Grundlegender Ansatz des GwG ist das „Know your Customer“ (KYC) – Prinzip. Vor diesem Hintergrund verpflichtet das GwG einen unterstellten Finanzintermediär dazu, dass dieser:
- bei der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen
- die Vertragspartei aufgrund eines
- beweiskräftigen Dokumentes
identifizieren muss. Die Identifizierung soll einerseits dazu dienen, dass der Finanzintermediär abschätzen kann, ob die eingesetzten Vermögenswerte legaler oder aber krimineller Herkunft sind und dass andererseits eine Papierspur gelegt wird (sog. „paper trail“).
Die zeitliche Komponente der Identifizierung „bei Aufnahme einer Geschäftsbeziehung“ führt dazu, dass die Identifizierung spätestens mit dem Abschluss des Vertrages (schriftlich/mündlich oder konkludent) erfolgt sein muss.
Achtung
Das GwG knüpft seine Verhaltenspflichten an das Vorliegen einer vertraglichen Beziehung an. Nur in der Beziehung Finanzintermediär – Vertragspartner entstehen deshalb die Sorgfaltspflichten nach dem GwG!
Was beweiskräftige Dokumente sind, ergibt sich aus den Festsetzungen der FINMA Verordnung bzw. der SRO-Reglemente:
- Zusammengefasst sind dies bei natürlichen Personen primär Identifizierungsdokumente, die von einer schweizerischen oder ausländischen Behörde ausgestellt werden und ein Lichtbild der Person aufweisen.
- Bei Gesellschaften gilt als zulässiges Identifikationsdokument je nach Rechtsform primär ein Handelsregisterauszug bzw. die Statuten oder sonstige Gründungsdokumente. Handelt es sich bei der Vertragspartei um eine juristische Person, müssen überdies deren:
- Bevollmächtigungsbestimmungen geprüft und die
- Identität der Personen überprüft werden, die im Namen der juristischen Person die Geschäftsbeziehung aufnehmen.
Ausnahmen Identifizierungspflicht
Allgemein wird die Gefahr der Geldwäscherei bei kleinen Summen als gering erachtet. Ferner soll ein Finanzintermediär in gewissen Fallkonstellationen nicht mit einem unverhältnismässigen Identifizierungsaufwand konfrontiert werden.
Unter diesem Aspekt erwächst bei sog. „Kassageschäften“ mit einer nicht bereits identifizierten Vertragspartei die Pflicht zur Identifizierung nur, wenn eine oder mehrere Transaktionen, die miteinander verbunden erscheinen, einen erheblichen Wert erreichen (auslösender Schwellenwert).
Kassageschäfte
Kassageschäfte sind Geschäfte, welche nicht über ein bestehendes Konto bei einem Finanzintermediär abgewickelt werden und die keine weitere Beziehung (d.h. Geschäftsbeziehung) des Kunden zum Finanzintermediär zur Folge haben.
Grundsätzlich werden durch ein Kassageschäft alle Bargeschäfte erfasst, insbesondere:
- der Geldwechsel,
- der Kauf oder Verkauf von Edelmetallen,
- der Verkauf von Reisechecks,
- die Barliberierung von Inhaberpapieren, Kassa- und Anleihensobligationen,
- das Bareinlösen von Checks,
sofern mit diesen Geschäften keine dauernde Geschäftsbeziehung verbunden ist (vgl. Art. 2 lit. a GwV-FINMA).
Die genaue Bestimmung des „erheblichen Werts“ (d.h. der pflichtauslösende Schwellenwert) ist in den Ausführungsverordnungen (GwV-FINMA) bzw. Reglemente der SRO getroffen worden und beträgt allgemein:
- 5‘000 CHF bei Geldwechselgeschäften
- 25‘000 CHF bei allen übrigen Kassageschäften.
Auf diese Weise sollen alltägliche Finanzdienstleistungen nicht über Gebühr behindert bzw. verkompliziert werden.
Exkurs: Im Bereich der Privatversicherungen müssen die Versicherungseinrichtungen ihre Vertragspartei ebenfalls erst dann identifizieren, wenn die Beträge einer einmaligen bzw. periodischen Prämie oder des gesamten Prämienvolumens einen erheblichen Wert erreichen. Dieser erhebliche Wert wird in dem Reglement SRO-SVV allgemein auf 25‘000 CHF festgesetzt (vgl. Art. 3 SRO-SVV).
Achtung
Werden die pflichtauslösenden, erheblichen Grenzwerte zwar nicht erreicht, liegen aber Verdachtsmomente einer Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung vor, ist eine Identifizierung trotzdem vorzunehmen (vgl. Art. 3 Abs. 4 GwG)!