Ein Überblick
OR, ZGB, StGB, DBG, FusG, ZPO, SchKG, BVG, KAG, BankG, VAG
Geschäfts-Nr.: 16.077
Einleitung
Die Revision des Aktienrechts hat folgende Ziele zum Gegenstand:
- Überführung der am 01.01.2014 in Kraft gesetzten Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV) in die Bundesgesetze
- Verbesserung der Corporate Governance, auch bei nicht börsenkotierten Gesellschaften
- Flexiblere Ausgestaltung der Gründungsregeln und Kapitalbestimmungen
- Abstimmung des Aktienrechts auf das neue Rechnungslegungsrecht
- Einführung von Geschlechterquoten in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen grosser Unternehmen, um der verfassungsmässigen Pflicht zur Gleichstellung der Geschlechter Rechnung zu tragen.
Die Vorlage des Bundesrates basiert auf dem comply-or-explain-Ansatz. Am 23.11.2016 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur Revision des Aktienrechts.
Gleichzeitig wurde vom Parlament die Konzernverantwortungsinitiative behandelt:
- Die vorberatende Rechtskommission des Nationalrates (RK-NR) brachte mit ihren Vorschlägen unter anderem auch einen indirekten Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative
History aus dem Parlament
Die Beratungs- und Entscheidungsabläufe des Parlaments, d.h. von Nationalrat (NR) und Ständerat (SR) in aller Kürze:
- 14.06.2018
- Nationalrat
- Beschluss, auf die Vorlage einzutreten
- Annahme sowohl der vorgesehenen Geschlechterquote als auch der in Vorlage eingearbeitete indirekte Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative
- Nationalrat
- 11.12.2018
- Ständerat
- Beschluss, auf die Vorlage einzutreten, das Geschäft aber zur Überarbeitung an die vorberatende Kommission zurückzuweisen
- Ständerat
- 11.03.2019
- Ständerat
- Beschluss, nicht auf den indirekten Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative einzutreten
- Ständerat
- 22.03.2019
- Parlament
- Beschluss, die Behandlungsfrist der Konzernverantwortungsinitiative bis zum 10.04.2020 zu verlängern
- Parlament
- 11.06.2019
- Nationalrat
- Entscheid für den indirekten Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative
- Nationalrat
- 19.06.2019
- Ständerat
- Zustimmung zur Geschlechterquote, anders als die vorberatende Kommission
- In Verwaltungsräten grosser börsenkotierter Unternehmen solle jedes Geschlecht zu mindestens 30 % vertreten sein, in Geschäftsleitungen zu mindestens 20 %
- Sanktionen waren nicht vorgesehen:
- Unternehmen, die den Richtwert nicht erreichten, müssten bloss im Vergütungsbericht die Gründe sowie Massnahmen zur Verbesserung darlegen
- Zustimmung zur Geschlechterquote, anders als die vorberatende Kommission
- Ständerat
- 18.12.2019
- Ständerat
- Diskussion von zwei Varianten eines indirekten Gegenvorschlags zur Konzernverantwortungsinitiative:
- eine mit eingeschränkten Haftungsregeln und
- eine ohne Haftungsregeln
- PS: Die erste Variante hatte der Nationalrat beschlossen, die Zweite brachte der Bundesrat als Reaktion darauf ein
- Entscheid, die Fassung des Bundesrates anzunehmen
- Diskussion von zwei Varianten eines indirekten Gegenvorschlags zur Konzernverantwortungsinitiative:
- Ständerat
- 19.12.2019
- Nationalrat
- NR folgt dem SR bei den Regeln zur Gründung von Unternehmen
- Es soll hiefür weiterhin die Pflicht zur öffentlichen Beurkundung gelten
- Eine erleichterte Unternehmensgründung im Rahmen der Aktienrechtsrevision war somit abgelehnt
- Einigung von National- und Ständerat
- zur Frage, ab welcher Beteiligung Aktionäre börsenkotierter Gesellschaften Einfluss auf die Traktandierung an der Generalversammlung nehmen dürften
- Keine Einigung von National- und Ständerat
- Umstritten blieb unter anderem, ob
- Loyalitätsaktien eingeführt werden sollen und
- die Organstimmrechtsvertretung für alle oder nur für börsenkotierte Gesellschaften verboten werden solle
- Umstritten blieb unter anderem, ob
- NR folgt dem SR bei den Regeln zur Gründung von Unternehmen
- Nationalrat
- 04.03.2020
- Nationalrat
- Entscheid, an seiner Fassung des indirekten Gegenvorschlags zur Konzernverantwortungsinitiative mit eingeschränkten Haftungsregeln festzuhalten
- Nationalrat
- 04.03.2020
- Ständerat
- SR näherte sich bezüglich der Aktienrechtsrevision dem NR in einigen Punkten an
- Weiterhin Uneinigkeit bezüglich Einführung von Loyalitätsaktien
- Ständerat
- 09.03.2020
- Ständerat
- Beschluss, nach wie vor an seiner Version des indirekten Gegenvorschlags zur Konzernverantwortungsinitiative ohne Haftungsregeln festzuhalten
- Ständerat
- 11.03.2020
- Nationalrat
- Beschluss, ebenfalls nicht von seiner Position abzuweichen
- Nationalrat
- 03.06.2020
- Nationalrat
- Weitere Annäherung des NR an den SR bezüglich der Aktienrechtsrevision
- Fortbestand wesentlicher Differenzen in Bezug auf
- Ausgabe von Loyalitätsaktien
- Durchführung von Generalversammlungen im Ausland
- Führung von Aktienkapital in Fremdwährungen
- Ergänzung der Formulierung, dass der Bundesrat (BR) die zulässigen Währungen bestimmen müsse
- Nationalrat
- 09.06.2020
- Ständerat
- Der SR beharrte stillschweigend auf seiner Position
- Einlenkung bezüglich Möglichkeit zur Führung von Aktienkapital in Fremdwährungen gegenüber dem NR
- Einigungskonferenz
- Nach drei Beratungsrunden waren immer noch etwa ein Dutzend Differenzen offen
- Es musste sich daher die sog. „Einigungskonferenz“ mit der Vorlage befassen
- Ständerat
- 16.06.2020
- NR stimmte dem Antrag der Einigungskonferenz zu
- 18.06.2020
- SR folgte und stimme dem Antrag der Einigungskonferenz zu
Aktueller Stand
Der aktuelle Stand präsentiert sich wie folgt:
Aktienrechtsrevision
- 19.06.2020
- Nationalrat und Ständerat
- Die Vorlage wurde von beiden Räten in der Schlussabstimmung angenommen.
- Nationalrat und Ständerat
Konzernverantwortungsinitiative
- 08.06.2020
- Nationalrat
- Zustimmung zum indirekten Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative auf Antrag der Einigungskonferenz
- Nationalrat
- 09.06.2020
- Ständerat
- SR folgte ebenfalls dem Antrag der Einigungskonferenz
- Ständerat
- 19.06.2020
- Nationalrat und Ständerat
- In der Schlussabstimmung wurde die Vorlage von beiden Räten angenommen
- Der Gegenvorschlag bringt nun keine neuen Haftungsregelungen, aber eine Berichterstattungspflicht und eine Sorgfaltsprüfungspflicht in Sachen Kinderarbeit und Konfliktmineralien
- Nationalrat und Ständerat
- 29.11.2020
- Abstimmung durch das Schweizer Volk
Quelle
LawMedia Redaktionsteam
Weiterführende Informationen
- Aktienrechtsrevision: Keine erleichterte Gründung
- Aktienrechtsrevision: Ständerat refüsiert Vorlage an seine Kommission für Rechtsfragen (RK-SR)
- Aktienrechtsrevision: Kommt die Loyalitätsaktie oder kommt sie nicht?
- Aktienrechtsrevision: Keine erleichterte Gründung
- Aktiengesellschaft
- Einleitung zur GmbH