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Homeoffice: Naht das Ende?

Rechtliche Beendigung von Home Office-Verhältnissen

Datum:
26.09.2024
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht, Wirtschaft
Thema:
Homeoffice
Stichworte:
Arbeitsweg, Freiheiten, Homeoffice, Mitarbeiter, Produktivität, Trendwende
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Einleitung

Obwohl die Pandemie längst vorbei ist, nutzen noch unzählige Mitarbeiter die Vorteile der Homeoffice-Arbeit (HOA) mit ihren Freiheiten.

Einzelne Homeoffice-Nutzer nehmen sich die freie und unkontrollierte Zeitgestaltung, um morgens spazieren zu gehen oder die Kinder in Kindergarten oder Kita zu bringen usw.

Homeoffice-Arbeiter schätzen auch den Vorteil, dass die Zeit und die Mühen des Arbeitsweges entfallen.

Arbeitgeber wollen wieder Präsenzpflicht

Viele Arbeitgeber wollen die Mitarbeitenden wieder im Büro sehen.

Laut Medienberichten des «Tagesanzeigers» und von «Blick» ergibt sich im Moment folgende Situation:

  • Industriekonzern Sulzer
    • Am Hauptsitz in Winterthur gelte wieder die vollständige Präsenzpflicht.
    • Beendet wurde die bisherige Praxis, wonach Mitarbeitende mit einem 100-Prozent-Pensum zwei Tage pro Woche «remote» arbeiten konnten.
  • Liftkonzern Schindler
    • Die Unternehmung erlaubt Homeoffice nur noch auf speziellen Antrag und nur noch maximal einen Tag pro Woche.
  • Swisscom + Novartis
    • Diese Betriebe verlangen mit drei beziehungsweise zwei Tagen Präsenzpflicht.
    • Die Arbeit von zu Hause aus wurde auch hier eingeschränkt.
  • Deutsche Bank
    • Das Bankunternehmen verlangt, dass Führungskräfte mindestens vier Tage in der Woche anwesend sein müssen.
  • Weitere Unternehmen verschärfen die Anwesenheitspflicht
    • Dies gilt für das Softwareunternehmen SAP, AMAZON

Vgl. TA, Wirtschaft, Simon Schmid, Kerstin Bund, Simon Gross, publiziert: 24.09.2024.

Studien

Ifo-Forschung von Alipour

Der Ifo-Forscher Jean-Victor Alipour hat mit seiner Studie beobachtet, dass die «Rückkehr-ins-Büro-Appelle» nicht selten von Unternehmen ausgingen, die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckten.

Im Einzelnen:

Homeoffice während der Pandemie und die Implikationen für eine Zeit nach der Krise

Quelle: ifo.de

Studie der Universität von Pittsburgh

Einen ähnlichen Eindruck erhielten die Wissenschafter im Rahmen der Studie der Universität von Pittsburgh, mit welcher die Homeoffice-Regeln der grössten US-Börsenunternehmen ausgewertet wurde.

Danach sollen die CEO’s durch die schärferen Präsenzpflichten nicht bessere Arbeitsergebnisse erwartet haben, sondern die neuen Regeln als «Machtmittel» genutzt haben, um die Beschäftigten für eine «schwache Leistung» verantwortlich zu machen.

Die Studienautoren kamen daher zum Schluss, dass strengere Präsenzregeln weder die Leistung der Mitarbeiter noch die des Unternehmens steigerten.

Im Einzelnen:

Fehlende Aktualität

Die vorstehenden Meldungen der Arbeitgeber, die eine Präsenzpflicht oder eine Reduktion der Home-Office-Arbeit (HOA) einfordern, sind jüngsten Datums, ganz im Gegensatz zur «Studie Alipour» (2020).

Trendwende?

Im Moment lässt sich nicht abschätzen, ob die nun bekannt gewordenen Fälle des «Return to office» bloss ein Hype oder eine Trendwende sind.

Jedes Unternehmen will natürlich ein attraktiver Arbeitgeber sein und Mitarbeiter für die Produktivität gewinnen. Das Unternehmen ist aber auch den Banken und Aktionären sowie bei Börsenpräsenz den Analysten und Anlegern erfolgspflichtig.

Unseres Erachtens hängt eine Trendwende davon, ob der Arbeitnehmer- zum Arbeitgeber-Arbeitsmarkt mutiert, d.h. die Arbeitgeber inskünftig das «Sagen haben».

Im Einzelfall werden sich bei der Leistungsbeurteilung oder bei Neuanstellungen die Fragen stellen, ob der Homeoffice-Mitarbeiter den gewünschten Mehrwert schafft und ein Leistungstreiber für das Unternehmen ist.

Motive für die «Rückkehr-ins-Büro-Appelle»

Viele Unternehmen benennen für die Wiedereinführung der Büropflicht folgende Motive:

  • Überzeugung, dass persönlicher Austausch zentral für den Zusammenhalt des Personals sei;
  • Stärkung des Teamgeists;
  • Entstehen neuer Ideen und von Innovation;
  • Positive Wirkung auf die Unternehmenskultur;
  • Auswirkungen auf den Geschäftserfolg.

Versteckter Personalabbau?

Es gibt nicht nur Unternehmen, die eine Produktivitätssteigerung im Abbau von Homeoffice sehen, sondern auch solche die Stellen abbauen möchten.

Wenn der eine oder andere Mitarbeiter wegen der verschärften Homeoffice-Pflicht das Unternehmen freiwillig verlässt, müsste das Unternehmen weniger Entlassungen aussprechen und so im Rahmen eines Sozialplans weniger Abfindungen bezahlen.

Verleitung von Homeoffice-Nutzniessern zum Stellenwechsel?

Die Wiedereinführung der Büropflicht kann auch dazu dienen, unerwünschte Homeoffice-Mitarbeiter dazu zu bewegen, statt die Präsenzpflicht wahrzunehmen, einen andern Arbeitgeber zu suchen, der die Homeoffice-Option zulässt.

Homeoffice-Vereinbarungen

Homeoffice-Vereinbarungen sind anzutreffen als:

Während der Pandemie haben einzelne Unternehmen mit ihren Mitarbeitern zur Schaffung klarer Verhältnisse Homeoffice Addendums zu den Arbeitsverträgen bzw. neue HOA-Arbeitsverträge vereinbart oder Home Office-Reglemente geschaffen, um zu klären oder sicherzustellen:

Leistungsort-Bestimmung

Für die arbeitgeberseitige Bestimmung der Rückkehr an den Büro- oder Betriebsarbeitsplatz ist massgebend, ob

  • der Arbeitgeber den Leistungsort einseitig bestimmen kann,
  • oder wenn nein, wie er die Homeoffice-Aufhebung bzw. Präsenzpflicht herbeiführen kann.

Beendigung von Homeoffice-Verhältnissen

Recht auf Homeoffice-Arbeit?

Es keimt die Frage wieder auf, ob der Arbeitnehmer ein Recht auf das Arbeiten im Homeoffice hat?

Nach Entfallen der Pandemie grundsätzlich nein.

Vorbehalten bleiben spezielle individuelle Verhältnisse (siehe auch Arbeitnehmer-HOA-Anspruch?)

Einseitige HOA-Rückgängigmachung durch den Arbeitgeber?

Arbeitnehmer fragen sich weiter, ob der Arbeitgeber ein Homeoffice-Verhältnis einseitig rückgängig machen kann?

Entscheidend ist, ob die Homeoffice-Arbeit (HOA)

  • auf einer Weisungsbasis besteht (einseitiges Bestimmungsrecht des Arbeitgebers);
  • befristet wurde und automatisch dahinfällt bzw. dahingefallen ist;
  • im Arbeitsvertrag als Leistungsort vereinbart ist und ggf. zusätzlich ein HOA-Pensum verabredet ist (Erfordernis einer (einvernehmlichen) Vertragsänderung, eines neuen Arbeitsvertrages mit Präsenzpflicht oder einer Änderungskündigung).

Statt vieler Worte vergleiche hiezu:

Wie geht es weiter?

In den nächsten Monaten wird sich weisen, ob weitere Unternehmen nachziehen, dem aktuellen Trend folgen und die Homeoffice-Arbeit einschränken oder abschaffen.

Aufgrund des starken Mitarbeiterinteresses an dieser Art der selbstbestimmten Arbeitstätigkeit ist davon auszugehen, dass weitere Studien und weiterhin Interessenbeiträge folgen werden.

Fazit

Ein Bürozwang führt zunächst oft zu einer Verschlechterung der Mitarbeiterzufriedenheit.

Es ist davon auszugehen, dass sich die Präsenzpflicht über kurz oder lang auf die Unternehmenskultur und den Geschäftserfolg positiv auswirken.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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