlassgericht am Wohnsitz des Inhabers
- Im Handelsregister eingetragene Juristische Personen und Gesellschaften
- Nachlassgericht am Sitz der Gesellschaft
- Nicht im Handelsregister eingetragene Juristische Personen und Gesellschaften
- Nachlassgericht am Hauptsitz der Verwaltung
- Einzelunternehmen
- Dauer der COVID-19-Stundung
- Die Stundungsdauer wird zunächst auf 3 Monate festgesetzt und kann um maximal weitere 3 Monate verlängert werden
- Bekanntmachung der COVID-19-Stundung
- Bewilligung und Verlängerung der Stundungsdauer sind durch das Nachlassgericht öffentlich bekannt zu machen und den Amtsstellen mitzuteilen:
- Betreibungsamt
- Handelsregisteramt
- Grundbuchamt
- Der Schuldner hat seine Gläubiger aktiv über die Stundung bzw. deren Verlängerung in Kenntnis zu setzen
- Bewilligung und Verlängerung der Stundungsdauer sind durch das Nachlassgericht öffentlich bekannt zu machen und den Amtsstellen mitzuteilen:
- Wirkungen der COVID-19-Stundung
- Betroffene Forderungen
- Der COVID-19-Stundung unterliegen:
- Forderungen, die vor der Stundung entstanden sind
- Solche Forderungen dürfen – wie bei der ordentlichen Nachlassstundung – vom Schuldner nicht mehr bezahlt werden
- Der COVID-19-Stundung unterliegen:
- Nicht erfasste Forderungen
- Nach der COVID-19-Stundung entstandene Forderungen
- Ausgenommene Forderungen
- Forderung der ersten Konkursklasse (SchKG 219 Abs. 4), d.h.
- Lohn- und Alimenten-Forderungen
- Solche Forderungen können zwangsvollstreckungsweise nur auf dem Wege der Betreibung auf Pfändung oder Pfandverwertung geltend gemacht werden
- Forderung der ersten Konkursklasse (SchKG 219 Abs. 4), d.h.
- Veräusserung oder Belastung von Vermögenswerten
- Die Veräusserung und / oder Belastung von Vermögenswerten (Teile des Anlagevermögens) und Pfandbestellungen sind nur mit Zustimmung des Nachlassgerichts zulässig
- Betroffene Forderungen
- Alternative
- Besteht keine konkrete Aussicht auf eine Behebung der Überschuldung, kann das Unternehmen nach wie vor auch eine (ordentliche) Nachlassstundung beantragen; der Bundesrat hat die Voraussetzungen dafür vorübergehende gelockert
- Medienmitteilung des Bundesrates „Coronavirus: Massnahmen gegen Konkurse“, vom 16.04.2020
- Koordination mit anderen Notrechts-Massnahmen/-Hilfen
- vorübergehende Entlastung von der Überschuldungsanzeige-Pflicht
- Notkredite
- Kurzarbeit
- Weitere Notrechtliche Massnahmen
- Fazit
- Der Bundesrat hat mit der COVID-19-Stundung bedrängten Schuldnern ein einfaches und schnelles Verfahren zur Verfügung gestellt, um eine zeitlich befristete Stundung herbeiführen zu können
- Den Schuldnern soll Gelegenheit gegeben werden, sich zu reorganisieren und sich für die Zeit nach der Pandemie bzw. Krise aufstellen zu können.
Weiterführende Informationen
- Bericht zur definitiven Anordnung der COVID-19-Stundung durch den Bundesrat
- Informationen zu den Vorbereitungshandlungen zur Vermeidung von Überschuldung und Konkursen
- Coronavirus (COVID-19): BR will mit weiteren Massnahmen krisenbedingte Konkurswelle verhindern
- Coronavirus (COVID-19): Konsultationsergebnisse zur Überschuldungsvermeidung + zur COVID-19-Stundung
- Öffentliche Konsultation «Stärkung der Krisenresistenz der Unternehmen»: Stellungnahme Kanton Bern | bj.admin.ch
- Coronavirus (COVID-19): Erleichterungen bei drohender Unternehmens-Überschuldung
- Beendigung der Massnahmen gegen Konkurse und damit der COVID-19-Stundnung
- Allgemein
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