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Gesellschaftsrecht

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Ehegattengesellschaft: Erbgang und Grundbuch

Datum:
31.01.2019
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Gesellschaftsrecht
Stichworte:
ERbgang, Erbrecht, Gesellschafter, Grundbuch
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

OR 530 ff.; OR 559, OR 956a; ZGB 975; GBV 65 Abs. 1 lit. a

Sachverhalt

Am 06.04.2015 verstarb B.________ (geb. 1938). Er hinterliess als gesetzliche Erben die Ehefrau aus vierter Ehe, C.________ (geb. 1946), sowie aus erster Ehe die Kinder A.________ (Beschwerdeführer; geb. 1962), D.________ (geb. 1966), G.________ (geb. 1969) und H.________ (geb. 1972).

B.________ und C.________ waren Gesamteigentümer des Grundstücks am I.________weg xxx in V.________ (LIG V.________ / yyy). Die Ehegatten hatten die Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 15.05.2012 erworben, in dessen Nachtrag sich folgende «Ehegattengesellschaftsklausel» findet:

„Ehegattengesellschaftsklausel“

«In Ergänzung zum Kaufvertrag vom 15. Mai 2012 halten die Käufer – als Gesamteigentümer infolge einfacher Gesellschaft – gemäss Art. 530 ff. OR fest:  

Die Parteien vereinbaren im weiteren, dass beim Tod eines Gesellschafters dessen Mitgliedschaft erlischt und sein Eigentum am Gesellschaftsvermögen dem überlebenden Gesellschafter aussergrundbuchlich anwächst. Die Gesellschaft wird ohne Liquidation aufgelöst. In die güterrechtliche Auseinandersetzung bzw. den Nachlass des Verstorbenen fällt somit lediglich ein schuldrechtlicher Abfindungsanspruch, d.h. die Erben des verstorbenen Gesellschafters erwerben keine dinglichen Ansprüche am Gesellschaftsvermögen, d.h. an der Liegenschaft. Der verbleibende Gesellschafter kann mit den Erben des verstorbenen Gesellschafters indessen auch die Fortführung der einfachen Gesellschaft vereinbaren.»

Gestützt auf einen Todesschein und den Nachtrag zum Kaufvertrag trug das Grundbuchamt U.________ nach dem Tod von B.________ die Ehefrau als Alleineigentümerin der Liegenschaft in V.________ ins Grundbuch ein. Seit dem 23.12.2016 steht das Grundstück in je hälftigem Miteigentum von J.________ (geb. 1965) und K.________ (geb. 1979), der Nachkommen von C.________. Zu Gunsten der Letzteren besteht eine Nutzniessung an der Liegenschaft.

Unter Vorlage einer Erbenbescheinigung vom 07.03.2017 ersuchte A.________ das Grundbuchamt darum, die Erben des B.________ als Gesamteigentümer der Liegenschaft V.________ / yyy ins Grundbuch einzutragen.

Am 13.04.2017 wies das Grundbuchamt das Gesuch des A ab.

Prozess-History

Die von A.________ gegen diese Verfügung beim Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau (DVI), Abteilung Register und Personenstand, eingereichte Beschwerde blieb erfolglos.

Hiergegen erhob A.________ Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Aargau. Er beantragte, in Korrektur des Grundbuches sei «die Erbengemeinschaft» «als Gesamteigentümer» des streitbetroffenen Grundstücks einzutragen. Mit Urteil vom 24.01.2018 (eröffnet am 10.02.2018) wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab.

Rechtsmittel ans Bundesgericht

Mit Beschwerde in Zivilsachen gelangte A.________ am 10.03.2018 ans Bundesgericht und stellte die folgenden Anträge:

«1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 24. Januar 2018 sei aufzuheben und es sei: 

  1. festzustellen, dass der Führer des Grundbuchamtes U.________ pflichtwidrig und widerrechtlich handelte, indem er ohne die Prüfung der Verfügungsberechtigung der eingetragenen Gesamteigentümer die im Gesamteigentum eingetragene Liegenschaft […] auf bloss einen von ihnen zu Alleineigentum übertrug;
  2. festzustellen, dass die Nicht-Eintragung der Erbengemeinschaft des verstorbenen B.________ insgesamt als Gesamteigentümer der Liegenschaft […] widerrechtlich erfolgte;
  3. [das DVI] zu verurteilen, von Amtes wegen eine Grundbuchberichtigung durchzuführen und die Erbengemeinschaft des verstorbenen B.________ insgesamt als Gesamteigentümer der Liegenschaft […] einzutragen; eventualiter sei [das DVI] zu verurteilen, sämtliche Kosten für die gerichtliche Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands zu übernehmen.
  4. die Sache zur Feststellung des aus dem widerrechtlichen Handeln des Grundbuchbeamten entstandenen Schadens an die Vorinstanz zurückzuweisen […]. 
  5. Eventualiter sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Sachverhaltsergänzung und neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
  6. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdegegnerin.» 

Kernerwägungen des Bundesgerichts

Rechtsnachfolge

Die Ehegatten waren als Gesamteigentümer infolge einfacher Gesellschaft im Grundbuch eingetragen. Sie hatten – wie oben wiedergegeben – im Nachtrag zum Kaufvertrag vereinbart, dass die „Ehegattengesellschaft“ im Todesfalle eines Gesellschafters aufgelöst werde und, dass sämtliche Aktiven und Passiven, auch der Anteil des Verstorbenen am Grundstück, infolge Akkreszenz dem überlebenden Gesellschafter anwachse. Entsprechend wurde nach dem Tod des Ehemannes die Ehefrau (die andere Gesellschafterin) als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen. Eine solche Liquidationsbestimmung ist nach herrschender Lehre und Rechtsprechung zulässig. Die Alleineigentümerin veräusserte in der Folge das Grundstück (unter Nutzungsvorbehalt) an ihre Nachkommen J. und K.

Vorrang des Gesellschaftsrechts vor dem Erbrecht

Beim Tod des Gesellschafters einer einfachen Gesellschaft geht das Gesellschaftsrecht dem Erbrecht vor.

Meldung des Erben erst nach Disposition der Witwe

Erst nach dieser Eigentumsübertragung meldete ein Erbe bzw. der Beschwerdeführer den Erbgang im Sinne von GBV 65 Abs. lit. a an, und dies offenbar mit einem Erbschein, wonach bestimmte Personen als einzige Erben des Erblassers als anerkannt gelten (vgl. ZGB 559).

Abweisung der Grundbuchanmeldung

Der Grundbuchverwalter hat den Antrag des Beschwerdeführers zu Recht abgewiesen. Gegen eine im Hauptbuch vollzogene Grundbucheintragung kann keine Beschwerde im Sinne von ZGB 956a erhoben werden. – Sofern und soweit ein Grundbucheintrag streitig ist, ist eine Grundbuchberichtigungsklage einzureichen (ZGB 975), kann doch Grundbuchverwalter eine Berichtigung ohne schriftliche Einwilligung der Eingetragenen nur auf Verfügung des Gerichtes vornehmen (ZGB 977 Abs. 1).

Grundbuchberichtigungsklage, nicht Grundbuchbeschwerde?

Ein im Grundbuch vollzogener Eintrag kann nicht mehr mit einer Grundbuchbeschwerde, sondern nur noch mit einer Grundbuchberichtigungsklage angefochten werden. Da die Ehefrau über das Grundstück bereits verfügt hat, dürfte auch eine Grundbuchberichtigungsklage kein Erfolg beschieden sein.

Quelle

BGE 5A_237/2018 vom 03.07.2018   =   ZR 2018 Nr. 143

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