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Erbrecht / Zivilprozessrecht

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Barvermächtnis: Solidarschuld der Erben

Datum:
22.06.2022
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Erbrecht
Stichworte:
Barvermächtnis, Solidarhaft, Solidarschuld, Streitgenossenschaft, Vermächtnis
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

ZGB 603 per analogiam / ZPO 70 / OR 144

Das Bundesgericht (BGer) bestätigt seine Rechtsprechung, wonach die Erben

  • für die Ausrichtung eines Vermächtnisses solidarisch haften;
  • bei einer Barvermächtnisklage keine notwendige passive Streitgenossenschaft bilden.

Im Einzelnen:

  • Solidarhaftung

    • Gemäss ZGB 603 Abs. 1 sind die Erben für die Schulden des Erblassers solidarisch haftbar.
    • Der italienische Gesetzestext spricht im Unterschied zur deutschen und französischen Fassung von solidarischer Haftung der Erben
      • «per i debiti della successione».
    • Der Gesetzgeber ist in der Frage der Schuldenhaftung mit Rücksicht auf die Vermächtnisgläubiger vom sonst massgebenden Prinzip der gesamten Hand abgewichen:
      • Die Vermächtnisgläubiger sollen nach dem Tod des Erblassers nicht eine Mehrheit von Schuldnern belangen müssen,
        • sondern sich für die ganze Forderung nach ihrer Wahl an einen einzelnen oder an mehrere Erben halten dürfen,
          • wobei es dann Sache der belangten Erben ist, auf ihre Miterben Rückgriff zu nehmen.
  • Vermächtnisse sind keine Erblasser-Schulden

    • Das BGer hat den Grundsatz der Solidarhaftung auf die Ausrichtung von Vermächtnissen ausgedehnt,
      • obwohl es sich dabei streng genommen nicht um Schulden des Erblassers, sondern der Erben handelt.
    • Für das BGer bestand mit Blick auf die Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht der geringste Anlass, auf seine Rechtsprechung, die von der Lehre befürwortet wird, zurückzukommen (statt vieler: DANIEL ABT, in: Abt/Weibel, Praxiskommentar Erbrecht, 4. Auflage, 2019, N. 9 zu Art. 601 ZGB).
  • Keine notwendige Streitgenossenschaft

    • Die Vorinstanz hat daher kein Bundesrecht verletzt, wenn sie davon ausgegangen ist, dass
      • die gesetzlichen Erbinnen keine notwendige passive Streitgenossenschaft (ZPO 70) für die Vermächtnisklage bilden und
      • die Beschwerdeführerin als solidarisch Verpflichtete für das ganze Barlegat von Fr. 200’000.– einstehen muss (OR 144).
    • Ob Gleiches gilt, wenn die Vermächtnisklage eine bestimmte Sache betrifft, kann offen bleiben.

Die Beschwerde der Vermächtnisschuldnerin war daher abzuweisen.

BGer 5A_69/2021 vom 07.01.2022

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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